Satya Nadella baut um

Microsoft legt Fokus auf Cloud und KI

05.04.2018
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Jahrelang drehte sich bei Microsoft alles um das Betriebs­system Windows. Damit dürfte es nach dem Umbau, den Konzernchef Satya Nadella vorantreibt, vorbei sein. Künftig geht es vor allem um die Cloud und künstliche Intelligenz.

Mit einem grundlegenden Umbau will sich Microsoft weiter von seinen Windows-Wurzeln lösen. Das Betriebssystem, dessen erste Version der weltgrößte Softwarekonzern vor 33 Jahren herausgebracht hatte, rückt jetzt mehr und mehr in den Hintergrund. Stattdessen wollen die Verantwortlichen ihr Geschäft stärker rund um Cloud-Dienste und künstliche Intelligenz (KI) ausbauen. In einer Mail an die über 110.000 Mitarbeiter kündigte Konzernchef Satya Nadella an, das Unternehmen in zwei zentrale Bereiche aufgliedern zu wollen. "Eine intelligente Cloud und intelligente Geräte werden die nächste Phase der Innovationen prägen", begründete der Microsoft-CEO die Zweiteilung des Konzerns. "Wir können nicht zulassen, dass organisatorische Grenzen Innovationen für unsere Kunden behindern. Deshalb ist eine wachstumsorientierte Kultur wichtig. Es braucht Mut, um gemeinsam zu lernen und zu wachsen, die individuellen Stärken des anderen zu fördern, mehr Vielfalt und Integration in unseren Teams aufzubauen und als One Microsoft zusammenzuarbeiten."

Microsoft-CEO Satay Nadella schraubt weiter an der Organisationsstruktur von Microsoft und teilt den Softwarekonzern in zwei große Bereiche auf.
Microsoft-CEO Satay Nadella schraubt weiter an der Organisationsstruktur von Microsoft und teilt den Softwarekonzern in zwei große Bereiche auf.
Foto: Microsoft

Der eine Teil von Microsoft soll sich um "Erlebnisse" und Geräte – Experiences & Devices – kümmern, der andere um Cloud-Dienste und künstliche Intelligenz. Mit der neuen Organisationsstruktur geht ein massiver Personalumbau einher. Microsoft- Veteran Terry Myerson, der seit über 20 Jahren bei dem Softwarekonzern garbeitet und zuletzt das Windows- und Gerätegeschäft rund um die Surface-Devices verantwortet hatte, verlässt das Unternehmen. Myersons Verantwortungsbereich geht in der neuen Sparte Experiences & Devices auf, die Rajesh Jha leiten soll. Dieser war bis dato für Microsoft Office verantwortlich. Eine Ebene darunter soll Joe Belfiore das Windows-Team anführen, während sich Panos Panay um die Entwicklung der Gerätesparte kümmern wird. Den anderen Bereich "Cloud & AI Platform" soll Scott Guthrie leiten, der zuletzt als Executive Vice President der Cloud and Enterprise Group vorstand. Ihm zur Seite stehen unter anderen Jason Zander, der vorrangig die Entwicklung der Cloud-Plattform Azure vorantreiben soll, sowie Eric Boyd, dessen Team die KI-Plattform sowie die Grundlagenforschung rund um KI und Machine Learning betreuen soll.

Fragezeichen hinter dem Device-Geschäft

Nadella, der 2014 Steve Ballmer als Microsoft-CEO abgelöst hatte, machte von Anfang an klar, das Microsoft-Geschäft über die klassischen Windows- und Office-Grenzen hinausentwickeln zu wollen. Seinen Fokus legte der heute 50-jährige Manager darauf, die langjährigen Grabenkämpfe mit konkurrierenden Technologien und Anbietern – Stichwort: Linux – zu beenden und den Ausbau der Cloud voranzutreiben. Die Zahlen scheinen Nadella recht zu geben. Während sich die Einnahmen mit Azure im zweiten Quartal des Fiskaljahrs 2017/18 verdoppelten, legte die Sparte Personal Computing rund um Windows gerade einmal um zwei Prozent zu – allerdings macht dieser Block mit zwölf Milliarden Dollar nach wie vor einen großen Anteil vom Gesamtumsatz in Höhe von knapp 29 Milliarden Dollar aus.

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Auch wenn der Umbau nach außen als smart und ruhig präsentiert wird – Nadella dankte Myerson für seine Arbeit und betonte, dieser habe aktiv an der neuen Struktur mitgarbeitet – munkeln Insider, dass es hinter den Kulissen zuletzt gekracht habe. Mit dem Device-Geschäft kam Microsoft nur stolpernd in die Gänge. Das Smartphone-Business wurde nach der teuren Übernahme von Nokia schnell wieder eingestampft. Zu stark ist die Übermacht von Apples iOS und Googles Android. Microsofts Windows-Plattform spielt hier keine Rolle. Rund um die Surface-Geräte gab es im vergangenen Jahr viel Unruhe. Das US-Verbrauchermagazin "Consumer Reports" bezeichnete die Zuverlässigkeit der Devices als geradezu verheerend. Immer wieder kursierten Berichte, der Konzern könnte sich aus dem Geräte­geschäft verabschieden. Experten wie der Gartner-Analyst Werner Goertz sehen denn auch die Cloud- und KI-Sparte als den strategischen Schwerpunkt für Microsofts Zukunft.