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Unabhängig von Windows

Microsoft lagert Online-Dienste wieder in eigene Sparte aus

24.07.2008
Microsoft will erneut mit einem Umbau seiner Online-Aktivitäten das Geschäft des Unternehmens im Internet in Schwung bringen.

Die Online-Dienste (darunter fasst Microsoft Suche, MSN und Entwicklung der Plattform für Online-Werbung zusammen) werden künftig wieder unabhängig vom Geschäft mit Windows und der Plattform Windows Live geführt, teilte Microsoft mit. Die beiden Sparten waren erst vor rund drei Jahren zusammengeführt worden. Der einflussreiche Chef der bisherigen Geschäftseinheit, Kevin Johnson, verlässt das Unternehmen. Er wird die Führung beim Netzausrüster Juniper Networks übernehmen. Johnson gilt als einer der Architekten des vorerst gescheiterten Übernahmeangriffs auf den Internet-Konzern Yahoo!.

"Diese neue Struktur wird uns mehr Agilität und Konzentration auf zwei sehr wettbewerbsintensive Bereiche verschaffen", sagte Microsoft-Chef Steve Ballmer. Für die Online-Service-Sparte will Microsoft einen neuen Führungsposten einrichten. In der Zwischenzeit soll Microsoft-Manager Satya Nadella die Geschäfte übernehmen. Das Geschäft mit Windows und Windows Live werden von sofort an Steven Sinofsky, Jon DeVaan und Bill Veghte leiten. Beide Geschäftseinheiten würden damit von einer starken Gruppe von Führungskräften geleitet, die sowohl auf der technischen als auch auf der geschäftlichen Seite ihre Talente haben, erklärte Ballmer in einer E-Mail an alle Mitarbeiter.

Mit "erhöhtem Einsatz" und Innovationskraft wolle das Unternehmen den großen Rivalen Google überrunden, schrieb Ballmer. "Wir werden weiter mit Google an zwei Fronten konkurrieren - im Unternehmens-Geschäft, wo wir führend sind, und bei der (Internet-)Suche, wo wir hinterherhinken." In kurzer Zeit habe Microsoft bei der Suchtechnologie bereits eine Menge aufgeholt und strebe für die Zukunft die Führungsposition an. Die Internet-Suche eröffne enorme Marktmöglichkeiten im Anzeigengeschäft. Neben verstärkten Investitionen in Forschung und Entwicklung werde Microsoft seine Stellung im Markt durch weitere strategische Akquisitionen ausbauen.

In den vergangenen Jahren hatte Microsoft Milliarden in das Online-Business investiert, war aber auch trotz mehrfachen Umbaus der Sparte im Anzeigengeschäft gegenüber Google und Yahoo! weiter ins Hintertreffen geraten. Ein federführend von Johnson eingeleiteter Versuch, Yahoo! zu kaufen, war mehrfach misslungen und liegt derzeit auf Eis. Für Microsoft hätte eine Übernahme von Yahoo! allerdings keinen "strategischen", sondern nur einen "taktischen" Wert, betonte Ballmer in seiner E-Mail. "Wir wollen unseren Anteil an Suchanfragen erhöhen und mehr Werbetreibende anziehen", so der CEO. "Yahoo! würde uns helfen, das schneller zu schaffen. Aber wir werden das mit oder ohne Yahoo! erreichen."

Apple, dem kleinen Konkurrenten unter anderem im Geschäft mit Windows, bescheinigt Ballmer einen Qualitätsvorsprung und will von der Strategie der Jobs-Company lernen. Im Vergleich zu PCs und Macs lägen die PC-Verkäufe mit Windows-Betriebssystem in einem Verhältnis 30 zu eins. "Aber es ist keine Frage, dass Apple gedeiht." Den Grund dafür sieht Ballmer darin, dass Apple ein überschaubares, aber komplettes Angebot inklusive Hardware anbietet. Microsoft habe dagegen häufig Kompromisse mit Hardware-Herstellern eingehen müssen. Inzwischen habe Microsoft aber seine Zusammenarbeit mit den PC-Bauern verbessert, um bessere Produkte ohne Kompromisse auf den Markt zu bringen. (dpa/tc)