Azure IoT Edge allgemein verfügbar

Microsoft schließt Edge-Computing-Lücke

28.06.2018
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Mehr als ein Jahr nach Vorstellung und Beginn der Public Beta ist Azure IoT Edge nun allgemein verfügbar. Microsoft hat die Zeit nicht nur dafür genutzt, die Edge-Computing-Lösung von Pilotkunden auf Herz und Nieren prüfen zu lassen, sondern auch neue Funktionen für Entwickler, Kunden und Partner eingeführt.

Edge Computing, also die Datenverarbeitung, -verwaltung, -sicherung und -bereitstellung am Entstehungsort, hat sich zu einer Kernkompetenz von IoT-Plattformen entwickelt. So erlaubt es die Möglichkeit, Cloud-Intelligenz direkt auf IoT-Geräten auszuführen, nahezu in Echtzeit auf erfasste Daten zu reagieren. Außerdem ist damit auch der Betrieb von Edge-Geräten in Regionen ohne, beziehungsweise mit nur eingeschränkter Konnektivität möglich. Zudem lassen sich durch eine Verarbeitung und Filterung am Edge die Kosten durch den Versand von Daten in die Cloud reduzieren.

Edge Computing, also die Datenverarbeitung, -verwaltung, -sicherung und -bereitstellung am Entstehungsort, hat sich zu einer Kernkompetenz von IoT-Plattformen entwickelt.
Edge Computing, also die Datenverarbeitung, -verwaltung, -sicherung und -bereitstellung am Entstehungsort, hat sich zu einer Kernkompetenz von IoT-Plattformen entwickelt.
Foto: BeeBright - shutterstock.com

Als "intelligente Edge-Lösung" (O-Ton Satya Nadella) erlaubt es Azure IoT Edge zusätzlich, bei Bedarf Container-basierte Machine-Learning-Modelle zusammen mit eigenem Code und Microsoft-Azure-Features wie Stream-Analyse und Serverless Azure-Funktionen einzusetzen. Microsoft bietet damit eine Alternative zur Greengrass-Software des Cloud-Rivalen AWS, mit deren Hilfe IoT-Devices AWS-Lambda-Funktionen lokal ausführen können.

Wenngleich Microsoft mit Azure IoT Edge deutlich später an den Markt kommt, wurde die Zeit für die Entwicklung neuer Funktionen genutzt, die auf einfache Weise Intelligenz zum Edge bringen sollen. Diese Updates, so verspricht Microsoft, machten Azure IoT Edge zu einer echten End-to-End-Lösung für den Einsatz in Unternehmen.

Unter anderem ist IoT Edge mit sofortigem Start Open Source und auf GitHub verfügbar, dies soll es Entwicklern erleichtern, Veränderungen vorzunehmen und Fehler zu beheben. Außerdem können sie dank Unterstützung des Moby-Container-Management-Systems die Konzepte von Containerisierung, Isolierung und Verwaltung von der Cloud auf Edge-Devices erweitern. Da Moby-Container auf Docker-basierten Systemen arbeiten und umgekehrt, sind dazu laut Microsoft keine Änderungen an bestehenden (Docker-basierten) Modulen erforderlich.

Ökosystem für zertifizierte Edge-Hard- und Software

Microsoft erweitert außerdem sein Zertifizierungsprogramm "Azure Certified for IoT", um Hard- und Softwareprodukten von Drittanbietern wichtige Edge-Funktionalitäten wie Device-Management und Security zu bescheinigen. Eine Reihe von zertifizierter Hardware findet sich bereits im Microsoft Azure Certified for IoT-Gerätekatalog. Zudem können Entwickler vorgefertigte Edge-Module im Azure Marketplace finden, um die Erstellung eigener Edge-Lösungen zu beschleunigen.

