Dynamics NAV und AX überarbeitet

Microsoft nimmt neuen Anlauf im ERP-Geschäft

09.09.2008
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Einfache Bedienung soll ERP-Kunden überzeugen

Der rollenbasierende Client soll vom Anwender leicht zu bedienen sein und wenig Schulungen erfordern. Er bildet das Frontend für Dynamics NAV und AX.
Der rollenbasierende Client soll vom Anwender leicht zu bedienen sein und wenig Schulungen erfordern. Er bildet das Frontend für Dynamics NAV und AX.

Punkten will der weltgrößte Softwareanbieter vor allem durch einfach zu bedienende Programme. Dies sei der wichtigste Unterschied zu den Produkten des Wettbewerbs, betonte Tatarinov. Die neuen Frontends berücksichtigen, dass Mitarbeiter im Unternehmen jeweils verschiedene Rollen einnehmen. Entsprechend werden dem Nutzer Funktionen und Inhalte präsentiert, und zwar in einer Oberfläche, die sich eng an das bekannte Office-Interface anlehnt. So soll sich der Nutzer ohne großen Lernaufwand schnell zurechtfinden. Dem weltweit für die MBS-Sparte verantwortlichen Manager zufolge lässt sich das neue NAV-Release außerdem leicht implementieren und anpassen. Mit Hilfe von Web-Service-Technik könnten außerdem fremde Applikationen und Daten ohne großen Aufwand in Microsoft-Produkte integriert werden.

Generationswechsel bei Dynamics NAV

Der Softwarekonzern setzt dabei ganz auf die eigene Infrastruktur. Beispielsweise beruht NAV 2009 auf einer .NET-basierenden dreischichtigen Architektur, in der die Business-Logik von der Datenbank getrennt ist. Daten speichert das System im SQL Server von Microsoft. Die veraltete zweischichtige Technik sowie die proprietäre Datenbank "C/Side" werden zwar unterstützt. Der neue, rollenbasiernde Client funktioniert damit aber nicht. Die Umstellung auf die neue Technik machte Microsoft zu schaffen: Eigentlich sollte das neue NAV-Produkt schon Ende vergangenen Jahres auf den Markt kommen.

Auch Dynamics AX 2009 setzt in weiten Teilen auf die aktuelle Microsoft-Technik, beispielsweise die "Windows Presentation Foundation" für die Visualisierung von Daten, SQL-Technik für Ad-hoc-Reporting und die "Windows Workflow Foundation", um Prozesse in der Software abzubilden.

Mit den 2009er-Versionen - vor allem bei NAV - macht Microsoft in Sachen Technik einen großen Schritt nach vorne. Allerdings müssen Partner sowie Kunden dies erst einmal verdauen. Daraus machen die Microsoft-Verantwortlichen auch keinen Hehl. Hierbei vollziehe sich ein Wechsel von transaktionsorientierten zu prozessorientierten ERP-Systemen.

Anwender sollen diesen Weg schrittweise gehen können, verspricht Microsoft-Manager Wießler: "Wir dürfen bestehende Kunden nicht überrollen." Beispielsweise soll sich im NAV-Umfeld bestehende Technik gemeinsam mit neuen Funktionen nutzen lassen. Viele Microsoft-Kunden setzen derzeit noch ältere Navision-Versionen ein und haben mehr als einmal durchklingen lassen, mit ihrer Software zufrieden zu sein. Migrationsprojekte planen sie daher nicht.

Dynamics NAV 2009

  • Die Microsoft-Verantwortlichen heben für Dynamics NAV 2009 vor allem den rollenbasierten Client hervor. In einem "Rollen-Center" lassen sich je nach Nutzerprofil bestimmte Aktivitäten, Daten und Kommunikationskanäle zusammenstellen. Die Auswahl erfolgt wie in Microsoft Office über Dialog-Boxen, in denen verschiedene Menüpunkte aktiviert und deaktiviert werden können. Verschiedene Rollen sind bereits im System vorkonfiguriert.

  • Erweitert hat Microsoft darüber hinaus die Reporting-Funktionen. Mit Hilfe grafischer Elemente wurde vor allem die in der Vergangenheit meist nur rudimentär vorhandene Visualisierung der Daten verbessert. Der Datenaustausch mit Fremdapplikationen läuft über standardisierte Web-Services.

  • Die Anwendung basiert auf einer neuen Dreischichtarchitektur, in der die Business-Logik von der Datenbank getrennt ist. Grundlage ist der SQL Server. Microsoft zufolge ist jedoch ein gemischter Betrieb der alten zweischichtigen Technik im Rahmen der neuen Lösung möglich, um eine schrittweise Migration zu ermöglichen.

  • Dynamics NAV 2009 ist ab dem 1. Dezember in Deutschland verfügbar. Die Software richtet sich an Anwenderunternehmen bis etwa 1000 Mitarbeiter. Der Hersteller bietet die Applikation als horizontales ERP-Release an, das allein durch Partner seine Branchenausprägung erfährt. Derzeit gibt es rund 350 Branchenlösungen für NAV.

  • Im kommenden Jahr will Microsoft weitere Länderversionen auf den Markt bringen und zusätzliche Funktionen beispielsweise für den Bereich Mobility anbieten.

  • Im Jahr 2010 soll mit "Dynamics NAV 7" das nächste Release folgen, mit dem die Architekturmodernisierung endgültig abgeschlossen werden soll. Außerdem sind damit weitere Business-Funktionen und der Ausbau der Software-plus-Services-Strategie geplant.

Partnerfirmen von Microsoft wiederum müssen sich mit den neuen Releases befassen und sie dem Kunden schmackhaft machen. Doch nicht nur durch die Technik wachsen die Herausforderungen für Microsoft und seine Partner. "Der Mittelstand erwartet branchenspezifische Lösungen", sagt Microsoft-Manager Meyer.