Spezialist für digitales Rechte-Management bekommt 440 Millionen Dollar

Microsoft legt Streit mit Intertrust bei

16.04.2004
MÜNCHEN (CW) - In seinem Bemühen, alle anhängigen Prozesse möglichst schnell aus der Welt zu schaffen, ist Microsoft vorangekommen. Der Konzern legte einen umfangreichen Patentstreit mit dem DRM-Spezialisten (Digital Rights Management) Intertrust Technologies durch Zahlung von 440 Millionen Dollar bei. Damit wird der Weg frei für eine weitere Verbreitung solcher Schutztechnik für digitale Inhalte.

Microsoft versucht seit geraumer Zeit, Musik- und Filmfirmen zur Nutzung seiner DRM-Technik zu bewegen. Bislang mit mäßigem Erfolg, weil die Inhalteanbieter nach Intertrusts Klage unerwünschte Lizenzgebühren befürchten mussten. John Pescatore von Gartner erwartet nun, dass die Content-Provider ihre Zurückhaltung aufgeben werden. "So lange der Intertrust-Patentstreit ungeklärt war, bestand die Möglichkeit, dass Microsoft seine DRM-Technik gegen etwas anderes würde austauschen müssen", erläutert der Analyst. David Schatzky von Jupiter Research ergänzt: "Es gibt so viele Hindernisse bei der Erschließung des vollen Potenzials digitaler Medien. Gekabbel um die Technik ist dabei das geringste Problem, deswegen ist es gut, dass wir das in diesem Fall hinter uns lassen können."

Im Jahr 2001 hatte Intertrust den Redmonder Riesen zunächst nur mit Bezug auf dessen DRM-Implementierung im "Windows Media Player" wegen Verletzung seines US-Patents Nr. 6.185.683 ("Trusted and secure techniques, systems and methods for item delivery and execution") verklagt. Im Lauf des Verfahrens wurden daraus dann insgesamt elf Klagen, die sich auf 44 Microsoft-Produkte erstreckten - neben dem Media Player unter anderem das Windows-Betriebssystem, das ".NET Framework" und "Office XP".

Langwieriger Streit

Die Beziehung beider Firmen reicht bis in die späten 90er Jahre zurück. Damals gab es erste Verhandlungen über die Verwendung von Intertrusts Technik in Microsoft-Produkten. "Wir haben 1999 und 2000 zwei größere Deals versucht, die aber nicht zustande kamen", erinnert sich Intertrust-Chef Talal Shamoon (seinerzeit ging es jeweils um 100-Millionen Dollar-Investitionen von Microsoft in Intertrust). Später habe seine Firma immer mehr ihrer Ideen in Microsofts Portfolio wiederentdeckt - beispielsweise in der "Windows File Protection" zum Schutz wichtiger Systemdateien.

Intertrust wurde 1990 von Victor Shear gegründet, ging während des Internet-Booms an die Börse und beschäftigte in Hochzeiten 360 Mitarbeiter. Die Firma scheiterte indes mit der Kommerzialisierung ihrer DRM-Software und wurde im Jahr 2002 von einem Joint Venture aus Sony, Philips und der Investment-Bank Stephens übernommen und reprivatisiert. Das Unternehmen konzentriert sich mit aktuell 32 Angestellten auf die Lizenzierung seiner 30 US-Patente.

Entwickler müssen aufpassen

Klagen gegen weitere Softwarefirmen plant Intertrust laut Chief Technology Officer Dave Maher nicht. Man wolle nun wieder verstärkt Produkte entwickeln, so der CTO. Shamoon und Maher verwiesen allerdings darauf, dass die Einigung mit Microsoft nicht alle Bereiche abdecke. Wenn Entwickler mit Microsofts Development-Tools auf Basis von Intertrusts DRM-Technik Mehrwertanwendungen erstellten, dann würden diese wahrscheinlich eine separate Lizenz von Intertrust erfordern, erklärte Shamoon. Direkte Nutzung - wenn beispielsweise Entwickler ihren Code über die DRM-Features im .NET Framework schützten - sei jedoch von der Vereinbarung abgedeckt, sagte Maher. Es werde ein Prozedere etabliert, um Entwicklern im Zweifelsfall die nötige Klarheit zu verschaffen. (tc)