Erstmals gehen Upgrades direkt an Anwender

Microsoft merzt bei MS-DOS 5 Probleme mit dem Speicher aus

28.06.1991

MÜNCHEN (CW) - Umwerfende Neuerungen bringt Microsoft mit der Version 5 von MS-DOS nicht heraus. Viel mehr wurden Schwachpunkte behoben, etwa in der Speicher- und Festplattenverwaltung. Das Programm belegt jetzt unerwartet wenig Speicher- ein Lichtblick insbesondere für Windows 3.0-Anwender.

"Das beste MS-DOS für Windows 3.0", so führte Jochen Haink, Vertriebs- und Marketing-Direktor der Münchner Microsoft GmbH, die neue Betriebssystem-Version ein. Der Grund: Die überarbeitete Speicherverwaltung dient besonders den Windows-Benutzern, die am meisten unter den Unzulänglichkeiten der Version 3.3 zu leiden hatten. Für große Anwendungsprogramme blieb durch den Byte-Hunger der Systemsoftware oftmals kein Platz im Hauptspeicher frei, Systemabstürze waren die Folge. Bei der Version 4.01, dem ungeliebten Kind der DOS-Benutzer war die Speichergefräßigkeit noch größer. Zudem zeichnete sich dieses Release durch mangelnde Abwärtskompatibilität zu Vorgängerversionen aus - ein Problem, das bei MS-DOS 5 behoben sein soll.

Mit der Version 5 stellt Microsoft jetzt ein Speichermanagement vor, das die DOS-Version 5.0 vom Software-Veteran Digital Research (CP/M) längst aufweist. Der größte Teil des Betriebssystems wird bei Rechnern mit einem 286-Prozessor oder mehr in die High-Memory-Area geladen, die ersten 64 KB des Erweiterungsspeichers. Bei Geräten, die über einen 386er oder 486er Prozessor verfügen, können zudem Hintergrundprogramme, zum Beispiel Treiber, im Upper-Memory-Sektor abgelegt werden, dem freien Speicherblock zwischen 640 KB und 1 MB. Dadurch bleibt laut Microsoft für Applikationen statt 575 KB (Version 3.3) und 565 KB (Version 4.01) bis zu 621 KB freier Speicher. Im Kernel zeige sich MS-DOS 5 im Vergleich zur Version 3.3. um 5 KB voluminöser.

Neben dem hohen Speicherbedarf kritisierten die Anwender die langsame Festplattenverwaltung der Vorgängerversionen. Mit den alten MS-DOS-Paketen konnten die Benutzer nur über das Hilfsprogramm "Share" auf Partitions über 32 MB zugreifen. Bei MS-DOS 5 werden mittlerweile Partitions beziehungsweise Festplatten bis zu 2 GB unterstützt - auf Share läßt sich daher verzichten. Ein altes Problem ist dennoch nicht behoben: Bestehende Sektionen lassen sich auch mit dem neuen System-Release nicht zusammenfügen. Das Interesse von Microsoft, MS-DOS für Anwender mit größerem Datenaufkommen interessant zu machen, zeigt sich in einem weiteren Feature. Das Programm bietet die Möglichkeit, 2,8-MB-Disketten zu verwenden - ein noch junges Speichermedium.

Als wesentliche Neuerung wurde die komplett überarbeitete DOS-Shell mit Task-Switching-Funktionen ausgestattet und kommt zudem mit einer an Windows orientierten Oberfläche heraus.

Trennung von veralteten Techniken

Im Rahmen dieser Anwendung hat der Anwender die Möglichkeit, zwischen den einzelnen Programmen umzuschalten. Jedoch lassen sich den Software-Makern zufolge trotz Task-Switching, bereits unter früheren DOS-Versionen erstellte Shells weiterverwenden. Zugunsten der Bedienerfreundlichkeit hat sich das Unternehmen mit MS-DOS 5 noch von weiteren veralteten Techniken getrennt. So wurde der von einem Microsoft-Mitarbeitern als Steinzeit-Funktion bezeichnete Zeilen-Editor "Edlin" nun endgültig begraben und der "Full-Screen-Editor" an seine Stelle gesetzt. Außerdem löst der Q-Basic-Interpreter die "betagte" Programmiersprache GW-Basic ab. Weiterhin unterstützt jetzt - wie beim Konkurrenzprodukt DR-DOS 5.0 - eine Online-Hilfe den Anwender.

Erstmals in der zehnjährigen MS-DOS-Geschichte sind auch Updates der neuen Betriebssystem-Version erhältlich. Damit öffnet das Unternehmen über Fachhändler einen zusätzlichen Vertriebskanal. Benutzer alter DOS-Versionen können für 245 Mark (deutsche Version) oder für rund 220 Mark (englische Ausführung) ihr System aufrüsten.

Für Großkunden bietet Microsoft hier ein Lizenzpaket zum Preis von zirka 200 Mark (deutsch) oder 175 Mark (englisch) an. Neue PCs werden jedoch auch weiterhin vom Hersteller mit der Systemsoftware konfiguriert. Siemens-Nixdorf und Schneider kündigten bereits die Verfügbarkeit an.