Realisierungsbeispiel Datev eG:

Mehrwertdienste im Zugriff von mehr als 35 000 Systemen

13.05.1988

Als Genossenschaft des steuerberatenden Berufes bietet die Nürnberger Datev eG ihren Mitgliedern eine große Palette von EDV-Dienstleistungen, sprich Mehrwertdiensten. Peter Tennert stellt das Verbundsystem vor und skizziert, Insbesondere vor dem Hintergrund der derzeit heftig diskutierten Neustrukturierung der Bundespost, mögliche zusätzliche Service-Angebote.

Die Datev-Dienstleistungen sind sowohl rechenzentrumsorientiert als auch vor Ort in der Kanzlei auf Anwendersystemen ablauffähig. Dabei sind Personal Computer in der Kanzlei unter Nutzung von der Deutschen Bundespost (DBP) mit dem Rechenzentrum der Datev in Nürnberg gekoppelt und arbeiten im Verbund zum Datenaustausch, -speicherung, -sicherung und -verarbeitung.

Bundeseinheitlich wie im Nahverkehrsbereich

Rückgrat des Verbundes ist das Datev-Datennetz (DDN), über das zur Zeit über 35 000 online-fähige Anwendersysteme mit Hilfe eines Fernsprech-Wählleitungsanschlusses und eines Modems 1200 bit/sec das Rechenzentrum bundesweit erreichen. Das DDN hat 33 Kopfstellen mit insgesamt zirka 600 Wahlleitungseingängen. Jeder Nutzer wird bundeseinheitlich so gestellt, als ob er sich im Nahverkehrsbereich einer Kopfdelle befindet, und kann so für 23 Pfennige DBP-Gebühren wahrend des Tages acht Minuten Datenverarbeitungs-Dienste der Datev in Anspruch nehmen (Bild 1). Anwender die sich außerhalb eines Nahverkehrsbereiches einer Datev-Netzkopfstelle befinden, erhalten eine entsprechende Gebührenrückerstattung.

Die 35 000 online-fähigen Anwendersysteme, von denen zirka 24000 PC-Konfigurationen sind, übertragen ihre Daten zum DDN mit binärsynchroner Leitungsprozedur im Halb-Duplex-Modus. In der DDN-Kopfstelle wird geblockt, findet eine Prozedurumwandlung und eine Zugriffschutzprüfung statt, auf der Strecke "Kopfstelle-Rechenzentrum wird mit HDLC übertragen. Dabei sind HfD- und Datex-L-Leitungen mit 9600 bit/sec geschaltet. Die Datex-L-Leitungen werden bei HfD-Ausfällen oder bei Verkehrsspitzen-Situationen automatisch zugeschaltet.

Als weiterer Mehrdienst wird in Kürze die Datenübertragung vom Anwendersystem zum Rechenzentrum individuell chiffriert angeboten.

Das Rechenzentrum der Datev ist an das Datex-P-Netz der DBP angeschlossen, um Anwendersysteme auch über X.25 oder PAD-Dienste anzubinden. Als geschlossene Benutzergruppe werden einige DFV-Dienstleistungen der Datev auch aber Btx im Rechnerverbund angeboten; hier wird insbesondere der Mittelungsdienst des Btx-Dienstes einbezogen. Unter den 38 Online-Anwendungen sind Datenbankdienste wie zum Beispiel die Steuerrechtsdatenbank neben den Dialogprogrammen zur Wirtschaftsberatung besonders hervorzuheben. (Weitere Informationen zu den DFV-Diensten sind Bild 2 zu entnehmen.

Auch Sprachkommunikation ist denkbar

Die Datev hat gegenüber der DBP im Datenübertragungsbereich 1988 ein Gebührenaufkommen von etwa 11 Millionen Mark, im Sprachbereich kommen weitere 2 Millionen Mark hinzu. Die Datev-Mitglieder haben gegenüber der DBP im Rahmen der Nutzung unserer Dienste 1988 ein Gebührenaufkommen von 3115 Millionen Mark für Datenübertragung und 6,5 Millionen Mark für Sprachübertragung .

Für die Dienste der gelben Post geben die Datev l988 etwa 40 Millionen Mark, ihre Mitglieder im Rahmen der Nutzung der Datev-Dienstleistungen rund 2 Millionen Mark aus.

Analysiert man diese Beträge genauer und vergleicht insbesondere die Gebühren, die für Datenübertragung an die DBP geleistet werden, mit den analogen Gebühren ausländischer Postverwaltungen, ist ein Handlungsbedarf für die Deutsche Bundespost zur Gebührenreduktion

insbesondere für Festverbindungen und einer Tarifänderung im Fernsprechwählnetz erkennbar. Detaillierte Untersuchungen wurden hierzu von IBM Deutschland vorgenommen, mögliche Auswirkungen von Tarifveränderungen wurden in einer Studie von Professor Weizsäcker 1987 prognostiziert.

Die beabsichtigte Neustrukturierung der DBP mit den Vorschlägen, so wie sie vom Bundespostminister Anfang des Jahres veröffentlicht wurden, stellt aus Sicht der Datev einen wichtigen Schritt zur verbesserten Wettbewerbssituation im Kommunikationsbereich dar und ist zu begrüßen.

Falls die vorgeschlagenen Maßnahmen mit gewissen Anpassungen in absehbarer Zeit realisiert werden, ist damit ein weiteres positives Signal zur Fortbildung der Mehrwertdienste der Datev gesetzt.

Die Datev denkt für die Zukunft insbesondere an eine Verlagerung der von der gelben Post in Anspruch genommenen Dienste auf Kommunikationsdienste des Fernmeldebereiches, um möglichen negativen Gebührenentwicklungen der gelben Post entgegenzusteuern und neue Technologien in die Dienstleistungen zu integrieren.

Die unter dem Begriff "Tarif 90" von der DBP vorgestellten Überlegungen zur Fortentwicklung der Fernsprechtarife werden von der Datev begrüßt. Insbesondere mit dem Modell 4 werden wichtige Schritte zur Bildung kostengerechter Gebühren eingeleitet.

Die Datev eG plant, in Zukunft ihre Mehrwertdienste weiter auszubauen und dabei die Angebote der DBP zu nutzen. Dabei wird insbesondere das dienstintegrierte Kommunikationsnetz ISDN eine wesentliche Rolle spielen. Denkbar sind dann neben Mehrwertdiensten der Datenübertragung auch solche der Sprachkommunikation.