Bill Gates auf Stippvisite in Deutschland

Microsoft: Neue E-Commerce-Server und Windows/Office XP

09.02.2001
MÜNCHEN (CW) - Zeitgleich mit einem eintägigen Deutschlandbesuch von Bill Gates hat Microsoft seine beiden neuen E-Business-Server-Produkte "Biztalk Server 2000" und "Commerce Server 2000" vorgestellt. In mehreren Vorträgen hat Gates Microsofts E-Business-Strategien im Rahmen der .NET-Initiative erläutert. Unterdessen haben sich Gerüchte um die Namensgebung bestätigt: Die neuen Kernprodukte werden Windows XP und Office XP heißen.

Wer sich wichtige Neuigkeiten von Microsofts Vorsitzendem und Chefentwicker erwartet hatte, wurde bei dessen hiesigen Auftritten enttäuscht. Sowohl auf der Entwicklerkonferenz "MSDN Technical Summit" in Neuss als auch kurze Zeit später in Düsseldorf wiederholte Gates im Wesentlichen das, was sein Unternehmen bereits in den letzten Monaten der Fachwelt unermüdlich verkündet hat: .NET ist eine Infrastrukturplattform, die auf der Basis von Internet-Standards die Erstellung von verteilten Web-Services und -Anwendungen ermöglicht. Beinahe gebetsmühlenhaft betonte Gates immer wieder die Bedeutung von XML für alle zukünftigen Produkte.

Offenbar kann es den Redmondern nicht schnell genug gehen, das zunehmend schädliche Image des proprietären Herstellers abzuschütteln. Entsprechend stolz sprach Gates von den nächsten Office-Programmen als "den besten XML-Viewern".

Im Rahmen des Gates-Auftritts wurden auch die deutschen Versionen von Commerce Server 2000 und Biztalk Server 2000 vorgestellt, wobei Letzterer mit deutlicher Verspätung erscheint. Was die Positionierung der neuen Produkte betrifft, sprach während der Präsentation ein Microsoft-Mitarbeiter Klartext: Der Commerce Server ist gegen Intershop aufgestellt, die Redmonder wollen damit im Markt der Shop- und Web-Business-Produkte aufholen. Mit dem Biztalk Server tritt man gegen IBMs Websphere an - er soll für die Entwicklung und zur Automatisierung von Geschäftsprozessen eingesetzt werden. Befragt nach angepeilten Marktanteilen auf dem von Microsoft bisher vernachlässigten Terrain, gab sich der Hersteller erwartungsgemäß unbescheiden: Man erwarte für 2001, auf einem der ersten drei Plätze zu landen. Einen ausführlichen Bericht zu den Microsoft-Veranstaltungen in Düsseldorf und Neuss lesen Sie in der nächsten Ausgabe der COMPUTERWOCHE.

Unterdessen hat Microsoft die zukünftige Namensgebung für seine Hauptprodukte Windows und Office bekannt gegeben. Der Nachfolger von Windows 2000, der bisher unter dem Codenamen Whistler firmierte, wird nun Windows XP heißen, das bisher mit Office 10 bezeichnete Büropaket wird analog dazu Office XP betitelt. XP steht dabei für "experience", laut Microsoft-Pressetext sollen damit "die reichhaltigen Benutzererfahrungen zum Ausdruck kommen, die Windows und Office mit Web-Services auf allen Arten von Geräten bieten". Beide Produkte stellen einen Zwischenschritt zur .NET-Plattform dar. Am 13. Februar wollen die Redmonder weitere Details bekanntgeben, ausserdem soll die neue Betaversion 2 von Windows XP veröffentlicht werden. Office XP ist für das Ende des ersten Halbjahres 2001 angekündigt, Windows für die zweite Jahreshälfte.

Kooperationen mit LändernAuf seinem eintägigen Deutschlandbesuch hatte Bill Gates einen dicht gedrängten Terminkalender. Auch ein Abstecher in die hohe Politik war darin vermerkt - es ging um eine Partnerschaft des Softwarekonzerns mit den Bundesländern Niedersachsen und Bremen. Dazu hat sich der Microsoft-Gründer in Neuss mit Niedersachsens Ministerpräsident Sigmar Gabriel und dem Bremer Bürgermeister Henning Scherf getroffen, um eine Rahmenvereinbarung für die Multimedia-Entwicklung zu unterzeichnen.

Mit diesem Vertrag, der die Bereiche Bildung, E-Commerce und Wissenschaft umfasst, soll die Nutzung des Internet vorangetrieben werden. In den nächsten fünf Jahren werden das Land Niedersachsen und Microsoft zehn Millionen Mark für Multimedia-Anwendungen bereitstellen. Die Partnerschaft mit Bremen ist Bestandteil der Landesinitiative "Bremen in T.I.M.E". In den nächsten fünf Jahren stehen dafür ebenfalls zehn Millionen Mark zur Verfügung.

Die konkreten Details der Zusammenarbeit der Länder mit dem Unternehmen müssen erst noch ausgearbeitet werden. Während manche Kritiker die Festlegung der beiden Länder auf proprietäre Technologien bemängeln, erwartet sich Gabriel durch die Kooperation "neue Impulse für den Weg Niedersachsens ins Informationszeitalter". Scherf sieht in Microsoft "eine Topadresse der Informations- und Kommunikationsindustrie".