Das Multitasking-Betriebssystem gilt nicht mehr als DOS-Nachfolger

Microsoft auf der Suche nach einer Marktnische für OS/2

16.02.1990

MÜNCHEN (CW) - OS/2 soll gegen Unix antreten. Nach über zwei Jahren mit nur schleppendem Absatz ist Microsoft nun bemüht, sein Multitasking-Betriebssystem neu zu positionieren.

Steve Ballmer, Senior-Vice-President für Systeme, versucht es daher nicht mehr als DOS-Nachfolger, sondern als Unix-Alternative an den Mann zu bringen.

Dabei hatte Microsoft-Chef Bill Gates noch im vergangenen Herbst mit dem Slogan "Better DOS than DOS" für OS/2 geworben (vergleiche CW Nr. 43 vom 20. Oktober 1989, Seite 31 bis 35). Inzwischen mußte der Software-Hersteller jedoch erfahren, daß, so Ballmer, "ein groß angelegter Wechsel der Anwender von DOS zu OS/2 nicht in Sicht ist". Dagegen könne das Multitasking-Betriebssystem durchaus mit Unix in Konkurrenz treten.

Microsoft Deutschland sieht jedoch in Unix keinen Gegner. Dieses Betriebssystem habe sich, laut Geschäftsführer Christian Wedell, in Europa für technische Anwendungen durchgesetzt, während OS/2 eher auf die kommerziellen Bereiche ziele. Die Zielmärkte seien daher abgesteckt. In den USA dagegen stelle sich die Situation anders dar: "Dort wird Unix weit weniger eingesetzt, so daß OS/2 dort selbst für technische Anwendungen eine Alternative darstellt."

Auch bei IBM Deutschland wird die Meinung vertreten, daß eine Konkurrenz zwischen Unix und OS/2 nicht existiere: "OS/2 ist so erfolgreich, daß wir nicht einmal dafür werben müssen." Allerdings steckt Big Blue derzeit mitten in einer Marktoffensive für das eigene Unix-Derivat AIX, das zum Teil auf den Rechnern läuft, für die OS/2 - im IBM-Jargon BS/2 - ursprünglich konzipiert wurde. +