I-Forum 2003: Einblicke in den neuen Metaframe-Server

Microsoft braucht Citrix für Office 2003

07.11.2003
Citrix will weg vom Thin-Client-Image. Stattdessen hat das Unternehmen auf der Fachkonferenz I-Forum 2003 in Orlando, Florida, den Fokus auf seine neue "Access"-Strategie für den universellen Anwendungszugriff gelenkt. Vom Wolfgang Miedl*

"Universeller Zugriff auf Unternehmensanwendungen und Daten zählt heute in der IT zu den großen Versprechen, die nur selten eingelöst werden", stellte Citrix-CEO Mark Templeton in seiner programmatischen Ansprache fest. Zu den Hindernissen zählen dabei vor allem die Plattformvielfalt, wechselnde Netzwerkanbindungen sowie Sicherheitsanforderungen. Citrix verspricht mit seiner neu ausgerichteten Access-Strategie, jede Art von Anwendung auf unterschiedlichsten Plattformen auf praktisch jedem Endgerät bereitzustellen. Nach wie vor dreht sich dabei aber fast alles um das klassische Kernprodukt "Metaframe XP Presentation Server". Die meisten Kunden nutzen diesen für die Server-gestützte Verteilung von Windows-Anwendungen auf PC-Desktops und Thin Clients. Allerdings hat das Unternehmen in jüngster Zeit eine Reihe von Zusatzprodukten herausgebracht, die beispielsweise Sicherheits-Features und Single-Sign-on für alle Unternehmensanwendungen ermöglichen.

In Branchenkreisen wurden Citrix und die Bedeutung seiner Produkte schon mehrfach abgeschrieben. Spätestens seit Microsoft seinen eigenen Terminal-Server als kostenloses Add-on in Windows 2000 integriert hatte, hielten viele Experten Metaframe für obsolet. Im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE unterstrich Templeton allerdings das gute Verhältnis seines Unternehmens zu Microsoft - und den Glauben an eine Zukunft seiner Produkte. So konnte Citrix beispielsweise Anfang Oktober auf der Microsoft-Partnerkonferenz in New Orleans den Preis "Microsoft ISV of the Year" einheimsen. Auch erläuterte Templeton, dass sich Metaframe sowohl in Sachen Multiplattform-Unterstützung wie auch in der Funktionsvielfalt weiterhin deutlich vom Microsoft-Pendant abgrenzen werde. Auf der Konferenz wurden bereits Details der kommenden Version Metaframe 3.0 gezeigt. Diese zeichnet sich unter anderem durch ein vereinfachtes Management von Server-Farmen sowie Funktionen für eine bessere Skalierbarkeit und höhere Ausfallsicherheit aus. Auch Audio- und Videofähigkeiten der Clients - eine der klassischen Problemzonen im Terminal-Umfeld - werden erweitert.

Forrester-Analyst David Friedlander sieht allein aus wirtschaftlichen Gründen wenig Konfliktpotenzial zwischen Citrix und Microsoft: "Microsoft nimmt 200 Millionen Dollar jährlich durch Client-Access-Lizenzen (CALs) ein, die für Metaframe-gesteuerte Windows-Terminals abzuführen sind", so Friedlander. Den geschäftlichen Gesamtnutzen, den Microsoft aus dem Citrix-Umfeld erzielt, schätzt der Forrester-Mann auf 600 Millionen Dollar.

Eine deutliche Absage erteilte Templeton dem reinen Thin-Client-Konzept, das auch Citrix in der Vergangenheit zeitweise favorisiert hatte. So unterstützen die Citrix-Clients in Zukunft zunehmend lokale Ressourcen wie den Windows-Media-Player - sofern die Terminalanwendungen auf einem PC und nicht auf einem Thin Client laufen. Laut Templeton müsse jedes Unternehmen anhand der Anforderungen seiner Mitarbeiter sein individuelles Client-Konzept finden. In seinem Modell steht auf der einen Seite der Skala der Knowledge-Creator. Er verfügt idealerweise über einen PC mit lokalen Office-Anwendungen, unternehmenskritische oder unterwegs benötigte Anwendungen werden ihm über den Terminal-Server zur Verfügung gestellt. Den Task-Workern, die am anderen Ende der Skala stehen, kann mit reinen Thin Clients eine optimale Arbeitsumgebung bereitgestellt werden. Dazwischen werde heute bereits jede Mischform der Konzepte praktiziert.

Browser ist keine Gefahr

Von den aktuellen technischen Entwicklungen jenseits des Windows-Clients, die in ihrer Konsequenz auch die Citrix-Technik überflüssig machen könnten, zeigt sich das Management unbeeindruckt. Ein Beispiel ist der momentane Trend zu Browser-basierenden Anwendungen. Citrix-Stratege Traver Gruen Kennedy wies darauf hin, dass 65 Prozent all seiner Kunden ihre Browser-Anwendungen über Metaframe auf die Clients projizieren würden. Ein Grund dafür sei, dass HTTP-Zugriffe auf zentrale Web-Application-Server eine enorme Netzlast erzeugen - mit dem Citrix-Protokoll ICA sei eine deutliche Reduzierung der Belastung zu erzielen. Hinzu kämen Aspekte wie Sicherheit, Management sowie Browser-Kompatibilität.

Windows-Upgrade bleibt erspart

Eine interessante Aussage war auf dem I-Forum auch von Microsofts Vice President Rich Kaplan zu hören. Der Mann, der für die gesamten Internet-Aktivitäten unter Microsoft.com verantwortlich ist, bekannte in seiner Key-note, dass Microsoft Citrix für die Verbreitung von Office 2003 brauche. Diese Aussage ergibt durchaus Sinn, sofern man berücksichtigt, dass nach wie vor sehr viele Unternehmen NT 4.0 und Windows 98 einsetzen. Migrationsunwillige Kunden können die Citrix-Technik nutzen, um die neuesten Büroanwendungen bereitzustellen, ohne dafür kostspielig auf ein neueres Windows umsteigen zu müssen. (ue)

*Wolfgang Miedl ist freier Journalist in Erding bei München.