Microsoft integriert Produktwelten für den Mittelstand

13.09.2005
Vom Buchhalter bis zum Lagerarbeiter: Die Gates-Company setzt auf rollenbasierende Lösungen.

Microsoft hat seine Mittelstandsstrategie überarbeitet. Der hausintern mit Firmengrößen zwischen 50 und 1000 Mitarbeitern definierte Markt umfasst rund 1,4 Millionen potenzielle Kunden und wird bislang von der IT-Branche nicht ausreichend bedient, stellt James Utzschneider, Chef der Microsoft-Sparte Small Midmarket Solutions and Partners, fest. Die bisherigen Mittelstandsangebote für ERP und CRM würden ihre Produktivitätsversprechen nicht einlösen, so sein Vorwurf. Diesen Mangel könnte man in Redmond aufgrund der breiten Produktpalette von Infrastruktur-, Office- und ERP-Software problemlos beheben.

Die Lösung liegt in zielgruppenorientierten Zuschnitten der Portfoliokomponenten beziehungsweise in "rollenbasierenden Desktops" etwa für den Buchhalter oder Lagerarbeiter, wie es jetzt auf Microsofts Business Summit 2005 in Seattle hieß. Rund 50 solcher Rollen hat man ausgemacht - sie werden in den künftig als "Dynamics" bezeichneten Standardlösungen der Geschäftssparte Microsoft Business Solutions abgebildet.

Das Rebranding der ERP-Pakete ist Teil einer Strategie, wonach die kaufmännischen und betriebswirtschaftlichen Programme des Herstellers in eine gemeinsame, auf .NET basierende ERP-Lösung überführt werden. Ganz nebenbei tut sich der Hersteller damit selbst einen großen Gefallen, denn er muss neue Features nicht mehr für jede einzelne Produktlinie entwickeln.

Bezüglich der Nomenklatur werden aus ERP-Produkten wie Axapta künftig "Dynamics AX" und aus Navision "Dynamics NAV". Die neuen Namen führt Microsoft ab diesem Jahr sukzessive mit der Freigabe der nächst größeren Produktversion ein. Den Auftakt machen im Herbst Dynamics CRM 3.0 und Dynamics GP, das bisherige Great Plains. Das Besondere an den Upgrades unterstrich Bill Gates auf der Veranstaltung: Mit Dynamics würde eine spezifische Softwarearchitektur eingeführt, die sich schrittweise über die gesamte Produktpalette des Hauses spanne. Gemeint ist eine deutlich tiefere Integration der drei Säulen ERP- und Office-Funktionen sowie Infrastrukturkomponenten, als dies bisher der Fall ist.

Dynamics in zwei Phasen

Insgesamt sind zwei Dynamics-Phasen vorgesehen, von denen sich die erste über den Zeitraum 2005 bis 2007 erstreckt. Sie umfasst neben rollenspezifischen Anwendungen auch Portal- und Workflow-Funktionen, die auf Microsofts Sharepoint-Programmen aufsetzen. Hinzu kommen aus dem SQL-Server-Umfeld stammende Business-Intelligence-Features.

Phase zwei beginnt ab 2008 und widmet sich der Konfiguration modularer Prozesse. Dazu ist auch der Aufbau von Prozessbibliotheken nach dem Best-Practice-Ansatz geplant. Hier kommen die Tools von Visual Studio .NET ins Spiel.

Eine Bereitstellung der Dynamics-Applikationen als Hosting-Service, wie es etwa Siebel und Salesforce.com vorführen, stellte Microsoft-CEO Steve Ballmer in Aussicht. Ein entsprechendes CRM-Angebot sei fester Bestandteil der Dynamics-Strategie und werde im nächsten Jahr veröffentlicht, hieß es in Seattle.

Im Gegensatz zu den mittelständischen Anwendungspaketen wird es im Bereich der Server-Software allerdings noch einige Zeit dauern, bis Microsoft entsprechende Angebote vermarkten kann. Das auf dem Business Summit vorgestellte Projekt "Centro" basiert auf dem für 2007 geplanten Windows-Nachfolger Longhorn und integriert diverse, für kleinere Firmen interessante Server-Komponenten. Im Vergleich zu den bisherigen Angeboten sollen sie sich durch eine extrem leichte Installation (Out of the Box) und eine sehr einfache Verwaltung auszeichnen. Vom Prinzip her seien die Bundlings mit dem aktuellen "Small Business Server" vergleichbar. Einige der mit Centro verknüpften Techniken werden neben Longhorn auch der Exchange-Server 12, der Internet Security and Acceleration Server sowie Komponenten aus Microsofts System-Management-Portfolio sein. (ue)