Meuterei auf der Titanic

06.06.1986

Burroughs-Chef Michael Blumenthal dürfte sein Partnerschaftsproblem so schnell nicht loswerden. Nachdem die Sperry-Manager der Übernahme - wenn auch widerwillig - zugestimmt haben, muß der Ex-Minister fürchten, daß die Serie-1100-Kunden meutern (Seite 1).

Jetzt versucht's Blumenthal mit der weichen Tour, um die Anwender bei Laune zu halten: Sperry werde als autonomer Unternehmensbereich weitergeführt - und Supportentzug käme selbstverständlich nicht in Frage.

Kein Zweifel: Mit Konfrontation wäre niemandem geholfen - am allerwenigsten Burroughs selbst. Die Rechnung Blumenthals kann nur aufgehen, wenn die noch gesunden Teile beider Unternehmen gestärkt aus der Fusion hervorgehen. Nur: Der Mainframebereich von Sperry wird trotz nachweislicher Erfolge mit der betagten 1100-Reihe nicht zu den Eckpfeilern des neuen Imperiums gehören. Dazu ist er zu brüchig - was man mit Fug und Recht vom Burroughs-Maschinenpark auch sagen kann.

Die Crux lag und liegt doch darin, daß die BUNCH-Hersteller bei den Großrechnern ein aussichtsloses Rückzugsgefecht gegen Mother Blue führen müssen, die mit cleverer Betriebssystem-Politik das Tempo der Innovation bestimmt. Die Erklärung ist simpel: Nur die IBM ist noch finanzstark genug, Milliarden in die Entwicklung neuer Supercomputer stecken zu können und den Technologie-Wettbewerb künstlich anzuheizen.

Allein die IBM kann es sich auch gegenüber ihren Kunden leisten, unter Profitgesichtspunkten zu entscheiden, wann ein Produkt das Labor verläßt. Von dieser Politikgestaltung haben sich Burroughs und Sperry längst verabschiedet - man setzt auf "externe" Software-Standards wie Unix und deckt sich, was die Hardware betrifft, über die OEM-Schiene ein. Ein Grund, sich für die "alten" Mainframe-Kunden zu schlagen, läßt sich nicht herleiten. Das weiß natürlich Blumenthal. Am Ende werden Wachstumsmärkte wie CIM (Workstations) und Office Automation (PCs, Minis und Kommunikationsprozessoren) den Ausschlag geben. Der krampfhafte Versuch, loyal gegenüber den eigenen Altkunden zu bleiben, kann das Bündnis nur belasten.

Daß die Sperry-Klientel Support und Service brauchen wird, ist unumstritten. Ein Problem muß daraus nicht entstehen. Sperry selbst hat dafür den Beweis geliefert, als Anfang der siebziger Jahre die RCA-Kunden übernommen wurden. Und auch Kompatibilitätsbrücken zwischen den ungleichen Produkten dürften kein unüberwindliches Hindernis sein. Die Gefahr besteht allerdings, daß der Burroughs-Sperry-Verbund von "wohlmeinenden" Kritikern totgeredet wird.