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Microsoft öffnet Windows XP

24.05.2002
Mit dem Service Pack 1 für Windows XP können Nutzer und PC-Hersteller alternative "Middleware" als Standard vorgeben. Kritikern reicht das bloße "Verstecken" der Microsoftware aber nicht.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Microsoft öffnet sein aktuelles Betriebssystem Windows XP für im Kartellprozess so genannte Middleware. Der Konzern entspricht damit Auflagen, die er im Zuge des mit dem US-Justizministerium (DOJ = Department of Justice) und neun einzelnen Bundesstaaten ausgehandelten Vergleichsvorschlages im November letzten Jahres vereinbart hatte.

Der Vergleich mit Teilen der Kartellkläger ist bislang noch nicht offiziell abgesegnet. Microsoft handele mit seiner Änderung proaktiv, weil das Unternehmen bei der vorläufigen Unterzeichnung einer sofortigen Einhaltung der Bestimmungen zugestimmt habe, erklärte ein Unternehmenssprecher.

Stein des Anstoßes: Die geballte "Middleware" von Windows XP.
Stein des Anstoßes: Die geballte "Middleware" von Windows XP.

Sowohl PC-Hersteller als auch Endnutzer können bald Software ihrer Wahl für Web-Browsing, E-Mail oder die Wiedergabe digitaler Musik installieren. Diese Öffnung des Betriebssystems ermöglicht Microsoft in Form eines kostenlosen "Service Packs", das in diesem Monat in einer Testversion an OEMs gehen und noch im Sommer dieses Jahres veröffentlicht werden soll. Bislang wird Windows XP integriert mit Microsoft-eigenen Produkten wie Internet Explorer, Outlook Express und Windows Media Player geliefert.

Die neue Konfiguration gestattet es Nutzern laut Produkt-Manager Jim Cullinan, die "Microsoft-Technik auf ihren Rechnern zu verstecken. Sie müssen das nicht tun, es besteht aber die Möglichkeit dazu." Aus Sicht der weiterhin klagenden neun Staaten genügt das bloße Ausblenden des Endnutzerzugangs zu den Microsoft-Programmen aber nicht, um wieder fairen Wettbewerb im Softwaremarkt zu garantieren. "Solange die Software weiterhin im Betriebssystem verbleibt, werden Leute weiterhin dafür schreiben - das ist das Problem", warnt etwa Tam Ormiston, stellvertretende Staatsanwältin aus Iowa. "In einem Markt, der zu über 90 Prozent Microsoft gehört, werden die Entwickler das weiterhin als Standard verwenden. Das bleibt ein Druckmittel."

Große PC-Hersteller wie Dell und Toshiba wollten sich noch nicht festlegen, ob und gegebenenfalls wie sie die geänderte Version von Windows XP einsetzen werden. Es sei angesichts des frühen Entwicklungsstadiums noch nicht möglich, sich hier fest zu legen. Microsoft-Mann Cullinan geht zumindest davon aus, dass einige Hersteller die neue Variante ab Herbst mit ihren Systems ausliefern werden.

Das geplante Service Pack enthalte neben den genannten Middleware-Konzessionen auch noch weitere Ergänzungen, beispielsweise neue Sicherheits-Features und Support für Teile der .Net-Technik. Die letztere Komponente werde Microsoft als optionalen Download offerieren, erklärte Cullinan. Microsoft habe es ferner unmöglich gemacht, dass Nutzer mit XP-Raubkopien das Service Pack erhielten.

Nach Installation des Service-Packs finde sich im Startmenü ein neuer Punkt "Programmzugang und Standardeinstellungen". Dort könnten die Nutzer dann drei Standard-Konfigurationen auswählen: Nur Microsoft, nur Nicht-Microsoft sowie (PC-)herstellerspezifisch. Eine vierte Option gestatte eine individuelle Einrichtung des Systems. Auswählen könne man Browser, Mail-Client, Mediaplayer, Instant Messenger und Java Virtual Machine. (tc)