Microsoft lässt Handel mit Gebrauchtlizenzen zu

29.11.2005
Nachdem in Deutschland Unternehmen wie Usedsoft und Susensoftware bereits seit längerem mit Second-Hand-Software handeln, räumt Microsoft nun auch einem Anbieter in Großbritannien das Recht ein, gebrauchte Lizenzen weiterzuverkaufen.

Wir haben diesen Plan seit rund eineinhalb Jahren", berichtet Jonathan Horley, Director des britischen Softwarehändlers Disclic. In der Vergangenheit hätten viele Unternehmen Softwarelizenzen nicht als Firmenwert erkannt. Disclics Geschäftsmodell mache Managern erst bewusst, dass Lizenzen durchaus einen Wert darstellten, der sich durch Weiterverkauf in barer Münze auszahle.

Hier lesen Sie …

• wie Händler ihr Geschäft mit Gebrauchtlizenzen ausbauen;

• warum die Softwareanbieter das Second-Hand-Modell fürchten;

• was Rechtssicherheit für die Gebrauchtgeschäfte bedeutet.

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Die Softwarekontingente kauft Disclic von Firmen, die Insolvenz anmelden müssen, ihr Geschäft aufgeben beziehungsweise ihren Softwarebestand reduzieren wollen. Dabei arbeiten die Briten eng mit Insolvenzverwaltern sowie Beratungshäusern wie beispielsweise Ernst & Young zusammen. Das Potenzial scheint immens. Rund 40000 Lizenzen verschiedener Softwareprodukte habe der Softwarehändler bereits in seinem Second-Hand-Softwarekatalog gesammelt, berichtet Disclic-Manager Noel Unwin.

Rechtssicherheit ist gefragt

Der Transfer der Lizenzen von einem Unternehmen auf ein anderes sei vollkommen legal. In einem ersten Schritt prüfen Experten den aktuellen Lizenz- und Vertragsstatus des Verkäufers, um die Lizenzen zu identifizieren, die übertragen werden dürfen. Der Handel selbst wird mit offiziellen Microsoft-Formularen abgewickelt. Zuletzt registriert Microsoft den Käufer als neuen Lizenzinhaber.

Dieses Modell funktioniere laut Disclic jedoch nicht bei allen Lizenztypen. Während Volumenlizenzen allem Anschein nach problemlos übertragen werden dürfen, verböten die Microsoft-Statuten, Lizenzen beispielsweise aus einem Enterprise-Agreement zu veräußern. Die Preise für die gebrauchten Microsoft-Lizenzen bewegen sich Disclic zufolge etwa 20 bis 40 Prozent unter den Neupreisen.

Auch in Deutschland bieten Firmen wie Susensoftware und Usedsoft seit geraumer Zeit Second-Hand-Lizenzen an. Die Händler berufen sich bei ihren Geschäften auf ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs von vor fünf Jahren, wonach der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz auch für Software gilt. Damit erlischt das Urheberrecht eines Herstellers in dem Moment, in dem er die Software zum ersten Mal verkauft. Der Weiterverkauf der Lizenzen ist damit grundsätzlich zulässig.

Die Usedsoft-Verantwortlichen versprechen potenziellen Käufern von Gebrauchtlizenzen ein Einsparpotenzial von teilweise bis zu 50 Prozent. Um den Handel für die Käufer abzusichern, bietet Usedsoft an, das Geschäft mit einem notariellen Testat zu zertifizieren, das die Rechtssicherheit der Übertragung gewährleisten soll.

Zunehmend bieten die Second-Hand-Händler auch Business-Software und Server-Produkte an. So finden sich auf der aktuellen Angebotsliste von Usedsoft zahlreiche Lizenzen von Microsofts zugekauften Navision-Lösungen. Auch die Namen im Katalog von Susensoftware lesen sich wie das Who-is-Who der Softwarebranche. Neben Datenbanklizenzen von Oracle stehen hier Business-Intelligence-Tools (BI) von Cognos, IBMs Tivoli-Produkte sowie zahlreiche SAP-Lizenzen.

Anbieter fürchten Einbußen

Diesen Herstellern ist der Handel mit gebrauchter Software indes ein Dorn im Auge, weil er auf Kosten des eigenen Lizenzgeschäfts geht. Daher versuchen sie, den neuen Kanal mit verschiedenen Restriktionen möglichst klein zu halten. So verlangt beispielsweise SAP von Käufern gebrauchter Lizenzen den Nachweis lückenloser Wartungszahlungen. Zeiträume ohne Supportvertrag müssen die Käufer nachzahlen. (ba)