Message

20.04.1979

Noch immer lassen sich aus dem Computer-Angebot der Hannover-Messe Entwicklungstendenzen in der Datenverarbeitung herauslesen. Dies ist unbestritten das Positivum der CeBIT-Schau. Aber wird dies so bleiben?

Zunehmend setzt nicht mehr die "State-of-the-art" Betrachtung den Hauptakzent bei dieser DV-Messe - und zunehmend gehen auch die aktuellen Probleme der Anwender (Software-Portabilität, Kosten-/Nutzen-Relation, Ausbildungsmisere) im Einheitsbrei der Schlagworte unter.

Der Schwerpunkt der DV-Darstellung hat sich eindeutig auf den Nebenschauplatz des puren Marketings verlagert - auf dem es eben nicht so sehr darauf ankommt, welche Anwedungslösungen ein Hersteller erarbeitet hat, sondem wie er seine Hardware- und Software-Produkte feilbietet.

IBMs multimedialer Demo-Schnickschnack um den Bildschirm-Computer System /34 markierte vor zwei Jahren einen Wendepunkt . Seitdem mutiert das jährliche CeBIT-Spektakel peu a peu zu einem Flüstertüten Wettbewerb. Motto: Die Message ist die Message! Freilich ist allen Beteiligten klar, daß die Köder- Phrasen mit der (Anwendungs-) Realität etwa so viel zu tun haben wie ein " Revolver-Blatt " -Aufmacher über ST.Pauli mit dem Leben und Treiben rund um die Davidswache. Will sagen: "Aktion" wird auf Reden reduziert.

Die Folge: Die Aussteller-Mimik richtig zu deuten (was ist Tünche?) fällt von Mal zu Mal schwerer - selbst routiniert CeBIT-Gänger halten sich deshalb mit Gesamt-Urteilen zurück. Latentes Unbehagen macht sich bei Anwendern wie Herstellern breit: Ist Hannover noch eine Reise (eine Beteiligung) wert?

An dieser Entwicklung ist die Deutsche Messe- und Ausstellungs-AG Hannover mit ihrem Hang zum "Gigantismus" (mehr Standfläche, mehr Aussteller) zweifellos nicht ganz unschuldig. Zumal sie in ihrem zuweilen zwanghaft anmutenden Bemühen, es allen Gruppen der DV-Bürobranche recht machen zu wollen, von sich aus kaum Orientierungshilfen gibt, wo die messopolitische Zielrichtung der CeBIT-Ausstellung liegen soll.

Selbst der Hinweis darauf, daß das diesjährige Angebot im CeBIT überwiegend der "Dialogverarbeitung für Sachbearbeiter " gewidmet sei kann Skepter gewidmet sei, kann Skeptikernicht überzeugen, die da meinen, Hannover werden immer mehr zu einer Prestige-Angelegenheit für die DV-Hersteller.

Einen Ansatzpunkt für derartige Überlegungen liefert beispielsweise die Umgestaltung des CeBIT Komplexes - so paradox das erscheinen mag. Denn: Die Hallen 2 und 18 sind jetzt zwar vom "Centrum" Halle 1) aus zu erreichen. Aber heißt das auch, daß die in 2 und 18 ausstellenden Firmen mit den "privilegierten Altmietern" gleichgestellt worden sind? Mit anderen Worten: Kann eine neue Bedachungs- und Treppen-Konstruktion den Standort-Nachteil ausgleichen? Im Kreise der Betroffenen herrscht Skepsis vor - doch keiner will die Messe fernbleiben.

Wenn überhaupt, dann zwingt die Feststellung, im Konzept der Hannoveraner fehle der Groß- EDV-Aspekt die verbreitete Vorstellung von der "Gesamtschau CeBIT" zu relativieren: CeBIT zielt - darin sind sich die Messebeobachter einig - auf den Computer- Neuling, nicht auf den DV-Spezialisten. Zweifel an der Richtigkeit dieser Messe Konzeption kompensieren die Hersteller offenbar durch eine optimistische Einschätzung der eigenen Verkaufschancen: "Es ist viel Markt beim Mittelstand", heißt die Devise . Zugegeben: Im "Centrum für Büro- und Informations-Technik" soll sich - so die Veranstalter- auch das Zusammenwachsen von DV-, Büro- und Nachrichtentehnik widerspiegeln.

Ob es im CeBIT dazu kommt, liegt indes allein bei den Ausstellern. Die meisten zögern freilich noch, die von der Messegesellschaft angeregte Präsentationsform durch aktive Teilnahme - etwa auf einem Gemeinschtsstand - zu unterstützen. Was Wunder, wenn die Botschaft die Botschaft ist.