Mercedes AMG: Traumwagen dank BPM

17.10.2005
Von Oliver Kurz und Ralf Böhme  
Durch Business-Performance-Management kann der Autoveredler seinen Vertrieb effizienter steuern und verbessern. Ziel ist es, auf Marktveränderungen früh und flexibler reagieren zu können.

Gute Erfahrungen mit der bisherigen geschlossenen Anwendung zur kontrollierten Steuerung der operativen Aspekte ließen Mercedes AMG das Projekt A-QP (AMG Quantity Planning) in Angriff nehmen.

Manufaktur statt Masse

Hochleistungsfahrzeuge, Sonderausstattungen und Zubehör sind das Metier der Mercedes-AMG GmbH. Im Einschichtbetrieb werden in der Motorenmanufaktur des traditionsreichen Veredlers täglich etwa hundert AMG-Triebwerke gefertigt. Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs ist ein prozessorientiertes und digitalisiertes Management-System, auf dem die gesamte Produktion beruht.

Hier lesen Sie …

• warum Mercedes AMG eine bessere Planung braucht;

• wie eine neue BPM-Lösung eingeführt wurde;

• welche Vorteile entstehen.

Fazit

Mit dem strategischen Steuerungsansatz des Business-Performance-Managements ist es der Mercedes-AMG GmbH gelungen, innerhalb von sechs Monaten die Planung von Fertigungsquantitäten und das zugrunde liegende Berichtswesen strukturierter und effizienter zu gestalten. Die Lösung dient mittlerweile als zentrale Quelle für hochwertige Informationen zur Entscheidung, Planung und Strategiefindung.

Ziel war es, auch die strategischen Entscheidungsprozesse zu verbessern und die Planung ebenfalls IT-gestützt vorzunehmen. Bisher hatte Mercedes-AMG hierfür eine auf Microsoft Excel beruhende Anwendung eingesetzt und Berichte manuell per E-Mail verschickt. Dadurch fehlte es der Planung mitunter an Flexibilität und Effizienz: Kurz-, mittel- und langfristige Prognosen der Verkaufszahlen von Autos, AMG-Motoren und -Zubehör waren nur mit enormem Administrationsaufwand möglich.

Wer hingegen heute dank transparenter Planung sagen kann, welche und wie viele Autos er in drei oder zehn Jahren zu bauen gedenkt, dem bleibt so manche Überraschung erspart.

Mit der Ablösung der Excel-basierenden Prognoselösung durch eine Closed-Loop-Applikation für die Planung und das Reporting verband der Automobilhersteller nicht nur das Ziel, Abläufe deutlich zu vereinfachen und effizienter zu gestalten. Vielmehr ging es auch darum, die Qualität und Integrität der zugrunde liegenden Daten zu mehren sowie die Flexibilität und Reaktionsfähigkeit zu steigern. Das Grobkonzept sah vor, Geschäftsinformationen aus unterschiedlichen IT-Systemen von Daimler-Chrysler einzubinden, zu harmonisieren und in das neue A-QP-Datenmodell zu überführen. Die zu implementierende Planungslösung sollte unterschiedliche Szenarien für den Vertrieb von AMG-Fahrzeugen abbilden und dabei auch alle möglichen Sonderausstattungen berücksichtigen - beispielsweise die Felgen oder das Styling. Weiterhin galt es, die vollständige Versionierbarkeit der Planungsdaten zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die Herkunft der Informationen ebenso jederzeit nachvollziehbar ist wie die Planungsprämissen.

Zunächst sondierten die Projektverantwortlichen bei Mercedes-AMG den Softwaremarkt nach geeigneten BPM-Lösungen. Die Wahl fiel dabei auf Business-Intelligence-Software von Cognos, nicht zuletzt, weil diese bereits bei der Muttergesellschaft Daimler-Chrysler erfolgreich im Einsatz ist. Als Beratungs- und Implementierungspartner entschied sich Mercedes AMG für den IT-Dienstleister Unilog Avinci. Die Überarbeitung des Grobkonzeptes und die anschließende Ausarbeitung der Feinspezifikation sahen für die Zielumgebung im ersten Schritt die Einführung eines Data Warehouse vor. Dieses speichert auf Basis einer Oracle-Datenbank rückwirkend bis ins Jahr 1999 alle planungsrelevanten Daten und stellt sie für die Reporting-, Analyse- und Prognose-Tools bereit. Da ein direkter Zugriff auf die komplexen Basissysteme von Daimler-Chrysler nicht möglich und gewünscht war, wurde das bis dato etablierte Verfahren einer Datenübergabe via CSV-Datei beibehalten.

Neue Berichtslösung

Gemäß diesen Vorgaben wurden im nächsten Schritt alle relevanten Datenbewirtschaftungsprozesse geplant, aufgebaut und automatisiert. Ferner wurde die Berichtssoftware "Cognos Reportnet" implementiert, die eine möglichst einfache Verteilung der Planungsinformationen aus dem Data Warehouse an alle Adressaten gewährleisten soll. Dabei erwies es sich als vorteilhaft, dass die Reporting-Lösung ein echtes Zero-Client-Modell umsetzt, also ganz ohne dezentrale Softwareinstallation auskommt: Die Berichte ließen sich reibungslos in die vorhandene Portalumgebung einbinden, ohne dass der IT von Mercedes-AMG ein nennenswerter Zusatzaufwand entstanden wäre.

