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Microsoft oder die teuren Tücken der Lokalisierung

20.08.2004

Manchmal ist es schon erstaunlich, wie wenig es braucht, um ganze Nationen vor den Kopf zu stoßen und komplette Bevölkerungsschichten zu beleidigen. Microsoft hat jetzt zugegeben, dass es in der Vergangenheit durch hanebüchene Übersetzungsfehler und politisch alles andere als korrekte geografische Darstellungen in einigen seiner Softwareprodukte Millionenverluste hinnehmen musste, weil man palettenweise Produkte aus dem Verkehr ziehen musste. Für Microsoft spricht allerdings, dass der Softwareriese selbstkritisch und offen über die teils ausgesprochen unangenehmen Pannen sprach.

Auf dem Kongress "International Geographical Union" in Glasgow gab Microsofts Topmanager Tom Edwards selbstkritisch zu, dass seinem Unternehmen bei einigen Softwareprodukten für nationale Märkte in indischen, arabischen und lateinamerikanischen Regionen haarsträubende Fehler unterlaufen sind, die die politischen Befindlichkeiten erheblich störten.

So hatte Microsoft für den indischen Markt eine Version von "Windows 95" ausgeliefert, in der unter anderem eine Landkarte des Subkontinents abgebildet war. Die farbliche geografische Bearbeitung war so gewählt, dass Kaschmir als nicht zu Indien gehörend dargestellt wurde. Dieser Affront rief die offiziellen politischen Stellen auf den Plan, Microsoft sah sich gezwungen, 200.000 Kopien des Betriebssystems zurückzuziehen und Anstrengungen zu unternehmen, die diplomatischen Wunden wenigstens halbwegs zu heilen. "Das kostete uns Millionen von Dollar", sagte Edwards.

Die Regierung von Saudi-Arabien vergrätzte der Softwareriese, als er ein Computerspiel auf den Markt brachte, das mit dem Soundtrack eines Singsangs von Koranversen unterlegt war. Microsoft schob dann zwar eine Variante ohne den Soundtrack nach. Allerdings wurden die inkriminierten Versionen nicht vom Markt genommen. Erklärung: Das US-Management von Microsoft habe gehofft, niemand würde merken, dass die diplomatisch fragwürdigen Spiele noch zirkulierten. Prompt verbot Saudi-Arabien das Spiel und verlangte eine Entschuldigung von Microsoft.

Als hätte man die Saudis nicht schon genug verletzt, offerierte der Softwareanbieter zudem ein Spiel, in dem Kirchen von moslemischen Kriegern in Moscheen umgemodelt werden. Einmal mehr musste das Spiel vom Markt genommen werden.

In Lateinamerika wiederum schaffte es Microsoft mit einem einzigen Wort, die gesamte weibliche Bevölkerung elementar zu beleidigen. In einer Spanischversion von "Windows XP" wurden Benutzer nach ihrem Geschlecht gefragt. Als Antworten waren (ins Deutsche übersetzt) "männlich", "keine Angabe" und "Nutte" möglich. Ein unglücklicher Fehler in der Übersetzung sei Schuld an diesem bedenklichen Lapsus gewesen.

Edwards sagte, als Resultat solch peinlicher Pannen werde man Angestellte jetzt auf Geografiekurse schicken. O-Ton Edwards: "Einige unserer Firmenangehörigen, wie immer klug sie ansonsten sein mögen, haben nur eine verschwommene Vorstellung vom Rest der Welt". (jm)