Windows NT erscheint erst Anfang 1993

Microsoft entwickelt für Apples und IBMs gemeinsamen Power-PC

24.07.1992

SAN JOSE (CW) - Trotz des vierjährigen Urheberrechts-Streits um das "Look and Feel" der Macintosh-Benutzeroberfläche haben die Apple Computer Inc. und die Microsoft Corp. eine technologische Zusammenarbeit vereinbart. Der für Anwender wichtigste Punkt der Übereinkunft: Microsoft wird Programme für den Power-PC entwickeln, einen neuen RISC-Rechner, den Apple und IBM gemeinsam entwickeln. Der Computer, der im nächsten Jahr auf den Markt kommen könnte, baut auf einer Ein-Chip-Ausführung des RISC-Chip-Satzes auf, der IBMs RS/6000-Workstation antreibt.

Apple hat sich dagegen bereit erklärt, seine Datenbank-Abfragesprache "Data Access Language" (DAL) an die Normen von Microsofts SQL-System "Open Database Connectivity" (ODBC) anzupassen. ODBC ermöglicht es Anwendern unterschiedlicher Rechnersysteme, Datenbank-Informationen im Netz miteinander auszutauschen Beide Unternehmen erklärten, das Abkommen habe keinen Einfluß auf den Urheberrechtsprozeß, den Apple gegen Microsoft angestrengt hat.

Die Macintosh-Macher werfen der Bill-Gates-Firma vor, einzelne Merkmale und das allgemeine "Look and Feel" der Macintosh- Benutzeroberfläche "Finder" in die DOS-Erweiterung "Windows" kopiert zu haben. Kürzlich hatte das zuständige Gericht die meisten der Apple-Vorwürfe zurückgewiesen.

Parallel zu dieser Ankündigung führte die Microsoft Corp. neue Ausgaben von drei ihrer Macintosh-Programme ein: Mail 3.1, Project 3.0 und Works 3.0.

Nicht ganz so günstig wie die Zusammenarbeit mit Apple entwickelt sich Microsofts neues Betriebssystem "Windows NT". Jochen Haink, der Geschäftsführer der Microsoft GmbH, sagte auf einer Pressekonferenz in München, daß NT erst Anfang 1993 erscheinen werde. Bisher war die zweite Hälfte von 1992 als Termin für die Markteinführung im Gespräch. Damit könnte sich der Marketing-Vorsprung von IBMs OS/2 2.0 auf ein Jahr ausdehnen.

Auf der Win32 Professional Developers Conference, die Anfang Juli in San Franzisko stattfand, hat Microsoft vor rund 4000 Entwicklern eine Beta-Version des neuen Betriebssystems vorgestellt. Alle Teilnehmer des Treffens würden ein vorläufiges "Win32 API Software Developer's Kit" (SDK) für Intel- und Mips-Prozessoren erhalten, heißt es in einer Pressemitteilung.

Diese Beta-Fassung verfügt aber laut einer Computergram-Meldung nicht über die vollständige Netzwerk-Unterstützung, auch laufen keine DOS-, Windows- und Unix-Anwendungen unter der Vorversion. Microsoft erklärte ferner, daß für die NT-SDK-Betaversion auch ein 32-Bit-C+ +- Compiler erhältlich sei. Über 100 Softwarehersteller würden derzeit mehr als 140 Entwickler- Pakete für Windows NT anbieten.