Microsoft goes Finance

01.11.2007
Von Jörg Plümacher
Der neue "Office Performancepoint Server 2007" ist solide aufgebaut und bietet eine integrierte Planung, erfüllt aber noch nicht alle Wünsche im Performance-Management.

Mit dem Performancepoint Server 2007 schafft Microsoft erstmals ein umfassendes Angebot für Corporate-Performance-Mana-gement (CPM). Dieser Begriff steht für Methoden und Kennzahlen, mit denen sich die Unternehmensleistung eines Betriebes messen, überwachen und steuern lassen soll. Entsprechende Softwarelösungen werden heute vor allem mit Werkzeugen für Analyse und Reporting (Business Intelligence) aufgebaut, oder es sind oft auf diesen basierende CPM-Anwendungen für Budgetierung, Planung, Konsolidierung und Monitoring. Insbesondere in Finanzabteilungen ist CPM heute ein Thema, doch dehnt sich das Einsatzgebiet langsam auf Anwendungsfelder wie die Lieferkette oder CRM aus.

Performancepoint Server in Kürze

Integrierte Performance-Management-Anwendung

integriert Planung, Budgetierung, Forecasting, Scorecarding, Dashboards, Analyse, Konsolidierung und Management-Reporting;

konsistente Daten und Regeln;

Microsoft-Office-Benutzerschnittstellen;

Benutzer können aus der vertrauten Microsoft-Office-Umgebung die Unternehmens-Performance überwachen, analysieren und planen;

ermöglicht allen Mitarbeitern, an Performance-Management-Prozessen teilzunehmen.

Flexible Modellierung durch Fachanwender.

Eingebaute Finanzintelligenz beschleunigt Implementierung.

Integration mit anderenGeschäftsanwendungen.

Plus/Minus

Umfangreiches Paket für Planung, Analyse und Monitoring;

komplexe Planungs- und Konsolidierungsanwendung;

umfangreiche eingebaute Finanzlogik;

gute Performance durch Skalierbarkeit;

Planung in Excel;

Offline-Planung möglich.

Integration von "Microsoft Dynamics NAV" und "Microsoft Dynamics AX";

von über 10 000 Betatestern vorab erprobt.

Keine Web-Oberfläche zur Eingabe der Plandaten;

neues Produkt, wenig Lösungen(analytische Anwendungen) vonDrittanbietern;

IT-Know-how für Implementierungnotwendig;

Regeln für die Berichterstattung nach US-GAAP, IFRS aber auch nach nationalen Vorschriften (HGB) müssen manuell angepasst werden;

keine umfassende Integration in operative Prozesse (isolierter Workflow);

noch keine Branchenlösungen, Templates oder Blueprints erhältlich.

Systemvoraussetzungen und Preise

Der Lizenzpreis des Performancepoint Server 2007 liegt bei 20 000 Dollar für den Server und 195 Dollar pro Benutzer (Client Access License). Letztere ist unabhängig von den genutzten Funktionen und der Größe der Installation. Volumenlizenzen werden je nach vereinbarter Anzahl wahrscheinlich günstiger sein. Die CPM-Software setzt den Datenbank-Server SQL Server 2005 in der "Standard Edition" voraus. Die integrierte Planungskomponente lässt sich indes nur mit der "Enterprise Version" der Datenbank sinnvoll nutzen. Die Integration in den Sharepoint Server 2007 ermöglicht neben der unmittelbaren Bereitstellung der Dashboards auch das Berechtigen, Freigeben und Versionieren. Im Einzelnen setzt Performancepoint folgende Produkte voraus:

Windows Server 2003 Standard Edition mit SP1 oder höher;

Microsoft Office 2003 plus Windows XP Professional mit SP2 auf dem Client (Voraussetzung für den Einsatz von Excel 2003 und des neuen Add-in);

alternativ: Microsoft Office 2007 (Excel 2007);

SQL Server 2005, Standard Edition mit SP2 oder höher (zum Planen benötigt man die Enterprise Edition);

Windows Installer 3.1 oder höher;

Microsoft .NET Framework 2.0;

Microsoft Internetinformationsdienste 6.0;

ASP.NET 2.0.

Für eine Integration in die Sharepoint-Portal-Technologie:

Windows Sharepoint Services (WSS) 3.0 oder

Microsoft Office Sharepoint Server (MOSS) 20

Hier lesen Sie ...

welche Möglichkeiten der Perfomancepoint Server 2007 für Planung, Konsolidierung und Reporting bietet;

wo die Stärken und Schwächen im aktuellen Release liegen;

welche Produkte Anwender für den Einsatz benötigen.

