Bing bekommt KI-Turbo

Microsoft packt ChatGPT in seine Suchmaschine

08.02.2023
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Microsoft gibt Gas beim KI-Einsatz. Nach Teams, Excel und der Azure-Cloud bekommen nun auch die Suchmaschine Bing und der Edge-Browser eine kräftige KI-Infusion.
In der neuen Version der Microsoft-Suchmaschine Bing können Nutzer Fragen in ganzen Sätzen stellen - ChatGPT macht's möglich.
In der neuen Version der Microsoft-Suchmaschine Bing können Nutzer Fragen in ganzen Sätzen stellen - ChatGPT macht's möglich.
Foto: Microsoft

Microsoft hat neue Versionen seiner Suchmaschine Bing und seines Edge-Browsers angekündigt, die mit Conversational-AI-Funktionen unterfüttert sein sollen. Das Ziel: Bessere Suchergebnisse und Antworten, eine neue Chat-Experience für User sowie zusätzliche Möglichkeiten, Inhalte zu kreieren. Microsoft bezeichnet die KI-Erweiterungen als "Kopiloten" für das Web.

"KI wird jede Softwarekategorie grundlegend verändern", sagte Satya Nadella, Chairman und CEO von Microsoft. Bing und Edge mit KI-Kopilot und Chat sollen den Menschen helfen, im Web schneller zu Ergebnissen zu kommen. Täglich würden etwa zehn Milliarden Suchanfragen gestellt, schätzen die Microsoft-Verantwortlichen. Doch davon werde die Hälfte schlecht oder gar nicht beantwortet. Das liege daran, dass die Menschen die Suche für Dinge nutzten, für die sie ursprünglich nicht gedacht gewesen sei. "Für das Auffinden einer Website ist die klassische Suchmaschine großartig, aber bei komplexeren Fragen oder Aufgaben greift sie zu oft zu kurz", schreibt Yusuf Mehdi, Consumer Chief Marketing Officer beim Softwarekonzern, in einem Blogbeitrag.

Chatten mit der Suchmaschine

Das soll sich mit den neuen KI-Features ändern. Microsoft verspricht den Usern relevantere Ergebnisse für einfache Dinge wie Sportergebnisse, Börsenkurse und Wetter. Darüber hinaus soll die Suche auch Antworten auf komplexere Fragen liefern können, beispielsweise für Modifikationen eines Kochrezepts oder für die Planung einer Reiseroute. Bing erhält zu diesem Zweck eine interaktive Chat-Funktion. Nutzer können dort ihre Suche laufend verfeinern und mit zusätzlichen Fragen weitere Details in Erfahrung bringen.

Nutzer können ihre Suchen mit weiteren Detailfragen immer mehr verfeinern.
Nutzer können ihre Suchen mit weiteren Detailfragen immer mehr verfeinern.
Foto: Microsoft

Darüber hinaus soll Bing den Usern helfen, selbst Inhalte zu erstellen, wenn sie beispielsweise E-Mails schreiben oder den Ablauf ihres Urlaubs planen wollen. Auch im Edge-Browser können künftig automatisiert Inhalte verfasst werden, zum Beispiel LinkedIn-Beiträge. Dazu reichen einige wenige Anweisungen wie die inhaltliche Vorgabe, Format, Länge und Tonalität. Edge bietet die Zusatzfunktionen über eine Sidebar an. Darin lassen sich dann beispielsweise auch Zusammenfassungen von längeren Finanzberichten anfordern. Per Chat können User diese Informationen mit Berichten anderer Unternehmen vergleichen, hieß es.

Microsoft baut das Prometheus-Modell

Die zusätzlichen Features resultieren aus der engen Kooperation Microsofts mit dem KI-Startup OpenAI, an dem Microsoft beteiligt ist. Für Bing komme ein neues Sprachmodell zum Einsatz, das leistungsfähiger als ChatGPT sei und an die Suchmaschine angepasst worden sei. Microsoft hat darüber hinaus eine eigene Methode entwickelt, um mit dem OpenAI-Modell zu arbeiten. Das soll die Leistungsfähigkeit der KI optimal an Microsofts Softwareinfrastruktur anpassen. "Wir nennen diese Sammlung von Fähigkeiten und Techniken das Prometheus-Modell", schreibt Microsoft-Manager Mehdi. Anwender erhielten durch diese Kombination relevantere und genauere Suchergebnisse und Antworten. Microsoft spricht vom "größten Relevanzsprung seit zwei Jahrzehnten".

Was ist ChatGPT?

Basis für die KI-Entwicklungen bildet die eigene Azure-Cloud. Microsoft werde Azure zu einem KI-Supercomputer für die Welt ausbauen, hieß es. OpenAI nutze diese Infrastruktur ebenfalls, um seine Modelle zu trainieren - die jetzt für Bing optimiert worden seien.

Maßnahmen gegen Fehl- und Desinformation?

Gemeinsam mit OpenAI kündigte Microsoft zudem an, Schutzmaßnahmen gegen schädliche Inhalte einführen zu wollen. "Unsere Teams befassen sich mit Themen wie Fehl- und Desinformation, dem Blockieren von Inhalten und Datensicherheit", heißt es im Microsoft-Blog. Damit solle verhindert werden, dass falsche oder diskriminierende Inhalte die KI-Ergebnisse negativ beeinflussten. Es gelte sicherzustellen, dass die Systeme von vornherein verantwortungsvoll funktionierten. "Wir werden weiterhin die gesamte Stärke unseres Ökosystems für verantwortungsbewusste KI - einsetzen, um neue Ansätze zur Risikominderung zu entwickeln." Mehr als diese Absichtserklärungen gab es allerdings nicht. Details, wie die Bias-Problematik im KI-Umfeld genau gelöst werden soll, blieb Microsoft schuldig.

Das neue Bing ist ab sofort in einer Preview-Version auf dem Desktop verfügbar. Anwender könnten Beispielabfragen ausprobieren und sich auf die Warteliste setzen lassen. Microsoft will die Preview in den kommenden Wochen auf mehrere Millionen User ausweiten. In Kürze soll es auch eine Version für mobile Geräte geben. Es gelte, das neue Bing und den Edge-Browser in der realen Welt einzusetzen, so Microsoft. Man benötige das Feedback der User, um die Modelle weiterzuentwickeln, während parallel weiter skaliert werde.