Windows Media soll De-facto-Standard werden

Microsoft sagt MPEG 4 den Kampf an

17.01.2003
MÜNCHEN (CW) - Zeitgleich mit der Einführung des "Windows Media Player 9" stellte Microsoft ein neues Lizenzmodell seiner Codec-Technik vor. Die geforderten Preise liegen unter denen, die Entwickler für den MPEG-4-Codec zu zahlen haben. Die Zukunft von MPEG 4 scheint nun unsicher geworden.

Um die Hersteller von Unterhaltungselektronik und Multimedia-Software ins eigene Lager zu ziehen, unterbietet Microsoft die Lizenzgebühren für die Videokompressionstechnik MPEG 4. Die Redmonder wollen ihre proprietären Encoder und Decoder vor allem auf solchen Endgeräten etablieren, die nicht mit dem Windows-Betriebssystem ausgestattet sind. Daher offeriert der Hersteller nun erstmals Technik unabhängig vom eigenen "Windows Media File Container" (auch "Advanced Systems Format" genannt). Möchte ein Unternehmen den Microsoft-Encoder in einem Gerät oder Programm verwenden, sind zehn US-Cent pro Einheit zu entrichten, der Decoder kostet 20 Cent, beides zusammen 25 Cent.

Das Lizenzmodell der MPEG Licencing Authority (MPEG LA) sieht dagegen jeweils 25 Cent für Encoder und Decoder oder 50 US-Cent für die Kombination beider Systeme vor. Allerdings wird eine Gebühr erst ab 50 000 vertriebenen Einheiten pro Jahr fällig. Die MPEG LA vertritt 18 Patentinhaber, deren Entwicklungen in MPEG 4 enthalten sind. Im November letzten Jahres führte die Organisation ihr Lizenzmodell ein. Die ungeklärte Frage der Entwicklervergütung hatte die Freigabe der Kompressionstechnik verzögert.

Kritiker beschuldigen Microsoft nun, einmal mehr zu versuchen, durch aggressive Preisgestaltung ein Monopol zu schaffen. Der Softwaregigant weist dies mit dem Hinweis zurück, die Konsumenten würden von niedrigeren Preisen profitieren. Zudem sei die eigene Technik in puncto Wiedergabequalität und Kompression dem MPEG-4-Verfahren überlegen. Andere Marktbeobachter sehen die Zukunft von MPEG 4 trotz Microsofts Preisoffensive nicht gefährdet. Ein Sprecher der MPEG LA ist der Überzeugung, dass sich Entwickler nicht nur aufgrund günstiger Lizenzbedingungen für oder gegen eine Technik entschieden. Vielmehr gehe es darum, ob die Firmen auf offene Standards setzen oder lieber proprietäre Technik verwenden möchten, argumentiert der Firmensprecher gegenüber der amerikanischen Nachrichten-Site "Internetnews.com".

Allerdings kann Microsoft seine Lizenzpolitik beliebig ändern, während die MPEG LA die Interessen ihrer Mitgliedsfirmen vertreten muss. Preisnachlässe als Reaktion auf die Offensive des Softwarekonzerns schließt die Organisation nicht aus. (fn)

Neuer Media Player

Das neunte Release des Windows Media Player bietet laut Hersteller bessere Streaming-Funktionen. Buffering-Pausen beim Zwischenspeichern von Streaming Content sollen nicht mehr auftreten. Das ebenfalls erneuerte Dateiformat erlaubt nach Angaben des Konzerns eine um 50 Prozent verbesserte Kompression von Videos. Audio-, Video- und Foto-CDs können Benutzer mit der High Performance Media Access Technology (High MAT) erzeugen. Die Technik erlaubt es dem Anwender, unabhängig vom Gerät (PCs, DVD-Player oder Audioanlagen in Fahrzeugen) auf Medieninhalte zuzugreifen.