Sichere skalierbare Lösungen

Auch an die Handhabung und Absicherung der Edge-Devices hat Microsoft gedacht: So verfügt Azure IoT Edge jetzt über eine tiefe Integration mit dem Device Provisioning Service. Auf diese Weise sollen Kunden Zehntausende von Geräten sicher bereitstellen können, ohne Hand anlegen zu müssen. Außerdem bietet Microsoft OEMs mit dem Azure IoT Edge Security Manager die Möglichkeit, ihre Geräte mit Hilfe von Hardware Secure Modules (HSM) zu härten. Der Automatic Device Management (ADM) Service wiederum soll auf Basis von Geräte-Metadaten für die skalierte Bereitstellung von IoT-Edge-Modulen einer Geräteflotte sorgen. Wird ein Gerät mit den richtigen Metadaten (Tags) dem Fuhrpark hinzugefügt, lädt das ADM die richtigen Module herunter und bringt das Edge-Gerät in den richtigen Status.

Weitreichende Entwicklungshilfe

Developern wiederum verspricht Microsoft durch Funktionen wie eine umfassende Sprachunterstützung für Modul-SDKs (u. a. C#, C, Node.js, Python und Java), Werkzeuge für VSCode und die Möglichkeit, eine CI/CD-Pipeline (Continous Integration/Continous Delivery) einzurichten, eine neue und vereinfachte Entwicklererfahrung. Bereits vor einigen Wochen hatte Microsoft auf der Build-Entwicklerkonferenz neue IoT Edge-Funktionen angekündigt, darunter die Integration mit Microsoft AI-Diensten und Container-Support für Kubernetes, neue Partnerschaften und Integrationen mit Hardware von Drittanbietern, einschließlich Drohnen von DJI und Qualcomms Vision-AI-Entwickler-Kit für das Edge.

Erste Erfahrungen von Pilotkunden

Als Beispiel dafür, wie Azure IoT Edge in Verbindung mit Microsofts AI-Services eingesetzt werden kann, verweist der Hersteller auf Pilotkunden wie Schneider Electric. Der Elektrotechnik-Konzern nutzt eine Azure-IoT-basierte Predictive-Maintenance-Lösung, um frühzeitig Defekte an abgelegenem Equipment vorherzusehen, im konkreten Fall Pumpen für die Gas- und Ölindustrie.

Die Schneider-Electric-Lösung nutzt Azure Machine Learning und Azure IoT Edge, um Predictive Analytics an den Edge zu bringen.
Die Schneider-Electric-Lösung nutzt Azure Machine Learning und Azure IoT Edge, um Predictive Analytics an den Edge zu bringen.
Foto: Microsoft/Schneider Electric

Ein Farmer in Carnation, Washington, wiederum setzt DJI-Drohnen und Microsoft's FarmBeats-Lösung in Verbindung mit Azure IoT Edge für ein Precision-Agriculture-Szenario ein. Dabei werden die von Drohnen aufgezeichneten Bilder im Flug mit einem DJI-Programm zusammengefügt. Die auf Azure IoT Edge laufenden FarmBeats-Machine-Learning-Algorithmen nutzen die zusammengesetzten Bilder dann zur Erstellung von detaillierten Heatmaps. Auf Basis dieser Informationen kann der Landwirt schnell Krankheiten, Schädlingsbefall oder andere Probleme, die den Ertrag verringern könnten, erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen.

Preisgestaltung

Laut Microsoft benötigen Anwender drei Komponenten, um Azure IoT Edge verwenden zu können: Azure IoT Edge Runtime, Azure IoT Hub und Edge Module. Dabei ist Azure IoT Edge Runtime kostenlos und als Open Source Code verfügbar, Kunden brauchen aber eine Azure-IoT-Hub-Instanz für die Verwaltung der Edge-Devices und die Bereitstellung - sofern sie nicht schon eine für ihre IoT-Lösung im Einsatz haben. Dabei wird ihnen der jeweilige Dienst basierend auf seinem Abrechnungsmodell für die Nutzung auf dem Endgerät in Rechnung gestellt. Nutzt ein Kunde etwa Azure Stream Analytics und will es auf IoT Edge ausführen, wird ihm die IoT-Hub-Nutzung und der entsprechende Preis für Azure Stream Analytics auf Endgeräten berechnet. Eine detaillierte Preisübersicht zu den Diensten, die unter Azure IoT Edge ausgeführt werden können, gibt Microsoft hier.