Paul Maritz im Kreuzverhör der Anklage

Microsoft-Manager räumt Druck auf Konkurrenten ein

05.02.1999
MÜNCHEN (CW) - Mit Paul Maritz hat erstmals ein hochrangiger Manager Microsofts zugegeben, daß Vertreter der Gates-Company Druck auf Hersteller wie Netscape und Intel ausgeübt haben, um diese daran zu hindern, Produkte auf den Markt zu bringen, die mit Windows oder dem Browser "Internet Explorer" konkurrieren.

In seiner schriftlich eingereichten Aussage hatte Maritz, Group Vice-President und oberster Produktstratege Microsofts, entsprechende Vorwürfe der Anklage zunächst bestritten (siehe Seite 46). Insbesondere bei dem von der Anklage angeführten Treffen zwischen Netscape und Microsoft am 12. Juni 1995 habe es sich um ein in der Branche übliches Vorgehen gehandelt. Im Kreuzverhör mit dem Chefankläger der US-Justiz, David Boies, knickte der Manager ein.

"Wir haben versucht, sie (Netscape, Anm. d. Red.) dazu zu bringen, unsere Browser-Client-Technologie zu benutzen und High-Level-Software für Windows zu schreiben", konzedierte Maritz, nachdem ihn Boies mit einer Reihe von internen Dokumenten und Zeugenaussagen konfrontiert hatte. Einer der wichtigsten Zeugen der Anklage, Netscapes President James Barksdale, hatte zuvor ausgesagt, Microsoft habe während des Treffens vorgeschlagen, den Browser-Markt unter den zwei Unternehmen aufzuteilen. Microsofts Ziel sei es gewesen, Netscape dazu zu bringen, den Verkauf seines Browsers "Navigator" für den Einsatz unter Windows zu stoppen.

An diesem Punkt setzt die Anklage des US-Justizministeriums und der 19 US-Bundesstaaten an: Als Netscape sich dem Ansinnen nach Marktaufteilung verweigerte, habe Microsoft beschlossen, den Konkurrenten zu vernichten. Boies präsentierte dem Gericht eine Reihe von internen Schriftstücken und E-Mails als Belege.

Ein ähnlich rüdes Verhalten wirft die Anklage Microsoft auch gegenüber Intel und dem Softwarehersteller Real Networks vor. Intels Software-Manager Steve McGeady hatte im Laufe des Prozesses ausgesagt, Microsoft habe gedroht, den seinerzeit aktuellen Pentium-MMX-Prozessor nicht zu unterstützen, sollte Intel seine Software für Internet-Multimedia weiterhin kostenfrei an Computerhersteller abgeben.

Nach Darstellung der Anklagevertreter gab es mehrere weitere solche "Überredungsversuche". Auch Real Networks, ein Anbieter von Internet-Streaming-Software, sollte auf diese Weise davon überzeugt werden, seine Produkte auf Basis von Microsoft-Techniken zu entwickeln. Für den Staatsanwalt Boies zeigten diese Beispiele vor allem eines: "Immer wenn ein Konkurrent für Microsofts Plattform auftauchte, organisierte der Hersteller solche Treffen und sagte: Wenn ihr diese Plattform fallenlaßt, könnt ihr später mit unserer Unterstützung rechnen. Und so etwas verbietet das Antitrust-Gesetz."

Ein US-Berufungsgericht hat unterdessen entschieden, daß die zwanzigstündige Zeugenaussage von Bill Gates vor dem Washingtoner Gericht veröffentlicht werden muß. Microsoft hatte versucht, dies zu verhindern.