Web

Microsoft - Ihre künftige Telefongesellschaft?

03.03.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mitte Februar hat die US-Regulierungsbehörde FCC (Federal Communications Commission) entschieden, dass VoIP-Telefonate (Voice over IP) von PC zu PC keine Telefongespräche im klassischen Sinn sind. Betreiber entsprechender Dienste unterliegen damit nicht den strengen Auflagen klassischer Telekommunikationsdienstleister, die unter anderem die Verfügbarkeit des nationalen Notrufs 911 gewährleisten und sich an Fonds zur Erhaltung des Telefonnetzes in ländlichen Gebieten beteiligen müssen (Computerwoche.de berichtete).

Die Entscheidung kam aufgrund einer Petition des VoIP-Betreibers Pulver.com zustande und erregte bei Telekom-Konzernen in den USA nur wenig Aufsehen. Ein Grund dafür mag sein, dass Pulver.com lediglich 175.000 Kunden hat - eine im Vergleich zu Nutzern herkömmlicher Telefondienste geringe Zahl.

Nach Einschätzung von Blair Levin, Analyst bei Legg Mason, würde die Nutzung von PC-basierender Sprachkommunikation sprunghaft ansteigen, wenn sich Windows-Rechner mit einfachen Mitteln in VoIP-Geräte verwandeln ließen. Den Grundstein hat Microsoft bereits gelegt. Windows XP bringt die Unterstützung für das zur Internet-Telefonie benötigte SIP (Session Initiation Protocol) mit und auch entsprechende Server-Software hat der Hersteller im Portfolio. Der "Live Communications Server" (LCS) kam im August 2003 auf den Markt und wird von Analysten wie Levin als "Killer-Applikation" in Sachen Telefonie gehandelt. Er integriert neben VoIP-Telefonie den Windows Messenger und Microsoft Office und lässt sich so konfigurieren, dass ad hoc Verbindungen zwischen mehreren PCs gleichzeitig hergestellt werden

können.

Die Software ist bislang nicht sehr verbreitet. Ein Anwender ist nach Angaben von "BusinessWeek online" Siemens. Dort werden nach eigenen Angaben pro Telefonkonferenz mit vier Teilnehmern 30 Minuten Zeit und 95 Dollar eingespart, da sie unter anderem wesentlich schneller aufgesetzt ist als mit herkömmlichen Tools. Allerdings setzt der LCS die Installation der Office-Version 2003 voraus.

Wie stark der Bedarf nach Alternativen zur herkömmlichen Telefonie ist, zeigt der P2P-basierende (Peer to Peer) Dienst Skype. Der von Kazaa-Erfinder Niklas Zennstrom initiierte Service lässt sich weltweit kostenlos nutzen und verzeichnet bereits acht Millionen Downloads der Client-Software.

Im VoIP-Markt hat es Microsoft mit starken Konkurrenten wie Cisco und Avaya zu tun. Deren Systeme funktionieren PC-unabhängig. Demzufolge gibt sich Jorge Blanco, Vice-President for Marketing bei Avaya, gelassen. Er habe noch von keinem Unternehmen gehört, dass die vorhandene IP-Telefonieinfrastruktur gegen ein Microsoft-System austauschen wolle. (lex)