Verschiedene Klagen wegen wettbewerbsrechtlicher Vergehen

Microsoft gerät von allen Seiten unter Beschuß

17.10.1997

Zu den Kombattanten zählen nun auch die obersten Rechtsvertreter von Connecticut, New York, Kalifornien und Minnesota. Connecticuts Chefankläger Richard Blumenthal sagte, die Untersuchung sei aufgrund von Beschwerden aus der Geschäftswelt und von Konsumenten initiiert worden, Microsoft könne "möglicherweise den Markt monopolisieren oder dies zumindest versuchen".

Das US-Justizministerium hat derweil begonnen, Microsofts Geschäftstätigkeit bezüglich der Übernahme von Firmen zu untersuchen, die sich im Segment der sogenannten Video-Streaming-Technologie hervorgetan haben. Mit ihr sollen digitale Videodaten möglichst schnell über das WWW verteilt werden können.

Feuer auch von Verbraucherorganisation

Microsoft möchte die Vxtreme Inc. übernehmen. Vxtreme entwickelt Produkte zur Videoübertragung in Echtzeit via Internet. Die Softwerker aus Redmond hatten im Oktober 1996 bereits am Vxtreme-Wettbewerber Vdonet Corp. einen fünfprozentigen Anteil erworben und im Juli dieses Jahres zehn Prozent von Progressive Networks Inc. übernommen. Progressive produziert Software zur Übertragung von Ton- und Videodaten via Internet. Das Justizministerium (Department of Justice) befürchtet nun, Microsoft könne mit dem neuerlichen Firmenkauf eine marktbeherrschende Rolle bei Audio- und Videotechnologien für das Internet erlangen.

Microsoft kommt nun aber auch noch von einer dritten Seite unter Feuer: Der in den USA allseits bekannte Consumer-Schutzanwalt Ralph Nader hat für den 13. und 14. November 1997 - also direkt vor der Computermesse Comdex in Las Vegas - eine Konferenz anberaumt, die ohne Bösartigkeit als Anti-Microsoft-Veranstaltung angesehen werden kann. Sprecher bei dieser Veranstaltung sind unter anderem der Vorstandsvorsitzende von Sun Microsystems Scott McNealy, Netscapes oberste Justitiarin Roberta Katz sowie Gary Reback.

Reback hat Berühmtheit weit über den US-amerikanischen Raum hinaus erlangt. Er vertrat als Rechtsanwalt die Interessen verschiedener Computerunternehmen gegen Microsoft, als die Gates-Company ab 1990 zunächst von der US-Kartell-rechtsbehörde Federal Trade Commission (FTC) beobachtet und ab 1993 Gegenstand der Untersuchungen des Justizministeriums wurde. 1994 hatte die US-Behörde mit Microsoft einen wegen seiner Laxheit weithin kritisierten Consent Decree abgeschlossen.

Sun hat Microsoft gerade erst wegen der Art und Weise verklagt, wie es die von Sun in Lizenz genommene Java-Technologie in seinem Internet-Browser "Explorer" benutzt (siehe Seite 1). Reback ist momentan unter anderem für Netscape gegen Microsoft tätig.

Nader hat Gates schriftlich zur Teilnahme an der Konferenz eingeladen. Microsoft, schrieb Nader weiter in seinem Brief an Gates, sei normalerweise unbedingt ein Kandidat für Antitrust-Aktionen. Allerdings müßten die zuständigen Behörden gewillt sein, sich hierzu auf den neuesten Informa- tionsstand zu bringen und ein entsprechendes Verfahren auch durchzuziehen. Das sei unter anderem eine Frage der Ressourcen.