DV-Geschichte(n) von 1974 bis 1999

Microsoft erhält die gelbe Karte

09.07.1999

Wenn Großunternehmen die Handlungsfähigkeit anderer Firmen unterminieren, eröffnen US-Behörden ein Verfahren, das in der Regel mit einer schriftlichen Übereinkunft von Firma und Staat endet, dem "Consent Decree". Dieser Art gelber Karte würde im Zweifelsfall die rote in Form einer Zerschlagung des Unternehmens folgen. Die Verwarnung erhielt im Juli 1994 Microsoft.

Bill Gates war wohl überrascht, hatten die Behörden doch ein Jahr zuvor Beschränkungen eines Consent Decree mit IBM gelockert. Und drei Jahre lang hatte die Federal Trade Commission gegen Microsoft ermittelt, den Fall jedoch Anfang 1994 zu den Akten gelegt. Aber jetzt schaltete sich das US-Justizministerium ein. Eine neue Klage bemängelte vor allem Microsofts Forderung an PC-Hersteller, eine Lizenzgebühr für jeden PC zu zahlen, selbst wenn sie ein Betriebssystem eines anderen Anbieters installierten. Anlaß bot ferner, daß Microsoft anderen Firmen nur dann Einblick in Entwicklungsprojekte gab, wenn sie Verträge unterzeichneten, die es ihnen auf Jahre hinaus unmöglich machten, Konkurrenzprodukte herzustellen.

Der Consent Decree von 1994 stellte unter anderem Regeln für das "Bündeln" von Produkten auf. Doch 1997 entschloß sich Gates, Windows 95 und den Internet Explorer zu verknüpfen. Microsofts monopolartige Machtstellung bei Betriebssystemen verbaue ihnen jetzt auch Geschäfte im Segment Internet, klagten viele Softwarefirmen. Die Justizbehörde leitete wegen Verletzung des Consent Decree das Verfahren ein, das heute die Gerichte beschäftigt. Microsoft droht die rote Karte.