Kolumne

Microsoft schielt auf Abos und Werbung

08.11.2005

Wieder einmal versucht Microsoft, die Trumpfkarte Desktop-Dominanz auszuspielen. Nun soll das Windows- und Office-Monopol dazu herhalten, mit Web-basierenden Diensten das Imperium auszudehnen. Kunden sollen über "Office Live" Dokumente mit anderen Anwendern austauschen können. Zudem wollen die Redmonder eine E-Mail- und Collaboration-Plattform schaffen (siehe Seite 8).

Microsoft verfolgt dabei das Ziel, mit Werbung und Abodiensten neue Umsatzquellen anzuzapfen. Einmal, weil Google und Yahoo hier bereits erfolgreich agieren. Zum anderen verspricht ein Subskriptionsmodell anders als das volatile Softwaregeschäft kontinuierliche Umsatzströme.

Dienste, die eine beim Kunden installierte Produktbasis ergänzen, binden die Klientel. Zudem gelingt es dem Konzern möglicherweise, mit kleinen Firmen ins Geschäft zu kommen, die bisher zwar die Desktop-, nicht aber die teuren Server-Produkte erworben haben.

Letztendlich ist Microsofts Live-Offensive aber als Antwort auf den Internet-Giganten Google und den Anwendungsvermieter Salesforce.com zu verstehen. Beide bieten Dienste auf Plattformen an, die ohne Windows und Desktop-Software auskommen. Ein Browser auf dem PC genügt als Eintrittskarte, denn entscheidend ist, was diese Web-Dienste leisten, und nicht, unter welchem Betriebssystem sie laufen. Fehlende Funktionen werden Nutzer dieser Umgebungen künftig durch Web-Services von Dritten ergänzen können.

Heute stellen Google und Salesforce. com Microsofts klassisches Geschäftsmodell noch nicht in Frage. Doch ohne passende Antworten auf die wachsende Vielfalt an hochwertigen kostenlosen Web-Funktionen käme der Softwarekonzern bald in Erklärungsnöte.

Die Betafassung von Windows Live vermag noch nicht zu begeistern. Doch dass Microsoft-Programme nicht auf Anhieb überzeugen, sind Anwender gewohnt.

Zwar hat Microsoft angesichts der riesigen Anzahl an Windows- und Office-Benutzern wie kein zweiter Anbieter das Potenzial, zusätzliche Dienste an den Mann zu bringen. Allerdings müssen auch diese Kunden erst einmal dafür gewonnen werden, die Web-Dienste zu nutzen. Was sollte einen PC-Anwender dazu bewegen, einen Service von Microsoft zu mieten, wenn er möglicherweise anderswo im Netz ähnliche Features kostenfrei erhält? Natürlich wird die Gates-Company argumentieren, die Live-Dienste ergänzten Windows und Office am besten. Die Konkurrenz wird jedoch versuchen, zumindest gleichwertige Angebote zu schnüren.