Kolumne

Michael Dell zieht alle RegisterKolumne

08.09.2008

Bei seinen Versuchen, Dell zurück an die Weltspitze der PC-Hersteller zu führen und dabei auch wirtschaftlich in die Erfolgsspur zurückzukehren, kennt Firmengründer Michael Dell keine Tabus. Innerhalb der nächsten 18 Monate sollen die meisten, möglicherweise sogar alle Fertigungsstätten an Auftragsfertiger ver-kauft werden, spekuliert das "Wall Street Journal". Diese Fabriken sollen vertraglich an Dell gebunden werden und für die Texaner produzieren.

Andere Fertigungsstätten dürften indes geschlossen werden - jedenfalls ist es schwer vorstellbar, dass asiatische Auftragsfertiger mit billigen Produktionsstätten in Ländern wie China oder Malaysia vergleichsweise teure Fabriken in Texas, Tennessee oder North Carolina auf Dauer betreiben werden. Dell dürfte hier in Konflikte geraten, sind doch diese Produk-tionsstätten oft mit Steuererleichterungen oder sonstigen Zuwendungen über längere Zeiträume abgesichert worden, damit die Arbeitsplätze vor Ort erhalten bleiben.

Auf mittlere Sicht bleibt Dell jedoch nichts anderes übrig als zu reagieren. Mit dem Konzept, Computer ausschließlich direkt zu verkaufen und sie erst dann individuell zu konfigurieren, wenn die Bestellung des Kunden vorliegt (Built to order), hatte der Hersteller der Konkurrenz jahrelang die Butter vom Brot genommen. Doch diese Idee funktionierte vor allem im Desktop-Business. Dieser Markt entwickelt sich aber seit langem rückläufig. Die Kunden verlangen nach Notebooks, deren Produktion und Assemblierung deutlich teurer und komplexer ist.

Marktführer Hewlett-Packard hatte auf diesen Trend schneller reagiert. Der Konzern produziert heute nicht einmal mehr die Hälfte seiner Rechner in eigenen Fabriken und arbeitet stattdessen intensiv mit Auftragsfertigern zusammen. Auch Dell bezieht längst Komponenten von asiatischen Partnern, diese müssen jedoch in den eigenen Fabriken ein zweites Mal assembliert werden. Der Prozess ist wesentlich teurer als bei HP, weshalb Dells Profitmarge der von HP deutlich hinterherhinkt.

Michael Dell ist offenbar bereit, mit der Vergangenheit zu brechen, um den Konzern wieder auf Kurs zu bringen. Zu den bisherigen Maßnahmen gehörte der Aufbau eines - früher unvorstellbaren - indirekten Vertriebs, die Entlassung von rund 8500 Mitarbeitern und die Einführung von Rechnern, die mit den grauen Kisten der Vergangenheit nichts mehr gemein hatten, sondern neudeutsch durchaus als "stylish" bezeichnet werden dürfen. Tatsächlich gelang es ihm, den Markt wieder zu interessieren und die Umsätze zu steigern.

Doch was nutzt all das, wenn Dell im PC-Preiskrieg immer mehr Federn lässt und die Profit-marge im freien Fall ist? In dem Maße, wie sich der Markt den kostspielig produzierten Notebooks zuwendet, werden die Fertigungskosten für Dell zum Problem. Dell wird hier ansetzen müssen - deshalb sind die Verkaufsabsichten bezüglich der Fabriken mehr als ein Gerücht.