Vergleich der Internet-World-Veranstaltungen

Messerivalen kämpfen um Besucher und Aussteller

13.06.1997

Dabei war bis Mitte Mai noch nicht klar, ob die Veranstaltungen überhaupt unter dem Namen Internet World würden stattfinden können. Vor Gericht stritten sich die Organisatoren, wer denn nun Anspruch auf diesen Titel habe. Heraus kam ein Unentschieden: Beide Veranstalter dürfen den Namen benutzen, eine eindeutige Klärung hätte einen zu langen Rechtsstreit erfordert, den beide Parteien nicht wollten.

Die letztlich Leidtragenden in der Angelegenheit sind die Anwender: In Zeiten immer knapper werdender Budgets müssen sie heute genau abwägen, welche Messen für sie so relevant sind, daß ein Besuch in Frage kommt. In dieser Situation wirkt es störend, wenn es nun zwei Messen gleichen Namens gibt, die überdies fast zur gleichen Zeit stattfinden. Wie soll man da wissen, welche in der Lage ist, wirklich umfassend über die Thematik zu informieren?

Eine Deutschlandpremiere feierte der Münchner Veranstalter Communic in Berlin. Seine "Internet World Berlin 1997" lehnt sich konzeptionell an die unter gleichem Namen international recht erfolgreiche Veranstaltungsreihe des amerikanischen Unternehmens Mecklermedia an, das in Berlin als Sponsor mit von der Partie war. Mecklermedias "Internet World" kann zumindest in den USA als Leitmesse der Internet-Branche bezeichnet werden.

Trotz dieses günstigen Vorzeichens fiel der Start der deutschen Variante eher verhalten aus: Die Messe litt darunter, daß außer IBM, der Deutschen Telekom und U.S. Robotics keine maßgeblichen Anbieter aus dem Internet-Markt den Weg nach Berlin gefunden hatten.

So waren eigene Stände von Branchengrößen wie beispielsweise Netscape oder Microsoft auf den 4500 Quadratmetern Ausstellungsfläche nicht zu finden. Aus diesem Grund kann die Berliner Veranstaltung bisher auch nicht als die "größte Internet-Fachmesse in Deutschland" gelten, zu der Communic sie im Vorfeld hochzustilisieren versuchte. Nach Meinung von Nils Rauterberg, dem Projektleiter der Internet World Berlin bei Communic, ist das Ausbleiben von wichtigen Internet-Playern vor allem auf zwei Dinge zurückzuführen: Die Streitigkeiten um den Messenamen und die kurze Vorbereitungszeit von nur drei Monaten.

Communic sprang für die Messe Berlin GmbH ein, die ursprünglich die Veranstaltung gemeinsam mit Mecklermedia hatte ausrichten wollen.

Aufgrund der enttäuschenden Ausstellerbeteiligung war auch das Angebot an Produkten und Dienstleistungen nicht so, wie man es von einer großen Internet-Fachmesse erwarten würde. Ein Beispiel: Rund zehn Prozent der insgesamt 140 Aussteller stammten aus dem Verlagsbereich; außer ihren gedruckten Produkten hatten sie an ihren Ständen wenig Aufregendes zu bieten.

Pluspunkte für die Berliner Veranstaltung waren hingegen das Programm des parallel laufenden Fachkongresses und die Keynotes, für die der Veranstalter interessante Referenten gewinnen konnte. Steven Kirsch, Chairman der Infoseek Corp., eröffnete die Messe mit seiner Sicht der Zukunft des Internet und des elektronischen Handels über dieses Medium. Neben ihm waren unter anderem Vertreter von The Internet Company, Apple und IBM zu hören.

Rauterberg bewertet die Messe, die insgesamt 11300 Besucher anzog, trotz der mäßigen Beteiligung rückblickend als "vollen Erfolg". Der jährliche Turnus soll vorerst beibehalten werden, zudem kündigt der Projektleiter an, daß 1998 die Ausstellungsfläche um mehr als 60 Prozent größer sein werde. Die Entscheidung für den Standort Berlin habe sich als richtig erwiesen.