Microsoft entwickelt bisher in erster Linie BI-Infrastrukturtechnik als Bestandteil seiner Datenbank "SQL Server". Für das lukrative CPM-Segment, in dem sich neben traditionellen BI-Herstellern auch Größen wie SAP und Oracle tummeln, gab es hingegen nur einzelne Tools wie den "Business Scorecard Manager 2005" und den zugekauften Analyse-Server vom Anbieter Proclarity. Dies soll sich mit dem Performancepoint Server nun ändern. Anders als manche Konkurrenten, deren Produkte auf Zukäufen beruhen, musste Microsoft keine Altlasten übernehmen, sondern konnte eine von Grund auf integrierte Umgebung schaffen. Sie enthält folgende CPM-spezifische Komponenten für Planung, Budgetierung, Forecasting und Konsolidierung:

"Planning Business Modeler", ein Modellierungswerkzeug, mit dem Anwender das Planungsmodell, die gesamte Geschäftslogik und Prozessinformationen definieren;

"Planning Add-in for Excel", eine Excel-Erweiterung zur Eingabe der Plandaten und Erstellung von Formularen;

"Dashboard Designer", mit dem sich Scorecards erstellen und Auswertungen in einem Dashboard einfügen lassen.

Planung neu entwickelt

Bereits Anfang 2004 gab es Gerüchte über eine Planungs- und Konsolidierungs-Anwendung mit dem Namen Biz#. Die Herausforderung für Microsoft in diesem Bereich: Planungssoftware wird nicht durch die IT bedient, sondern durch die Fachabteilung. Es kommt daher vor allem auf Bedienungsfreundlichkeit und Integration in die gewohnte Arbeitsumgebung an. Microsoft wandert hierbei auf einem schmalen Grat, da es einerseits eine intuitive Bedienung verspricht, andererseits den Anwendern aber hohe Freiheitsgrade bei der Anpassung der Umgebung einräumt. Anders gesagt: Je komplizierter die Planungslösungen, desto höher muss der Schulungsaufwand für den Fachanwender veranschlagt werden.

Unterstützung im Planungsprozess

Das Sammeln von Plandaten für den Planungsprozess ist oft aufwändig, da Fachabteilungen Planungsformulare an alle Beteiligten verteilen und die zurückgelieferten Plan-, Budget- oder Forecast-Daten konsolidieren müssen. Genau hier liegt die Stärke von Performancepoint: Die Software generiert die Planungsformulare automatisch unter Berücksichtigung des Planungszeitraums und der Benutzerberechtigung, verteilt sie und ermöglicht ihre Nachverfolgung. Dabei lassen sich Ist-Daten, beispielsweise der vorangegangenen Perioden, neben Eingabespalten für die Plandaten anzeigen. Dies gibt dem Anwender eine bessere Grundlage für seine Planung. Als Eingabeoberfläche dient das neue Excel-Add-in, das neben vertrauten Excel-Funktionen wie Formeln zusätzlich solche wie das Spreading bietet, also die Verteilung von Daten auf eine feinere Detailebene. Auch der Abnahmeprozess inklusive Freigabe oder Bearbeitung erfolgt in der gleichen Umgebung. Das Add-in lässt sich mit Office 2003 (Excel 2003) nutzen, wenn als Client-Betriebssystem Windows XP, SP2 installiert ist. Alternativ ist das Add-in für Office 2007 (Excel 2007) geeignet, mit dem einzigen Unterschied, dass bei dieser Kombination zusätzlich die Formatvorlagen von Performancepoint für das Layout der Excel-Tabellen nutzbar sind. Die Speicherung der Plandaten erfolgt ausschließlich zentral auf dem Performancepoint Server. Ein Web-Client für die Eingabe der Plandaten fehlt bisher.

Stärken bei der Modellierung

Die größte Stärke von Performancepoint ist aber nicht die Excel-Integration, sondern das Tool Planning Business Modeler. Mit ihm erstellen und bearbeiten Anwender ihre Planungsmodelle. Dazu können sie standardisierte Planungsmodelle mit vordefinierten Dimensionen und Geschäftslogik heranziehen, die bereits im Produkt enthalten sind. Hierzu gehören Finanzmodelle mit eingebauter Logik zur Eliminierung von Innenbeziehungen oder Annahmemodelle zur Hinterlegung von Währungsumrechnungen und Preislisten. Innerhalb der Modelle findet sich zum Beispiel eine umfangreiche Kontenlogik. Sie kennt über 40 unterschiedliche Kontentypen, um beispielsweise Bestands- oder Flusskonten korrekt behandeln zu können. Auch eine Währungsumrechnung, Regeln zur Eliminierung von Innenbeziehungen oder für die Kapitalkonsolidierung sowie ein rudimentärer Workflow (Abnahme und Eskalation) sind vorhanden. Aus den so erstellten Modellen lassen sich dann per Knopfdruck im Business Modeler die Planungs-Cubes erstellen.

