Justizausschuss kritisiert Vergleich im Kartellprozess als zu wenig wirksam

Microsoft muss um gütliche Einigung bangen

21.12.2001
MÜNCHEN (CW) - Die außergerichtliche Einigung im Kartellverfahren gegen Microsoft droht ins Wanken zu geraten. Der Justizausschuss im US-Senat kritisierte den Vergleich heftig, neun Bundesstaaten fordern härtere Auflagen. Der Hersteller hat unterdessen weitere Zugeständnisse gemacht.

In einem Hearing des Justizausschusses kritisierten Mitglieder die Einigung mit dem Justizministerium und neun US-Bundesstaaten. "Microsoft hat einen Konkurrenten vernichtet, auf illegale Weise versucht, sein Monopol zu erhalten, und Innovationen behindert", erklärte Herb Kohl, Vorsitzender des Kartell-Unterausschusses. Nach jahrelangen Verhandlungen mit Klagen und Gegenklagen werfe der Vergleich die Frage auf: "Haben wir wirklich irgendetwas erreicht?"

Patrick Leahy, Vorsitzender des Justizausschusses, sprach sich zwar grundsätzlich für einen Vergleich aus. Er befürchte aber, dass der aktuelle Einigungsentwurf zu weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen führen könne. Die darin formulierten Bedingungen bezeichnete er als "entweder verwirrend vage, manipulierbar oder beides". Damit stellten sich ernste Fragen "hinsichtlich des Ausmaßes, der Durchsetzbarkeit und Effektivität" der Regelungen.

Einige Senatoren zitierten mehrfach aus einem Brief des ehemaligen Netscape-Chefs James Barksdale, der ursprünglich als Zeuge vor den Ausschuss geladen war, nach einer Intervention Microsofts aber nicht persönlich aussagte. Sollte der Vergleich angenommen werden, würde eine ganze Industrie der Dominanz eines ungezügelten Monopolisten unterworfen, schreibt der Manager. Die Regierung habe nichts unternommen, um die Macht des Konzerns zu beschneiden: "Microsoft ist in jedem seiner Kernmärkte unendlich viel stärker als noch vor vier Jahren", als der Prozess begann, beklagt Barksdale.

Die Anhörung vor dem Justizausschuss ist nach dem US-amerikanischen Tunney Act vorgeschrieben. Das Gesetz verlangt, dass jegliche außergerichtliche Einigung in einem Kartellverfahren darauf überprüft werden muss, ob sie im öffentlichen Interesse liegt. Die Empfehlungen des Gremiums sind für die zuständige Richterin Colleen Kollar-Kotelly zwar nicht bindend. Sie wird bei ihrer Entscheidung über die Rechtswirksamkeit des Vergleichs aber die Ergebnisse der Anhörung berücksichtigen.

Neun der 18 klagenden US-Bundesstaaten sowie der District of Columbia hatten den Vergleich vom 2. November abgelehnt und einen deutlich härteren Maßnahmenkatalog vorgelegt. Sie fordern unter anderem, dass Microsoft eine Windows-Version ohne damit gekoppelte Anwendungen anbietet und Drittanbietern den Quellcode des Betriebssystems zugänglich macht (siehe CW 50/01, Seite 7). Microsoft reagierte mit weiteren eigenen Vorschlägen. So soll PC-Anbietern künftig erlaubt werden, ihre Rechner mit vorinstallierten Anwendungen wie Media-Playern oder Instant-Messaging-Clients auszuliefern, die nicht von der Gates-Company stammen. Neue Computer könnten mit mehr als einem installierten Betriebssystem verkauft werden; eine Dual-Boot-Option, die beim Hochfahren des Rechners die Auswahl unter verschiedenen Systemen erlaubt, sollen die PC-Hersteller ebenfalls anbieten dürfen. Ob diese und weitere kleinere Zugeständnisse ausreichen, Kollar-Kotelly von der Effizienz der Maßnahmen zu überzeugen, ist offen. Die Richterin prüft gegenwärtig auch den Vorschlag der Einigungsgegner. Diese haben unterdessen eine Liste mit Zeugen vorgelegt, die in weiteren Hearings ab März 2002 befragt werden sollen. (wh)