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Microsoft legt Berufung ein

14.06.2000
Appellationsgericht signalisiert Interesse

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Microsoft hat gegen die im Kartellverfahren beschlossene Zweiteilung des Unternehmens Berufung eingelegt. Überraschend schnell signalisierte daraufhin das Berufungsgericht in Washington, D.C., seine Bereitschaft, den Fall in zweiter Instanz zu prüfen, und das sogar in voller Senatsbesetzung, statt der üblichen drei Berufungsrichter. Das US District Court of Columbia begründete diesen Schritt mit der außergewöhnlichen Bedeutung dieses Falles. Rechtsexperten werten diese Entscheidung als einen Erfolg für Microsoft, denn das Gericht hatte bereits in der Vergangenheit zu Gunsten des Softwareriesen entschieden.

Zur gleichen Zeit ersuchte die Anklage, also das US-Justizministerium und 19 Bundesstaaten, Richter Thomas Jackson, den Fall sofort an das Oberste Gericht zu übergeben, wie dies bei größeren Kartellverfahren Usus ist. Jackson hatte Microsoft in erster Instanz schuldig gesprochen, seine Monopolstellung missbraucht zu haben. Die Bereitschaft des Berufungsgerichts, den Fall zu behandeln, könnte den Antrag der Anklage auf eine schnelle Abwicklung über den Supreme Court jedoch gefährden. Analysten rechnen damit, dass das Oberste Gericht erst dann eingeschaltet wird, wenn das Berufungsgericht das Urteil von Richter Jackson geprüft hat. Microsoft zufolge kann dies noch mehrere Wochen dauern.

Industrie-Insider wie Robert Young, Chairman des Linux-Distributors Red Hat Software, hingegen glauben, dass sich die Gesetze des Marktes als bessere Kontrolleure der Macht erweisen als das Kartellverfahren. Auf der Konferenz "2000 World Congress on Information Technology" in Taiwan erklärte der Manager, die Gates-Company sei nicht für die Internet-Ära geschaffen und werde sich nur schwer anpassen. Das liege vor allem an der Struktur des Konzerns, so Young. Seiner Meinung nach haben die Anwender den Vorteil von Open-Source-Software erkannt. Sie hätten es inzwischen satt, für jede Windows-Version, die sie installieren, Lizenzgebühren an Microsoft zu zahlen. "Microsofts riesiger Umsatz basiert auf seiner Heroin-artigen Abhängigkeit vom Verkauf lizenzierter Software", erklärte Young. Aufgrund der starken Kontrolle der Redmonder hätten Entwickler unter den plötzlichen und oft teueren

Strategieänderungen von Microsoft zu leiden.