Teilerfolg im Rechtsstreit mit Sun

Microsoft feilt an der Strategie für das Berufungsverfahren

09.06.2000
MÜNCHEN (CW) - Kurz vor der erwarteten Urteilsverkündung im Washingtoner Antitrust-Prozess trafen beide Parteien bereits Vorbereitungen für ein Berufungsverfahren. In einem Rechtsstreit mit Sun konnte Microsoft unterdessen einen Teilerfolg erringen.

Die jüngsten Stellungnahmen von Vertretern der Kläger und der Verteidigung brachten in der Sache wenig neue Erkenntnisse. Vielmehr scheint es beiden Parteien nun darum zu gehen, möglichst günstige Bedingungen für ein Berufungsverfahren zu schaffen. Nur so ist nach Ansicht von Prozessbeobachtern zu erklären, dass die Kläger - das US-Justizministerium und 19 Bundesstaaten - auf eine neuerliche Eingabe Microsofts zu den Zerschlagungsplänen noch einmal antworteten.

Einige der Vorschläge des Softwareherstellers "scheinen sinvoll zu sein", hatte eine Sprecherin der US-Justiz zuvor erklärt. Die Kläger wollten mit diesen Maßnahmen verhindern, dass ihnen Microsoft in einem Berufungsverfahren vorwirft, die eingebrachten Vorschläge nicht ausreichend geprüft zu haben, heißt es in Justizkreisen.

In einem 27-seitigen Papier wich das US-Justizministerium dann jedoch nur geringfügig von den ursprünglichen Plänen ab. Dabei ging es oft nur um Begriffsdefinitionen. Die wesentlichen Forderungen - eine Zweiteilung Microsofts und strenge Auflagen zur Geschäftstätigkeit - blieben bestehen. Eine Aufspaltung befürworten 17 der 19 klagenden Bundesstaaten. Abgelehnt wurde beispielsweise der Wunsch Microsofts, die Auflagen nicht für die Dauer von zehn, sondern lediglich für vier Jahre zu verhängen. Die Verteidiger verlangten darüber hinaus eine Vorbereitungszeit von einem Jahr statt vier Monaten für die Vorlage eines Aufspaltungsplans. Auch diese Forderung lehnten die Staatsanwälte ab.

Microsoft fühlt sich unfair behandeltMicrosoft wird seinerseits nicht müde, die Vorschläge des Justizministeriums als schlampig vorbereitet und realitätsfern zu bezeichnen. Einige Aussagen von Microsoft-Vertretern deuten zudem darauf hin, dass der Konzern in einem Berufungsverfahren auch das Vorgehen des Gerichts bei der Diskussion des Strafmaßes ins Visier nehmen wird. "Wir glauben weiterhin, dass wir eine umfassende und faire Gelegenheit erhalten hätten müssen, um auf den Vorschlag der Regierung zu reagieren", sagte Microsoft-Sprecher Mark Murray.

Nach den bis Redaktionsschluss vorliegenden Informationen sollte Microsoft noch in dieser Woche eine letzte Stellungnahme einreichen. Die CW berichtet online unter www.cowo. de über die aktuelle Entwicklung im Kartellprozess.

In einem Rechtsstreit mit dem Rivalen Sun Microsystems konnte Microsoft unterdessen einen Teilerfolg erringen. Richter Ronald Whyte vom US-Bezirksgericht in San Jose wies eine Forderung von Sun Microsystems vorläufig ab, derzufolge Microsoft 35 Millionen Dollar Schadensersatz zahlen sollte. Sun hatte den Konkurrenten beschuldigt, Teile des Java-Programmcodes auf seiner Website veröffentlicht und damit gegen Lizenzvereinbarungen verstoßen zu haben.

Die juristischen Auseinandersetzungen zwischen den Unternehmen schwelen bereits seit 1996. Sun hat Microsoft unter anderem vorgeworfen, in seinen Produkten eine Java-Version mit proprietären Erweiterungen zu verwenden, um damit den eigenen Windows-basierten Anwendungen Vorteile zu verschaffen.