Mobile Explorer ist der Schlüssel zum Erfolg

Microsoft nimmt die Hintertür in den Mobilfunkmarkt

30.06.2000
MÜNCHEN (CW) - Mit seinem Handheld-Betriebssystem Windows CE kam Microsoft nicht so recht aus den Startlöchern. Dennoch muss der Softwarekonzern den Mobilfunkmarkt nicht verloren geben, denn er hat gute Aussichten mit seinem "Mobile Explorer".

Ein kürzlich abgeschlossenes Geschäft mit Samsung Electronics steht exemplarisch für Microsofts Chancen im Mobilfunkmarkt. Der südkoreanische Mischkonzern wird das E-Mail- und Browsing-Tool "Mobil Explorer" aus den Redmonder Software-Werkstätten in seiner TK-Hardware installieren, weil sich das Produkt nahtlos in die Windows-Backend-Linie einbetten lässt. Insbesondere die Verbindung des Mini-Explorers mit dem Betriebssystem Windows NT und dem E-Mail-Programm "Exchange" fand bei den Samsung-Verantwortlichen eine lobende Erwähnung und führte schließlich zur jetzt getroffenen Entscheidung.

Ähnliche Vereinbarungen haben Ericsson, Siemens und Casio bereits mit Microsoft abgeschlossen. Ihre Argumentation deckt sich mit der der Samsung-Manager. Mobile Explorer ist für sie das Tool der Wahl, wenn Windows NT und Exchange von Mobilfunkbetreibern und anderen Dienstleistern im Backend verwendet werden.

Die Deals bestätigen den leisen Strategiewechsel Microsofts: Nachdem die Softwerker den Mobilfunkmarkt lange Zeit erfolglos mit Windows CE beackerten, folgte kürzlich zwar der Stapellauf des neuen Betriebssystems "Pocket PC", doch als Schlüssel zum Mobilfunkmarkt gilt der Mobile Explorer. Dieses Werkzeug lässt sich entweder als Standalone-Ausführung oder in Zusammenarbeit mit anderen auch hausfremden Betriebssystemen betreiben.

Am besten aber - da bleibt Microsoft seiner strengen Windows-Linie treu - arbeitet der Mobile Explorer mit der eigenen Server- und Betriebssystemsoftware. Dilip Mistry, Mobility Marketing Manager bei Microsoft Europa, spricht es gegenüber dem "Wall Street Journal" offen aus: "Obwohl unsere Backend-Lösungen mit jedem Frontend arbeiten, ergeben sich für den Anwender die größten Vorteile in der Kombination von Microsoft-Produkten."

Von einem PC-Betriebssystem-ähnlichen Monopol ist Microsoft dennoch weit entfernt, denn die Konkurrenten Symbian und Palm reden noch ein gewichtiges Wörtchen bei der Aufteilung des Marktes mit. So wählte Ericsson beispielsweise als Betriebssystem für seine Handys die Lösung "Epoc" vom Symbian-Konsortium. Der Mobile Explorer kommt bei den Schweden lediglich als eine Epoc-Anwendung zum Tragen. Eine noch ausgefeiltere Variante wählten Nokia und Motorola. Bei der Auswahl des Betriebssystems entschieden sie sich ebenfalls für Epoc, doch das Anwender-Interface stellt Palm wegen seiner einfachen Bedienerführung. Rachel Rowe, Analystin bei Frost & Sullivan, hält gar eine Dreierkombination für denkbar: "Die Hersteller könnten sich für Symbian als Betriebssystemlieferanten, das Palm-OS als User-Interface und Mobile Explorer als Browser entscheiden."

Microsoft sieht diesem Treiben nicht untätig zu. Die Softwerker umgarnen Mobilfunk-Betreiber, um sie zur Nutzung der Windows-Backend-Techniken zu bewegen. Bislang ließ der durchschlagende Erfolg jedoch noch auf sich warten. Laut Microsoft-Manager Mistry nutzen zur Zeit 31 der weltweit 350 Mobilfunknetz-Betreiber eine oder mehrere Server-Techniken aus Redmond.

Abb: Angesichts der Wachstumsraten ist Microsofts Wunsch, sich ein Stück vom Kuchen zu sichern, durchaus verständlich. Quelle: Timelabs