MFS startet erstes privates Glasfaser-City-Netz Frankfurter Verhaeltnisse zwingen die Telekom zu mehr Flexibilitaet

01.09.1995

FRANKFURT/M. (gh) - Im sogenannten Corporate-Networking-Markt fuer Sprach- und Datendienste scheinen der Deutschen Telekom mehr denn je die Felle davonzuschwimmen. Dies gilt insbesondere fuer den kommunalen Bereich, wo sich Stadtverwaltungen beziehungsweise Stadtwerke sowie neu auf den Markt draengende Dienstleister zu einem Buendnis gegen den Noch-Monopolisten zusammenschliessen. Paradebeispiel fuer dieses im deutschen Telecom-Markt bis dato doch recht ungewohnte Szenario ist neben dem Raum Koeln-Duesseldorf die deutsche Bankenmetropole Frankfurt.

"Wir haben den Markt in Frankfurt regelrecht umgekrempelt", freut sich Stefan Doeblin. Nicht ohne Grund, denn seine Company, die MFS Communication GmbH, hat in nur einem halben Jahr in "Mainhattan" das erste private Glasfasernetz installiert und dafuer auch schon Kunden gewonnen.

Frankfurter Banken setzen auf Telekom-Konkurrenz

Im Bankenviertel der Hessenmetropole gehen dieser Tage insgesamt vier auf SDH/ATM-Uebertragungstechnik basierende Glaserfaserringe der MFS mit einer Gesamtlaenge von zehn Kilometern in Betrieb. Rund 20 Millionen Mark hat sich die deutsche Tochter der US- amerikanischen MFS Communications Inc. das Projekt eigenen Angaben zufolge kosten lassen - eine Investition, die sich mit jetzt schon 37 fest gebuchten Kunden leicht armortisieren duerfte.

Zur Frankfurter MFS-Klientel gehoeren naturgemaess fast ausschliesslich Kreditinstitute, zum Beispiel die deutsche Filiale der britischen National Westminster Bank oder die Commerzbank- Tochter Commerzbank Financial Products (CFP).

Hohe Redundanz durch Direktanbindung

Die neuen Konkurrenten der Telekom garantieren auf ihren Glasfaserstrecken eine Netzsicherheit beziehungsweise Verfuegbarkeit von 99,99 Prozent - ein Wert uebrigens, der, wie Doeblin betont, in vergleichbaren, von MFS in den Vereinigten Staaten installierten "City-Netzen" durch entsprechende Messungen der Federal Communications Commission (FCC) bestaetigt wurde.

Realisiert werden solche Werte durch eine sogenannte Direktzuschaltung, das heisst, die Kunden werden anders als bei lokalen Glasfaser-Backbones, die die Telekom in Frankfurt seit kurzem ebenfalls anbietet, ohne Zuleitung direkt an den jeweiligen Ring angebunden, was bei einem partiellen Netzausfall eine sofortige Umschaltung in die Gegenrichtung ermoeglicht. Im Produktportfolio der Newcomer findet sich, bezogen auf die Frankfurter Glasfaserstrecken, zunaechst das Management physikalisch-logischer End-to-end-Services mit entsprechend angeschlossenem Uebertragungs- beziehungsweise Endgeraete-Equipment (Multiplexer, Router oder PBX-Anlagen). Darueber hinaus bietet MFS den Kunden aber auch internationale Sprachdienste, Frame Relay und ATM (aufgrund unzureichender Standardisierung derzeit nur im Datenbereich) sowie die standortuebergreifende LAN-to-LAN- Verbindung an. Letzteres macht deutlich, so fuegt Doeblin im Gespraech mit der COMPUTERWOCHE nicht ohne Stolz hinzu, dass sich die Company mit den bisherigen Schwerpunkten ihrer Geschaeftstaetigkeit in Nordamerika und Grossbritannien durchaus als internationaler Carrier versteht.

Beim Weiterleiten des internationalen Sprach- und Datenverkehrs ihrer Kundschaft zu den entsprechenden eigenen Switches in London, Paris und Stockholm ist MFS aber bis auf weiteres auf Leitungen der Telekom angewiesen. Unter anderem deshalb ist Doeblin bemueht, dass das Verhaeltnis zum Bonner Hauptkonkurrenten nicht allzu sehr getruebt wird. Die Telekom hat allerdings, wie sich der deutsche MFS-Statthalter freimuetig ins Faeustchen lacht, laengst mit guenstigeren Tarifen und vergleichbaren "massgeschneiderten Angeboten" im Raum Frankfurt reagiert. Ueber den auf diese Weise entstandenen Wettbewerb koenne sich "die Branche nur freuen". Was diese im uebrigen auch zu tun scheint, denn mit der zum britischen Finanzkonzern Fidelity Investments gehoerenden Colt International (City of London Telecommunications) will im Raum Frankfurt Anfang 1996 ein dritter Carrier auf (Geschaefts-)Kundenfang gehen.

MFS plant indes weitere vergleichbare Projekte in Berlin, Duesseldorf und Muenchen. Dort fuehre man derzeit die notwendigen Gespraeche mit den Kommunen, wo es vor allem ueber die derzeit heissdiskutierte Ueberlassung von Wegerechten fuer die Verlegung neuer Kabel geht.

Mit den Frankfurter Stadtkaemmerern konnte man sich hier Doeblin zufolge auf "einen fairen Preis" einigen. Von der derzeit vom Deutschen Staedtetag vertretenen Auffassung, wonach sich die Kommunen in Sachen Wegerecht fuer neue Telecom-Leitungen auf einen vermeintlichen Milliardenmarkt freuen koennten, haelt der MFS- Geschaeftsfuehrer indes relativ wenig: "Die Stadt Frankfurt wurde bei dem Deal mit uns nicht reich". Etwas anders sieht dies allerdings unter dem Blickwinkel einer Verbesserung der jeweiligen Standortqualitaet aus. Hier koenne Frankfurt, wie Doeblin noch einmal auf die eigene Dienstleistung abhebt, in Zukunft "zehnmal mehr verdienen".