Critical-Chain-Projektmanagement

Methoden zur erfolgreichen Projektplanung

25.01.2016
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Uwe Techt hat eine Dirigentenausbildung absolviert, Betriebswirtschaftslehre studiert und mehrere Unternehmen gegründet und geleitet. Er hat in der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement e.V. (GPM) den „Deutschen Projektmanagement Award“ initiiert, das Model für „Project Excellence“ entwickelt und gehört der Jury für den „Deutschen Project Excellence Award“ an. Uwe Techt ist bekannt als Redner, als Autor von Büchern und Fachartikeln zu Durchbruchsinnovationen, Critical Chain Projektmanagement und zur Theory of Constraints sowie als Top-Management Coach und strategischer Denker für grundlegende Veränderungsinitiativen.
Klassisches Projektmanagement führt oft zu Verspätungen, Budgetüberschreitungen und Abstrichen am Inhalt. Wie es dazu kommt und was Sie dagegen tun können, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.

Wie genau kommt es zu diesen Problemen? Der Schlüssel liegt in einer soliden Projektplanung. Wenn man sich nicht bereits im Planungsstadium mit Unsicherheiten befasst, kann das erhebliche Auswirkungen auf die Projektleistung haben. Wobei eine solide Projektplanung nicht heißt, dass man noch genauer plant. Doch was, wenn das Projekt bereits läuft? Welche Faktoren können uns daran hindern, unsere Projekte termingerecht fertigzustellen? Critical-Chain-Projektmanagement (CCPM) lehrt uns, dass während der Projektumsetzung vor allem drei Effekte die Leistung negativ beeinflussen.

Drei Effekte können den Erfolg bzw. die Leistung eines Projekts negativ beeinflussen.
Drei Effekte können den Erfolg bzw. die Leistung eines Projekts negativ beeinflussen.
Foto: Tashatuvango - shutterstock.com

Gefahr für den Projektplan: Das Studentensyndrom

Das Studentensyndrom bezeichnet die Tendenz, Aufgaben erst auf den letzten Drücker zu erledigen – im Volksmund auch „Aufschieberitis“ genannt. Dies kann zu einem echten Problem werden, wenn ein Projekt aus zahlreichen Vorgängen besteht und jeder Vorgang eine eigene Sicherheit hat. Wenn ein Projektmanager die Arbeit an seiner Aufgabe erst im allerletzten Moment beginnt, wird der Zeitpuffer des Vorganges schon vollständig aufgebraucht sein, bevor die Bearbeitung überhaupt begonnen hat. Kommt es dann zu unerwarteten Verzögerungen, werden diese den Liefertermin des Projektes direkt beeinträchtigen.

Das Studentensyndrom ist einer der Hauptgründe, weswegen CCPM uns lehrt, nicht jedem einzelnen Projektschritt eine Sicherheit zu gestatten. Stattdessen sollen die Zeitschätzungen für die einzelnen Vorgänge gekürzt werden. Wenn Projektmitarbeiter sich nicht sicher sind, ob sie eine Aufgabe rechtzeitig erledigen können, trauen sie sich nicht Zeit zu verschwenden. Trotzdem sollen die Kürzungen natürlich im Rahmen des Machbaren bleiben. Zum einen sind die Angaben nur "Schätzungen", schließlich weiß man nie wie lange eine Aufgabe wirklich dauert. Kürzt man die Zeitschätzungen so sehr, dass eine termingerechte Erledigung vollkommen unmöglich scheint, erzeugt das schnell den entgegengesetzten Effekt und wirkt demotivierend.

Indem die einzelnen Vorgänge angemessen gekürzt werden und die so gewonnene Zeit gebündelt wird, schafft Critical-Chain-Projektmanagement einen einzelnen, großen Zeitpuffer am Ende des Projektes, der nun jeder Aufgabe zur Verfügung steht. Dadurch wird der Einfluss des Studentensyndroms bedeutend verringert. Zudem wird es viel einfacher, die wahren Auswirkungen von Verspätungen auf die kritische Kette und auf die Fertigstellung des Projektes insgesamt zu erkennen.