Im Gegensatz dazu setzt die dc Congresse + Fachmessen für ihre halbjährlich stattfindende Internet-World-Variante auf die Standorte Düsseldorf (Herbst) und München (Frühjahr). Der kürzere Messerhythmus soll laut Veranstalter der schnellen Entwicklung im Bereich des Internet Rechnung tragen. Zwar liest sich das Ausstellerverzeichnis weitgehend wie ein Whos Who der Internet-Branche, letztlich ist es aber für eine Beurteilung, ob das Konzept der Messe von Besuchern und Ausstellern angenommen wird, noch zu früh.

Nach Angaben des Veranstalters zog es rund 200 Aussteller in die Hallen des Münchner M.O.C., die Besucherzahl wird auf etwa 18000 geschätzt. Nikolaus Bauer, Geschäftsführer der dc Congresse + Fachmessen, gibt sich daher zufrieden mit dem Verlauf der Messe, bedauert aber das Fehlen der Branchengrößen IBM und Deutsche Telekom. Dennoch liefere die Internet World eine "Momentaufnahme des Marktes". Für das kommende Jahr prophezeit er der Veranstaltung, daß sie "entsprechend dem Wachstumsmarkt Internet" in bezug auf Größe, Ausstellerzahl und Publikum zulegen wird.

Auch in München bot der im Rahmenprogramm ablaufende Fachkongreß Informationen zu relevanten Internet-Fragen. Auf einem Presentation Forum wurden zudem Expertendiskussionen zu Themen wie beispielsweise "NC versus PC" geboten, wobei in diesem konkreten Fall leider die anwesenden Hersteller (unter anderem Sun, Oracle, Digital und Microsoft) zu sehr darauf aus waren, ihre jeweiligen Konzepte hervorzuheben. Hier hätte die Beteiligung neutraler Experten sicher gutgetan. Zudem gesteht Bauer ein, daß es bisher noch nicht gelungen ist, wirklich attraktive Keynote-Speaker für seine Internet World zu gewinnen. Hier hat die Communic-Mecklermedia-Veranstaltung daher klar die Nase vorn.

Obwohl beide Messen sich als Fachveranstaltungen bezeichnen, sind sie allgemein zugänglich. In München waren aber so gut wie keine Privatpersonen zu sehen, was möglicherweise auch auf die zentrumsferne Lage der Internet World Spring zurückzuführen ist. Nils Rauterberg räumt andererseits ein, in Berlin einen Anteil von etwa 20 Prozent Laufpublikum gehabt zu haben.

Beide Messen lockten viele Interessenten aus der näheren Umgebung an. Während Communic den Anteil des Publikums aus dem Berliner Umland auf etwa 50 Prozent schätzt, rechnet dc Congresse + Fachmessen mit rund 65 Prozent, die aus dem süddeutschen Raum stammen. Nur betont Bauer, das Konzept seiner Veranstaltung (mit zwei wechselnden Standorten) sei absichtlich auf regionale Wirkung ausgelegt, während sich Rauterberg von der deutschen Hauptstadt Anziehungskraft auf ein internationales Publikum erhofft.

Ob beide Veranstaltungen in Deutschland überleben können, ist zu bezweifeln. Zwei Messen zu dem gleichen Thema und gleichen Zeitpunkt gibt wohl selbst ein Wachstumsmarkt wie das Internet nicht her.

Messe-Statistik (II)Internet World Spring 1997

Veranstalter: dc Congresse + Fachmessen, StarnbergVeranstaltungsort: M.O.C. MünchenVeranstaltungsturnus: halbjährlich (im Wechsel mit Düsseldorf)Anzahl Aussteller: 205Anzahl Besucher: ca. 18 000Ausstellungsfläche: 9000 qmNächster Termin: 25. bis 27. November 1997, DüsseldorfInfo: www.internet-world.de

Messe-Statistik (I)Internet World Berlin 1997

Veranstalter: Communic GmbH, MünchenVeranstaltungsort: Berliner MessegeländeVeranstaltungsturnus: jährlichAnzahl Aussteller: 140Anzahl Besucher: 11300Ausstellungsfläche: 4500 qmNächster Termin: 26. bis 28. Mai 1998, BerlinInfo: www.internetworld.de