Business-Software

Microsoft bringt Navision-Nachfolger Dynamics NAV 2009

19.11.2008
Von 
Vice President Software & SaaS Markets PAC Germany
Ab Dezember ist das ERP-Produkts Dynamics NAV 2009 verfügbar. Punkten soll das System mit einem neuen, auf Benutzerrollen abgestimmten Client, integrierte Berichts- und Analysefunktionen sowie Web-Services-Unterstützung. Der technische Unterbau der Business-Applikation löst die Navision-Technik ab.

Bereits seit einiger Zeit arbeitet Microsoft an dem Produkt, musste dessen Freigabe aber wegen technischer Herausforderungen um ein Jahr verschieben. Anspruchsvoll war die Entwicklung deshalb, weil der Hersteller die bisherige Navision-Technik, bei der viele Funktionen auf dem Client ausgeführt werden, auf einen neu geschaffenen Applikations-Server verlagert wurde.

Die für den Anwender augenfälligsten Neuerungen sind das neue Frontend ("Role tailored Client") und die für alle Nutzer verfügbaren Reporting-Funktionen. Der Client blendet für den jeweiligen Benutzer nur die Daten und Funktionen ein, die er für seine Aufgaben benötigt. Microsoft hat in dem ERP-System 21 Benutzerrollen vordefiniert. Diese Rollen können Anwender beziehungsweise Microsoft-Partner anpassen. Dies wird auch nötig sein, denn die Rollen sind generisch, so dass insbesondere für Branchenlösungen der Partner neue Rollen erforderlich sind.

Laut Microsoft existieren weltweit 64 Branchenanwendungen von Partnern, die auf Dynamics NAV 2009 lauffähig sind. Grafik: Prisma informatik
Laut Microsoft existieren weltweit 64 Branchenanwendungen von Partnern, die auf Dynamics NAV 2009 lauffähig sind. Grafik: Prisma informatik
Foto: Microsoft

Ein Einkaufssachbearbeiter im Unternehmen erhält Microsoft zufolge zum Beispiel einen Überblick über anstehende und fällige Bestellungen, Einkaufsanfragen, Reklamationen und -gutschriften und eine Kreditorenübersicht. Ferner werden ihm fällige Einkaufsrechnungen angezeigt sowie Berichte angeboten. Häufig verwendete Funktionen kann sich der Anwender in der an Microsoft Office 2007 erinnernden "Ribbon Bar" hinterlegen. Nach Angaben des Herstellers soll das neue Client-Konzept Anwender produktiver machen und darüber hinaus vor allem neuen ERP-Nutzern den Einstieg ohne viel Schulungsaufwand erlauben.

Die Berichte stammen aus dem unterliegenden SQL Server sowie den darauf aufsetzenden SQL Server Reporting Services und SQL Server Analysis Services. Neben den ebenfalls hinterlegten Reports sollen Anwender in der Lage sein, eigene zu erzeugen und innerhalb der ERP-Oberfläche zur Verfügung zu stellen.

Vor der Freigabe des Produkts hatten Microsoft-Partner im Rahmen des Technical Adaption Programm (TAP) insgesamt acht Kunden mit Dynamics NAV 2009 ausgestattet, darunter die auch in Deutschland aktive Partnerfirma Tectura. Die Pilotprojekte wurden intensiv von Microsoft betreut. Tectura hatte die eigene NAV-Lösung "Tectura Prozessfertigung" für die Chemiebranche nebst einem Zusatzbaustein für das Qualitäts-Management auf die neue Applikation konvertiert und bei dem Anwenderunternehmen D.M. Ingredients GmbH aus Ibbenbüren erfolgreich zum Laufen gebracht. Der größte Teil des Quellcodes ließ sich über Tools automatisch umsetzen, an manchen Stellen war Handarbeit erforderlich. Modifikationen waren auch bei den vordefinierten Benutzerrollen vonnöten. Beispielsweise mussten Tectura-Spezialisten ein Frontend der Chemiebranchensoftware für einen Labormitarbeiter erzeugen. Andere vorgegebene Rollen waren an die speziellen Bedürfnisse des Anwenders anzupassen. Über die Web-Services-Features des neuen ERP-Systems wurde eine elektronische Waage angekoppelt. Nach Aussage von Microsoft existieren weltweit 64 Branchenanwendungen von Partnern, die auf dem neuen Release lauffähig sind.

Microsoft muss einerseits neue Kunden von der ERP-Lösung überzeugen, andererseits aber auch die Bestandskunden, von denen noch viele ältere Versionen des Produkts nutzen. Neben der Softwareumstellung bedeutet dies für so manches Unternehmen, eine neue Server-Hardware anschaffen zu müssen. Vor allem die Kunden betrifft dies, die vor einigen Jahren Navision installiert haben. Die Clients werden eher entlastet, da die Geschäftslogik auf dem Server abläuft. Mehr Server-Leistung ist wegen des neuen Applikations-Servers sowie wegen des SQL Server erforderlich. Das relationale Datenbanksystem beansprucht mehr Rechnerkapazität als die native Datenbank "C/Side". Wer die neuen Reporting-Funktionen sowie den neuen Client nutzen will, kommt um den SQL Server nicht herum. Gleichwohl lässt sich auch die neue ERP-Software mit C/Side unter Verzicht der Neuerungen nutzen. Der Umfang der Softwaremigration hängt davon ab, wie sauber das Altsystem aufgesetzt wurde (siehe Artikel "Spagat zwischen altem und neuem ERP").