Bezüglich der Planungssoftware hatte das A-QP-Konzept ursprünglich vorgesehen, für den Anwenderzugriff eine individuell entwickelte, Web-basierende Frontend-Lösung einzusetzen. Diesen Ansatz ließen die Projektverantwortlichen fallen und entschieden stattdessen, das System mit dem Standardwerkzeug "Cognos Planning" aufzubauen. Das Unternehmen erhofft sich von diesem Ansatz, viele Funktionen auch künftig gewinnbringend in weiteren geplanten Initiativen verwenden zu können - insbesondere für die softwaregestützte Optimierung des Controllings und der Budgetplanung. Zudem sah der Projektplan vor, zuerst mit der grundlegenden Datenbewirtschaftung und dem Aufbau des Data Warehouse zu beginnen. Deshalb führte diese recht kurzfristig getroffene Entscheidung zu keinen Verzögerungen, zumal der Mehraufwand und die Kosten für die Nutzung von Cognos Planning im vertretbaren Rahmen lagen.

Problem Datenqualität

Das Projekt konnte ohne nennenswerte Verspätungen umgesetzt werden. Lediglich der CSV-basierende Prozess zur Rückschreibung der erstellten Pläne in das Data Warehouse gestaltete sich durch zusätzliche Bewirtschaftungsprozesse aufwändiger. Auch nahm die Datenvalidierung mehr Zeit in Anspruch, als alle Projektbeteiligten anfänglich vermutet hatten. Ursache waren die zahlreichen Ausnahmen, die zu berücksichtigen waren, sowie Mängel in den gelieferten Quelldaten. Die deutlich verbesserten Basisinformationen im Data Warehouse haben diesen Mehraufwand aber auf jeden Fall gerechtfertigt. Nach nur einem halben Jahr Projektlaufzeit stand dem schwäbischen Unternehmen eine Closed-Loop-Planungslösung zur Verfügung, mit der sich auf Grundlage einer umfassenden, einheitlichen, präzisen und laufend aktualisierten Datenbasis jederzeit schnell und komfortabel neue Pläne und Szenarien erstellen lassen - bedarfsgerecht und in allen denkbaren Varianten.

Eine Besonderheit: mit A-QP lassen sich alle erzeugten Pläne mit Zusatzinformationen und Anmerkungen wieder im Data Warehouse abspeichern. Dadurch stehen alle wichtigen Faktoren und Erkenntnisse der einzelnen Pläne auch in Zukunft zur Verfügung: Besonderheiten und Prämissen lassen sich auch bei der späteren Betrachtung vollständig nachvollziehen. Alle Pläne stehen nun jedem autorisierten Mitarbeiter in ihren Varianten zur Verfügung, und sind nicht wie früher üblich auf verschiedene Computer oder Netzlaufwerke verteilt.

Neue Einflüsse berücksichtigen

Der Einsatz von Standardsoftware für die Verbesserung von Planungsprozessen hat sich in der Praxis mittlerweile bewährt. Aufgaben, die früher oftmals zwei oder drei Wochen benötigten, lassen sich jetzt viel schneller erledigen. Teilweise reduzierte sich die Zeit zur Überarbeitung von erstellten Plänen auf einen halben Tag. Das Erstellen, Überwachen und Analysieren von Plänen ist nicht mehr an Monats- oder Quartalszeiträume gebunden. Neue Einflüsse gehen vielmehr umgehend in Planung, Entscheidung und Strategiefindung ein.

Mit der ersten Phase des Projektes A-QP existiert nun eine ausbaufähige Basis, die sich nun Schritt für Schritt verfeinern und ausdehnen lässt. Selbst die kontrollierte strategische Steuerung der Einkaufsmengen beispielsweise bei der Motorenplanung kann die Daimler-Chrysler-Tochter nun gezielt verbessern - erforderlich ist lediglich eine Erweiterung der Datenbasis um die notwendigen Motorenstücklisten. Das Resultat: Auf Grundlage der PKW-Mengenplanung haben die verantwortlichen Mitarbeiter die Möglichkeit, schnell und einfach die einzelnen Teilmengen und Kosten für alle relevanten Fahrzeugkomponenten zu berechnen.

Auch der Einkauf profitiert

Lassen sich dazu noch auf Knopfdruck die zugehörigen Kosten der beteiligten Bauteile auf Basis der verschiedenen Planungsszenarien ermitteln, sind die Voraussetzungen, auch den vorgeschalteten Einkaufsprozess zu verbessern, gegeben: Durch eine zuverlässige und abgestimmte Angabe von Stückzahlen für die nächsten Jahre gewinnt Mercedes-AMG die Ausgangsposition, um bei den Zulieferfirmen auch in Zukunft gute Preise zu erzielen - ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil. (as)