Ehe mit Intersolv hielt drei Jahre

Merant beendet Cobol-Geschäft

22.06.2001
MÜNCHEN (as) - Nach Umsatzeinbußen bereitet der anglo-amerikanische Softwarehersteller Merant den Verkauf seiner traditionsreichen Cobol-Sparte Microfocus vor. Die 1998 angebahnte Fusion mit Intersolv, einem Spezialisten für Software-Configuration-Management (SCM), ist nach jahrelangen Management-Querelen endgültig gescheitert.

Merant, das 1998 nach der Übernahme von Intersolv durch den Cobol-Spezialisten Microfocus entstand, hat eine weit reichende Restrukturierung angekündigt. Vorbehaltlich der Zustimmung durch die Aktionärsversammlung, will das Unternehmen den Cobol-Geschäftsbereich Merant Microfocus für 61,7 Millionen Dollar an die US-amerikanische Beteiligungsgesellschaften Golden Gate Capital und Parallax Capital Partners verkaufen. Chief Executive Officer Gary Greenfield wird seinen Hut nehmen, sobald ein Nachfolger gefunden ist.

Das Cobol-Geschäft sei im vergangenen Jahr um 19 Prozent zurückgegangen und habe das Wachstum im E-Commerce-Umfeld "unterminiert", begründete Merant offiziell seine Entscheidung. Für das abgeschlossene Geschäftsjahr (Ende: 30. April) wies das Unternehmen bei 309,2 Millionen Dollar Umsatz einen Nettoverlust von 29,5 Millionen Dollar aus. Abzüglich außergewöhnlicher Belastungen, die sich insbesondere aus der Übernahme der Web-Content-Management-Sparte der IBM-Tochter Netobjects erklären, ergab sich allerdings ein Vorsteuergewinn von 18,1 Millionen Dollar. Im Vorjahr betrugen Umsatz und Nettoverlust 334,2 beziehungsweise 2,4 Millionen Dollar.

Der Verkauf von Microfocus ist aber auch die Folge von Management-Problemen, die seit der Intersolv-Übernahme für Unruhe sorgten. Seit damals hatte das Unternehmen unter Leitung von Greenfield einen Schlingerkurs zwischen stark an den Produktlinien orientierten, dezentralen Vertriebs- und Management-Organisationen sowie zentralisierten Strukturen gefahren.

Kein Erfolg mit EgilityLaut Richard Mayr, Deutschland-Geschäftsführer von Merant, habe der Anbieter dadurch viel Zeit verloren. Insbesondere als sich nach der Jahr-2000-Umstellung, an der Merant als Mainframe- und Cobol-Spezialist gut verdient hatte, die laut Mayr "eigentlich vorhersehbare Umsatzflaute" in diesem Segment abzeichnete, konnte der Vertrieb den Rückgang durch keine attraktiven Angebote auffangen.

Einen weiteren Fehler beging das Unternehmen mit der Ende 1999 vorgestellten Strategie rund um das "Egility-Framework". Dieses stellte ein Bündel aus bestehenden Entwicklungswerkzeugen, Middleware sowie Dienstleistungen dar und sollte Unternehmen eine möglichst umfassende Unterstützung für den Aufbau von E-Business-Infrastrukturen liefern. Nach Ansicht von Mayr hatte die Unternehmensleitung dabei das bereits vorhandene starke Branding insbesondere der Microfocus- und Intersolv-Produkte missachtet und stattdessen erfolglos versucht, den Kunden Egility nahe zu bringen. In dieser Zeit gab es im Zusammenhang mit dem späteren Netobjects-Deals auch Gespräche mit IBM bezüglich einer möglichen Übernahme von Merant durch Big Blue, wie Mayr jetzt gegenüber der CW erstmals bestätigte.

Intern wurde im vergangenen Jahr offenbar parallel zum Egility-Marketing die gesamte Organisation von Merant wieder in separate Produktbereiche aufgeteilt, angefangen beim Marketing und Vertrieb bis hin zur Produktentwicklung. Aus dieser Umstellung gingen dann bis Anfang 2001 die Abteilungen Microfocus (Entwicklungs-Tools und Host-Integrations-Lösungen), Data Direct (Datenintegration) und PVCS (SCM) hervor.

Kaum Veränderungen für KundenDurch diese Aufteilung wurde laut Mayr "die organisatorische Auseinandersetzung beendet", so dass nun die gesamte Microfocus-Sparte, inklusive Management, unverändert zum neuen Besitzer übergehen kann. "Es war kein Management-Buyout, wir überführen lediglich eine Abteilung", sagt Mayr. Bisherige Kunden müssten sich seiner Ansicht nach kaum umstellen, da Microfocus zu den Produkten stehe, seinen Namen behalte und weiter in die Technologien investieren werde.

Merant reduziert sich mit der Teilung auf die Data-Direct-Abteilung und vor allem auf den Bereich SCM inklusive der "PVCS"-Produktfamilie und führt damit das Intersolv-Erbe fort. Die Strategie des Unternehmens soll dabei künftig Enterprise-Change-Management (ECM) heißen: "Der Wunsch nach einer zentralen Kontrolle aller Projekte und Plattformen und Anwendungen wächst in großen Organisationen. ECM bietet hierfür ein Repository, das alle Veränderungen verwaltet", sagt Mayr. Doch zunächst muss Merant sich in diesem Markt einen Namen machen.