Netscape hat das Nachsehen

Microsoft knüpft enge Bande zu Internet-Sender Pointcast

20.12.1996

Rund 1,7 Millionen registrierte Benutzer konnte die in Cupertino, Kalifornien, ansässige Pointcast Inc. innerhalb eines einzigen Jahres mit ihrem gleichnamigen Online-News-Service gewinnen. Etwa 40 Millionen PC-Benutzer frequentieren Pointcast Network täglich. Die Idee, einen Nachrichtendienst auf die Beine zu stellen, der Benutzer tagtäglich mit brandaktuellen Informationen über das Weltgeschehen rund um Politik, Sport, Wetter sowie Börsennotierungen und Schlagzeilen aus der "New York Times", von Reuters oder CNN versorgt, kommt an. Anders als gewöhnliche Informa- tionsanbieter im Netz der Netze, die darauf angewiesen sind, Benutzer manuell nach Pull-Art auf ihre Seiten zu locken, handelt es sich bei Pointcast um einen Pionier der sogenannten "Push-Methode": Der Anwender bekommt eine Software, die seinen Wünschen entsprechend konfiguriert wird und anschließend bei jedem Wählvorgang in das Pointcast-Netzwerk die zuvor selektierten Informationen direkt auf dem Desktop plaziert.

Kein Wunder also, daß auch der Redmonder Softwaregigant Microsoft am Erfolg der Kalifornier partizipieren will. Eine beschlossene Zusammenarbeit mit Point- cast garantiert, daß die Kalifornier einen "Kanal" für Microsoft freischalten, der unter anderem für die neueste Version des für Juni 1997 vorgesehenen Windows-Betriebssystems wirbt. Das Betriebssystem-Release andererseits soll im Rahmen der Aktion "Active Desktop" mit einem TV-ähnlichen Empfänger ausgestattet werden, der die Übermittlung von Nachrichten ê la Pointcast effektiver unterstützt. Darüber hinaus hat die Gates-Company angekündigt, Informationen von MSNBC, einem Joint-venture von Microsoft und dem Fernsehsender NBC, für Pointcast aufzubereiten. Gleichzeitig wird Pointcast in der für nächstes Jahr erwarteten neuen Version der Info-Software eine Verbindung zu Microsofts Browser "Internet Explorer 4.0" zusätzlich zu Netscapes "Navigator" integrieren. Bis dato verfügte das Paket ausschließlich über einen direkten Zugang zum Konkurrenzprodukt von Netscape. "Diese Zusammenarbeit ist das künftige Fundament im Internet-Broadcasting", schmückt sich denn auch bereits Brad Chase, Vice-President for Marketing bei Microsoft, mit fremden Federn.

Was Microsoft als "lukrativen Deal" bezeichnet, ist für den Rivalen Netscape ein Schlag ins Gesicht: Erst vor einem Monat hatte die Company um Firmengründer Marc Andreessen ein Abkommen mit Pointcast gefeiert, das den Nachrichtenservice zum Informations-Zulieferer für die kommende Broadcast-Applikation Netscapes, "Constellation", küren sollte. Dieser Deal ist nun, zumindest für Pointcast, endgültig passé.