Bei der Planung räumt Microsoft dem Benutzer große Freiheiten ein. So kann er für jedes Modell Dimensionen wie Konten, Produkte, Zeit, Währungskurse, Szenarien und Konsolidierungsmethode frei wählen, das Modell leicht anpassen und mit Daten befüllen. Dies nützt den Fachabteilungen, die so unmittelbar von der Planung profitieren.

Handarbeit bleibt nötig

Neben der manuellen Eingabe der Stammdaten ist zudem eine vollautomatische Befüllung der Daten aus Vorsystemen möglich. Alternativ können Modelle hierarchisch aufgebaut werden, um Einzelplanungen automatisch zur Gesamtplanung zu verdichten. Finanzberichte sind nach internationalen Rechnungslegungsstandards wie US-GAAP, IFRS oder HGB möglich. Dies erfolgt allerdings nicht automatisiert, sondern die Regeln müssen manuell angepasst werden. Gleiches gilt für den Konsolidierungsprozess, dessen Implementierung ebenfalls Anpassungen erforderlich macht.

Monitoring und Analyse

Die Planungsumgebung hat funktional keine Gemeinsamkeiten mit der von Performancepoint gebotenen Komponente "Dashboard Manager", die zum Aufbau von Frontends zur Überwachung, Analyse und dem Reporting der Geschäftszahlen dient. So setzt die Planungskomponente als Datenbasis die "SQL Server Analysis Services 2005" der Datenbank SQL Server voraus. Diese dienen der Datenaufbereitung durch Online Analytical Processing (Olap) und Data Mining und generieren bei der Nutzung von Performancepoint aus den Ist- und Plandaten spezielle Cubes für die Planung. Künftig soll es zudem möglich sein, Planungsmodelle aus den eigenen ERP-Produkten "Microsoft Dynamics NAV" (vormals Navision) und "Microsoft Dynamics AX" (vormals Axapta) in Performancepoint zu importieren.

Mit dem Dashboard Manager können Anwender hingegen Kennzahlen, einzelne oder miteinander verknüpfte Scorecards und Strategy Maps sowie die eigentlichen Dashboard-Oberflächen erstellen und verwalten. Die Komponente wurde nicht komplett neu entwickelt. Es handelt sich vielmehr um eine Weiterentwicklung des bisherigen Business Scorecard Manager 2005 (BSM). Sie lässt sich im Vergleich zu diesem wesentlich schneller konfigurieren und zeigt erstmals neue Versionen einer Scorecard unmittelbar in einer Vorschau an.

Dashboards aufbauen

Das Tool bedarf keiner separaten Installation und ist einfach zu bedienen. Dennoch lassen sich mit ihm selbst anspruchsvolle Web-Seiten aufbauen, die neben den Scorecards auch Tabellen, Diagramme und Analysen beinhalten. Das Ergebnis wird über den "Microsoft Office Sharepoint Server" oder andere Web-Anwendungen bereitgestellt.

Anders als die Planungskomponente kann Dashboard Manager nicht nur die SQL Server Analysis Services 2005 anzapfen, sondern auch Excel-Dateien, Listen aus dem Microsoft Office Sharepoint Server (MOSS) sowie über die ODBC-Schnittstelle weitere Datenbankinhalte. Eine noch aus den Vorabversionen von Performancepoint bekannte Schnittstelle zum "SAP Business Information Warehouse" (SAP BW) ist in der vorliegenden ersten Version nicht mehr enthalten, soll aber laut Microsoft in Kürze in einem "Service Pack" folgen. Und noch ein Unterschied findet sich: Während das Planungsmodul Excel für die Darstellung der Ergebnisse nutzt, kombiniert Microsoft für die Auswertung und Darstellung der Geschäftsinformationen im Dashboard Manager seine im SQL Server integrierten Berichtsfunktionen "Reporting Services" mit einem Teil der Analyse- und Reporting-Funktionen von Proclarity. Anwender mit weitergehenden Anforderungen bei der Datenaufbereitung müssen zusätzlich den "Proclarity PAS Server" installieren, für den der Hersteller eine Lizenz beigelegt hat. (as)