Überlastete Projektmanager: Das Multitasking

Multitasking ist ohne Zweifel die größte Bedrohung in der Projektumgebung. Der Begriff Multitasking hat einen positiven Klang: Ein multitaskingfähiger Prozessor ist toll. Ein Manager, der viele Baustellen gleichzeitig im Blick hat und betreut, ist ein guter Manager. Auch in der scherzhaften Aussage, dass Frauen besonders multitaskingfähig sind, ist der Begriff positiv besetzt. Wer Multitasking als Belastung erlebt, an dieser Belastung leidet, durch sie seine Leistungsfähigkeit verliert, durch sie ausbrennt und erkrankt, war eben nicht stark genug für die Welt und für diese Aufgabe nicht geeignet. Ein neuer Mitarbeiter mit frischer Energie nimmt die Stelle ein - bis diesen ein ähnliches Schicksal ereilt.

Im Arbeits- und Projektalltag ist Multitasking nämlich keineswegs etwas Positives. Meistens ist das Gegenteil der Fall: eine Aufgabe A wird zugunsten einer Aufgabe B unterbrochen, weil B gerade wichtiger und/oder dringender ist. Bevor B jedoch fertiggestellt ist, wird auch B unterbrochen – zugunsten von C oder A. Dabei entfaltet Multitasking seine negativen Wirkungen nicht nur auf die Menschen, sondern auch auf die Arbeit selbst. Wer zwischen mehreren Aufgaben hin- und herwechselt, macht mehr Fehler (die später korrigiert werden müssen) und verbraucht mehr Arbeitszeit für jede davon betroffene Aufgabe (durch Setup-Zeiten sowie für Fehlerkorrektur).

Wo Multitasking also gängige Praxis ist, sind die Projekte teurer als sie müssten und dauern länger als sie müssten. Für die Effizienz des Ressourceneinsatzes und für die Geschwindigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens ist Multitasking Gift. Um Multitasking zu verringern, reduziert man die Anzahl aktiver Projekte (in der Regel um circa 25 Prozent). Zu diesem Zweck werden einige Projekte vorerst eingefroren, bis andere abgeschlossen sind. Mit anderen Worten: An den eingefrorenen Projekten darf so lange nicht mehr gearbeitet werden, bis ein aktives Projekt abgeschlossen ist. Das Unternehmen kann – ohne Multitasking – viel mehr mit den gleichen Ressourcen leisten und sehr viel schneller sein.

CCPM: Methoden zur Verkettungen von Vorgängen

Dass einzelne Vorgänge in Projekten voneinander abhängig sind, ist unvermeidlich. Im traditionellen Projektmanagement führen diese Abhängigkeiten allerdings dazu, dass Verspätungen weitergegeben werden und Verfrühungen verloren gehen. Es gibt zahlreiche Gründe, weswegen Verfrühungen verloren gehen. Das Studentensyndrom ist einer davon, 'Parkinson’s Law' ein anderer. Dieses besagt, dass 'sich Arbeit genau in dem Maß ausdehnt, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht'. Ob diese Zeit darauf verwendet wird, noch einen Kaffee zu trinken oder dem Produkt ein paar unnötige Funktionen hinzuzufügen ist egal – in der Regel bleibt am Ende von der eingeplanten Zeit nichts mehr übrig.

CCPM ist darauf bedacht, diese Abhängigkeiten besser zu verwalten. Dies geschieht vor allem durch bessere Zuteilung und Verwaltung von Sicherheiten (Zeitpuffern). First-list-item-Sicherheiten in den einzelnen Vorgängen werden durch gebündelte, explizite Sicherheiten am Projektende ersetzt und Zwischenpuffer jeweils dort eingefügt, wo parallele, nicht-kritische Ketten in die kritische Kette einlaufen. Auf diese Weise gehen Verfrühungen nicht mehr unweigerlich beim nächsten Vorgang verloren, sondern sind im Projektpuffer (oder Zwischenpuffer) sichtbar. Zwar kann es natürlich noch immer zu Verspätungen kommen, doch etwaige Verfrühungen fallen nun ebenfalls ins Gewicht. (fm)