Second-Hand-Lizenzen

Microsoft kämpft gegen Gebrauchtsoftware

12.08.2008
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Usedsoft verweist auf Erschöpfungsgrundsatz

Einhelliger Tenor der Richter aus Sicht von Usedsoft: Der urheberrechtliche Erschöpfungsgrundsatz, wonach der Rechteinhaber den weiteren Vertrieb eines Produktes nicht weiter reglementieren darf, wenn es einmal in Umlauf gebracht worden ist, dürfe nicht durch die Lizenzbestimmungen der Softwarehersteller eingeschränkt werden.

Inzwischen setzt Microsoft seine Haltung zum Usedsoft-Urteil in konkrete Schritte um: Verdächtige Produkt-Keys, die auf von Gebrauchtlizenzhändlern an Käufer übertragene Softwarelizenzen hinweisen, hat das Unternehmen gesperrt (siehe auch: "Microsoft sperrt Produkt-Keys"). Firmen hätten zur Aktivierung von Microsoft-Produkten identische Produktschlüssel verwendet. Dies sei ein deutlicher Hinweis darauf, dass Nutzungsrechte aus Volumenlizenzverträgen nicht regelkonform, sprich ohne Einwilligung von Microsoft, übertragen worden seien. Legitimiert sieht die Windows-Company ihr Vorgehen durch das besagte Urteil des OLG München.

Peter Schneider, Geschäftsführer Usedsoft: "Wir werden vor dem Bundesgerichtshof (BGH) für einen in vollem Umfang liberalisierten Softwaremarkt kämpfen."
Peter Schneider, Geschäftsführer Usedsoft: "Wir werden vor dem Bundesgerichtshof (BGH) für einen in vollem Umfang liberalisierten Softwaremarkt kämpfen."

Usedsoft will sich mit dem Urteil aus München nicht geschlagen geben. "Hier geht es auch ums Prinzip", erklärte Peter Schneider, Geschäftsführer des Münchner Händlers. "Wir werden es nicht hinnehmen, dass ein deutsches Gericht fundamentale Rechtsgrundsätze dermaßen missachtet. Wir werden vor dem Bundesgerichtshof (BGH) für einen in vollem Umfang liberalisierten Softwaremarkt kämpfen." Vorerst muss der Händler allerdings den Weg vor das höchste deutsche Gericht über eine Nichtzulassungsbeschwerde erzwingen. Das OLG hatte in seiner Urteilsbegründung die Möglichkeit einer Revision ausgeschlossen. "Für die Zulassung der Revision gibt es keine Gründe", heißt es in dem Schriftstück. "Die Rechtslage ist klar und eindeutig und bedarf weder einer Bestätigung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) noch durch den BGH." Angesichts der widersprüchlichen Urteilsbegründungen ist diese Einschätzung für viele Rechtsexperten jedoch nur schwer nachzuvollziehen. Usedsoft geht davon aus, dass es ein Jahr dauern könnte, bis die Revision zugelassen wird, und weitere zwei bis drei Jahre, bis ein Urteil des BGH vorliegt.

"Das Urteil hat besondere Auswirkungen vor allem für solche Anwender, die gebrauchte Microsoft-Volumenlizenzen im Einsatz haben oder diese gerade erwerben", lässt Microsoft durchblicken.

"Nur mit Zustimmung von Microsoft ist die Übertragung rechtens"

Dabei steht für den Konzern in erster Linie die Frage nach der Zustimmung im Mittelpunkt. Microsoft fordert, dass Händler und die beteiligten Verkäufer und Käufer für jede Lizenzübertragung das Einverständnis des Herstellers erfragen. Werde diese es nicht eingeholt, sei der Deal nicht rechtens, stellten die Rechtsexperten klar. Welche Konsequenzen das für die Kunden hat, ist noch nicht abzusehen. In der Vergangenheit habe man über 90 Prozent der Anfragen nach Lizenzübertragung zugestimmt, behaupten Microsoft-Vertreter. Außerdem werde man mit betroffenen Kunden in Dialog treten, um eine rechtmäßige Lizenzierung sicherzustellen.

Das könnte sich in Zukunft allerdings ändern. Die härtere Gangart Microsofts macht sich bereits bemerkbar. War in den alten Verträgen ein Widerspruch gegen die Übertragung der Lizenz nur aus triftigen Gründen möglich, schließen die Klauseln der aktuellen Verträge einen Weiterverkauf von vornherein aus. Versuche von Kunden, diesen Passus aus den Verträgen zu streichen, waren bis in die Konzernzentrale nach Redmond eskaliert worden.