Gates-Company plant weltweites Outsourcing

Microsoft beauftragt BT mit Netz-Management in Europa

22.05.1992

REDMOND/ESCHBORN (IDG/gh) - Auf dem Weg, zu einem Major Player im Outsourcing-Geschäft zu avancieren, kann die British Telecom (BT) einen weiteren Erfolg verbuchen: Kein Geringerer als der Redmonder Soltwareriese Microsoft Corp. ist dem britischen Carrier nun ins Netz gegangen. Die Gates-Company übergab das komplexe Management ihres europäischen Netzwerkes an BT.

Wie beide Unternehmen in London bekanntgaben, sieht ein entsprechender Fünfjahresvertrag vor, daß BT sowohl die Verwaltung der zentralen Steuerungsanlagen als auch die Überwachung und den Betrieb aller Operationen des europäischen Microsoft-Netzes übernimmt. Microsoft folgt damit laut Joseph Monteleone, Director of Corporate Networks, dem Trend multinational tätiger US Firmen, große Teile ihrer Datennetze - vor allem in Übersee - an weltweit agierende Anbieter zu übergeben. Sein Unternehmen ziehe, so Monteleone, die Konsequenz aus der Tatsache, "daß es wesentlich einfacher und billiger ist, entsprechende Kapazitäten auszulagern als selbst zu unterhalten oder im Einzelfall anzumieten.

24-Stunden-Service an sieben Tagen in der Woche

Das europäische Microsoft-Netz verbindet, wie es bei BT heißt, 22 Dependancen mit rund 150 Ethernet-LANs auf XNS-Basis. Angeschlossen sind mehr als 20 000 PCs und Minis, je neun VAX-Rechner von Digital und AS/400-Maschinen von IBM, 2000 Terminal-Server sowie 700 Netz-Drucker. Schwerpunkte im Netzbetrieb sind neben der LAN-to-LAN-Kommunikation und dem Datentransfer zwischen den einzelnen Standorten Client-Server-Applikationen sowie die Abwicklung von rund 3,5 Millionen E-Mail-Nachrichten pro Monat.

Von ihrer Londoner Zentrale j aus wollen die Briten an sieben Tagen in der Woche einen 24-Stunden-Service garantieren. Schnittstelle zum Microsoft-Netz ist dabei nach Angaben von Rolf Bastian, Manager Marketing Communications bei BT Deutschland, ein "Access-One"-Hub von Ungermann-Bass, der die eingehenden Leitungen von insgesamt 14 europäischen Knoten koordiniert, den Datenfluß entsprechend verteilt und auch die Anbindung an das Headquarter in Redmond- gewährleistet. Ermöglicht wird dies durch das Management-Paket "Primex", einer laut Bastian "von BT neuentwickelten Dienstleistung", die nun beim Deal mit Microsoft erstmals zum Einsatz komme.

Von der Laufzeit abgesehen, waren beide Unternehmen nicht bereit, weitere Einzelheiten des Vertrages zu nennen. Bestätigt wurde darüber hinaus nur, daß BT neben der Bereitstellung und Verwaltung aller notwendigen Leitungskapazitäten auch das End-to-end-Management von Verbindungen außerhalb Großbritanniens angeboten habe. Letzeres ist allerdings nach Auffassung von Experten branchenunüblich, da es die Zuständigkeit anderer nationaler PTTs berühre.

Unabhängig davon wollen sich die Netzplaner in Redmond ohnehin nicht völlig in die Hände von BT begeben. So laufen derzeit Verhandlungen mit AT&T über einen vergleichbaren Kontrakt für den pazifischen Raum; Gespräche mit anderen Carriern bezüglich einer Übernahme des USA-Netzes wurden ebenfalls aufgenommen. Durch die Zusammenarbeit mit BT sei zwar, wie es bei Microsoft heißt, die Einstellung weiterer Netzwerkspezialisten in Europa nicht mehr notwendig, an einen Personalabbau in der Alten Welt denkt die Gates-Company zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht.