Microsoft forciert Business-Web-Dienste

13.06.2006
Der Konzern plant Internet-Services für Firmen, bringt ein Supercomputing-Windows heraus, macht Office zum ERP-Client und bereitet Antiviren-Tools für Unternehmen vor.

Nachdem Chief Technology Officer Ray Ozzie im Herbst 2005 vehement an die Microsoft-Führung appelliert hatte, ein eigenes Geschäftsmodell für Software-as-a-Service (SaaS) auf die Beine zu stellen, oblag es dem Manager nun, die künftige Strategie des Softwarekonzerns zu erläutern. Waren die bisherigen SaaS-Aktivitäten rund um das Internet-Portal "Windows Live" eher auf private Konsumenten gemünzt, adressierte Ozzie in seiner Rede auf der Konferenz "Teched" in Boston nun die Geschäftskunden. Demnach plant die Gates-Company, Firmen einen Umstieg vom heutigen Client-Server-Modell auf eine auf Internet-Diensten basierende Umgebung zu ermöglichen beziehungsweise den gleichzeitigen Aufenthalt in beiden IT-Welten zu gestatten. Dazu zähle beispielsweise ein Identity-Management, bei dem Benutzerprofile von Internet-Sites und den Active-Directory-Installationen in den IT-Umgebungen gemeinsam genutzt werden können.

Teched in Kürze

• Microsoft will neben Consumer-Services On-Demand-Lösungen für Firmen auflegen. Mietprodukte sollen sich nahtlos mit installierten Microsoft-Programmen kombinieren lassen.

• "Exchange 2007" liefert bessere E-Mail-Suche für mobile Nutzer und gleiches Look and Feel auf Smartphones und Desktops.

• "Windows Compute Cluster 2003" kommt im August auf den Markt. Die Kosten beginnen bei 496 Dollar pro Node.

• "Office Sharepoint Server" gestattet mittels "Line of Business Interoperability" den Office-Zugriff auf Business-Applikationen.

• "Dynamics NAV 5.0" wird erstes unter Windows Vista verfügbares ERP-System.

• "Dynamics AX 4.0" ist verfügbar. Unicode-Support, Web-Services-Funktionen, ein Office-ähnliches Benutzer-Interface und die RFID-Integration zählen zu den Neuerungen.

Suche im Web und im Sharepoint

Dass sich schon heute eine Brücke zwischen dem Web und der unternehmensinternen DV schlagen lässt, demonstrierte der CTO mit der Suchmaschine "Windows Live Search". Damit kann der Nutzer Informationen im Internet, auf der PC-Festplatte, im Repository des "Office Sharepoint Server" sowie in Business-Applikationen ausfindig machen.

Microsofts Ambitionen im Internet sind eine Antwort auf die Wettbewerber Google und Yahoo, die im Vergleich zu den eigenen Web-Aktivitäten weit mehr Bedeutung haben. Sie sind darüber hinaus auch der Versuch, Geschäftskunden an sich zu binden, damit diese sich nicht wie bisher bei Anbietern wie dem CRM-Vermieter Salesforce.com bedienen.

Neben diesen eher visionären Ansätzen präsentierte Microsoft dem Teched-Publikum auch Handfestes wie die "Windows Compute Cluster Server 2003". Das Produkt soll im August für Kunden erhältlich sein. Der Hersteller hofft, die Software zum Bau von Supercomputing-Clustern nicht nur an Forschungseinrichtungen, sondern auch an Abteilungen in Unternehmen verkaufen zu können. Dazu sollen Unternehmen aus dem Finanzwesen sowie Firmen zählen, die für Business-Intelligence- und Data-Mining-Systeme viel Rechenleistung benötigen. Bisher konnte der Konzern mit Windows nicht in den Hochleistungsbereich vordringen, der von Unix-Systemen dominiert wird. Vielmehr hat sich das Microsoft-Betriebssystem auf Abteilungs-Servern breit gemacht, wo jedoch Linux immer beliebter wird.

496 Dollar proNode

Windows Compute Cluster Server 2003 kombiniert das Betriebssystem mit einem "Message Passing Interface "(MPI) und einem Job-Scheduler des Partners Platform Computing. Eine Reihe von Computerherstellern hat bekannt gegeben, Rechner gemeinsam mit dieser Software auszuliefern, darunter Cisco, IBM, Hitachi und Hewlett-Packard. Die Preise beginnen bei 496 Dollar pro Node, wobei ein Knoten vier Prozessorkernen entspricht. Zwar hätten laut Hersteller Testkunden Umgebungen mit mehreren hundert Rechnerknoten errichtet, in der Praxis dürfte sich die Anzahl jedoch zwischen vier und 64 einpendeln.

Hatte das Produkt "Office Sharepoint Server" bisher eher die Aufgaben des Dokumenten-Managements sowie der Steuerung von Teams übernommen, versucht Microsoft das Produkt nun als Frontend für Geschäftsapplikationen zu positionieren. Über "Line of Business Interoperability" für Sharepoint (kurz "Lobi") können Anwender über ein Office-Programm auf Daten und Prozesse verschiedener Business-Applikationen zugreifen. Dieser Schritt reiht sich in Microsofts Initiative ein, Office als Benutzeroberfläche für geschäftskritische Applikationen aufzuwerten - der Konzern spricht hier von "Office Business Applications". Dazu zählt auch die Zusammenarbeit mit SAP: Beide Firmen bringen Ende Juni das gemeinsame Produkt "Duet" (vormals "Mendocino") auf den Markt. Es gestattet ähnlich wie Lobi den Zugriff via Office auf Mysap-ERP-Funktionen, setzt aber auf anderen Techniken auf. Detailverbesserungen gibt es darüber hinaus für Exchange. Die Edition 2007, die Ende dieses Jahres oder Anfang 2007 erscheinen soll, präsentiert sich auf mobilen Geräten im gleichen Look and Feel wie auf dem Desktop über Outlook beziehungsweise Outlook Web Access. Mobile Nutzer erhalten ferner bessere Funktionen zum Suchen nach E-Mails.

Im nächsten Jahr will Microsoft eine Antiviren- und Anti-Spyware-Lösung für Unternehmen auf den Markt bringen. Das Server-gestützte Produkt "Forefront Client Security" befindet sich derzeit im Betatest. Forefront wird mit dem Active Directory gekoppelt sein. Die Integration erleichtert es Firmen, Sicherheitsrichtlinien durchzusetzen, verspricht der Softwarekonzern. (fn)