Kolumne

"Microsoft macht weiter wie bisher"

23.01.1998

Am Montag dieser Woche wurde bekannt, daß Microsoft Anwender vom NT-Support ausschließen will, die die Novell Directory Services (NDS) for NT einsetzen (siehe Seite 1).

Das Ziel der Aktion ist klar: Mit vorgeschobenen technischen Argumenten wird den Anwendern signalisiert, besser auf die mit eigenen Directory Services ausgestattete Version 5.0 von NT zu warten, statt die Novell-Lösung zu nutzen. Offenbar ist dann aber kurz nach Ankündigung der Maßnahme einem Verantwortlichen siedend heiß eingefallen, wie unmöglich ein solches Verhalten für Microsoft in diesen Zeiten ist. Ob Zufall oder Absicht, jedenfalls war die Internet-Site mit der Ausschlußdrohung vorübergehend nicht mehr zugänglich. Gleichzeitig sprach Microsoft Deutschland von einem Mißverständnis. NDS einsetzende NT-Anwender würden weiter unterstützt - solange es um NT- und nicht um von NDS ausgelöste Schwierigkeiten gehe.

Einen Tag später erfolgte dann der Rückzieher vom Rückzug. Am Dienstag konnte wieder jeder interessierte Anwender auf der Microsoft-Page nachlesen, warum NT-Installationen mit NDS for NT nicht unterstützt werden. Wir wissen nicht, warum die Redmonder diese für das Unternehmen gefährliche Aktion nicht aufgegeben haben, wird Richter Thomas Jackson hierin doch mit einiger Wahrscheinlichkeit einen erneuten Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht sehen. Aber sie bestätigt eindrucksvoll, daß es Microsoft trotz aller gegenteiliger Beteuerungen weiterhin um die Kontrolle des Softwaremarktes geht - auch auf Kosten der Anwender, die nicht auf die Microsoft-eigenen Directory-Services warten wollen oder können.

Da helfen auch die fast naiven Pamphlete nicht, mit denen der Softwareriese momentan versucht, das eigene Image zu verbessern. So steht in einer kürzlich veröffentlichten Abhandlung mit dem Titel "Competition in the Software Industry" schwarz auf weiß zu lesen, welch ein kleines Licht Microsoft im Grunde ist: Trotz der Marktführerschaft im Softwaresektor liege der Anteil des Unternehmens am weltweiten Computergeschäft nur bei einem Prozent. So gesehen, wäre es natürlich eine Unverschämtheit, zu behaupten, die beschriebene Aktion richte sich gegen Novell. Schließlich kann ein Unternehmen mit so einem geringen Marktanteil niemandem drohen.