In der Regel fehlt es noch an Hilfsmitteln

Mehrprojektplanung als ein Konzept für die Instandhaltung

12.10.1990

Die Bedeutung EDV-unterstützter Instandhaltung ist nicht mehr umstritten. Allerdings diskutieren Fachleute darüber, wie eine erfolgreiche Einführung auszusehen hat. Ulrich von der Weiden stellt ein praxisorientiertes Grobkonzept vor.

Der gestiegene Automatisierungsgrad von Maschinen und Anlagen sowie die komplexer werdenden Fertigungs- und verfahrenstechnischen Abläufe stellen zwangsläufig immer höhere Anforderungen an die Sicherung der Verfügbarkeit von Produktionsmitteln. Herkömmliche Instandhaltung kann diesem vielfach nicht nachkommen.

In der Regel fehlt es an wirksamen Hilfsmitteln für die Instandhaltung mit

- den aktualisierten Daten technischer Anlagen,

- historisierten Ereignisdaten als Lebenslaufakte technischer Anlagen,

- auswertbaren Schadensmeldungen im Sinne von Schadens- und Schwachstellenanalysen,

- der inhaltlichen Erfassung und Abwicklung von Instandhaltungsmaßnahmen

über das Auftragswesen,

- der Arbeitsplanorganisation

- Material- und Ersatzteilübersichten,

- einer Terminsteuerung und einer Anzeige der Kapazitätenbelastung.

Viele Unternehmen haben das erkannt und auf EDV-Unterstützung als selbstregulierendes Instrument gesetzt. Fehlt jedoch die systematische Vorbereitung, besteht die Gefahr daß die Unternehmen übereilt Standard-Softwaresysteme einsetzen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist die klare Aufgabenstellung.

Ein Anforderungsprofil enthält als Beschreibung des Ideal-Zustandes die Soll-Forderungen an neue Systeme und Abläufe. Bei den Ermittlungen künftiger Anforderungen geht man vom Ist-Zustand aus. Die Soll-Forderungen bestehen zum Teil aus mehr oder weniger differenzierten Beschreibungen zur Behebung von Schwachstellen des momentanen Arbeitssystems. In Verbindung mit den wirtschaftlichen Zielen ergeben sich dann die elementaren Forderungen die sich mit Hilfe von EDV-Systemen umsetzen lassen.

Die abschließende Analyse ergibt einen Überblick der Aufbauorganisation, der Tätigkeitsspektren und der Mengengerüste. Außerdem klären sich zum Beispiel Auftragsstrukturen sowie die Verteilung des Arbeitsaufwands für ablaufbestimmende Tätigkeiten in planenden, steuernden, abwickelnden und kostenverfolgenden Bereichen.

Very important or nice to have

Beim Vergleich der Soll-Forderungen und der Ist-Erhebungen sind die Anforderungen in die Kategorien "very important or nice to have" einzuteilen. Diese Gewichtung verdeutlicht die wirtschaftlichen und inhaltlichen Zielsetzungen.

Die Aufgaben der Instandhaltung sind allgemein in der DIN 31051 beschrieben. Dort umfaßt der Begriff Instandhaltung alle "Maßnahmen zur Bewahrung und Wiederherstellung des Soll Zustandes sowie zur Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustandes von technischen Mitteln eines Systems." Die Maßnahmen sind in Präventiv- und Korrektivmaßnahmen zu unterscheiden.

Da sich alle Aktivitäten auf die kleinsten, eigenständig instandzusetzenden Einheiten richten, werden diese Objekte durch eine Objektverwaltung beschrieben. Die durchzuführenden Maßnahmen und Kosten definiert ein Auftrag. Dies erfordert eine Auftragsverwaltung, wobei darauf zu achten ist, daß der Auftrag an Abrechnungseinheiten und zu bildende Objekthistorien zu "berichten" hat.

Für die Planung und Abwicklung größerer Vorhaben wird eine Ordnungsstruktur konzipiert. Das gesamte Konzept läßt sich im Sinne einer Mehrprojektplanung in Projektpositionen, wie zum Beispiel Gewerke, rastern. Die Planungs- und Abwicklungsverwaltung ist in einer den Iterationszyklen eines Projektablaufes angepaßten hierarchischen Projektstruktur vorzusehen .

Die zur Abwicklung erforderlichen Kriterien sind zwei Regelkreisen zuzuordnen.

1. Regelkreis der operationalen Instandhaltungsabwicklung:

Hier sind alle Maßnahmen wie Objektverwaltung, Auftragsverwaltung, Arbeitsplanerstellung, Historienbildung und Schadensanalysen abgebildet.

2. Regelkreis der Kostenabwicklung: Hier sind alle Maßnahmen zur Kostenermittlung und -verfolgung von Instandhaltungs- und Investitionsvorhaben abgebildet. Dazu gehören Budgetplanung, Auftrags und Projektkalkulation, Soll/ist - Überwachung, Auftrags- und Projektabrechnung.

Die Planungs- und Rückmelde Einzelvorgänge einerseits so wie die Projektstrukturen und Kosten-/Kontierungsvorgaben

andererseits stellen die integrativen Beziehungen beider Regelkreise sicher.

Mit Funktionsstufen lassen sich die Forderungen in kleinere Organisationseinheiten gliedern. Sie können im weiteren Verlauf der Planung und Umsetzung parallel bearbeitet werden.

- Stufe 1 definiert eine Auftragsanforderung- in der Instandhaltung und benennt auf ein Obiekt bezogene Vorkommnisse. Die Anforderungen sollen von außerhalb wie zum Beispiel von Produktionsbetrieben oder der Invest-Planung in das System eingestellt werden.

- In Stufe 2 wird die Planung unter Einbeziehung ähnlicher Vorgänge und vorhandener Standards abgewickelt. Zuerst ist ein Maßnahmengerüst mit Kostenschätzung zu erstellen. Anschließend erfolgt die Feinplanung. In diesem Abschnitt werden Arbeitspläne und Stückliste eingebunden sowie Bestellanforderungen und Materialreservierungen vorgenommen Auch zusätzlich auftretende Anforderungen werden hier berücksichtigt.

- Stufe 3 beinhaltet die Kostenplanung nach Kostenarten auf Basis der Maßnahmenplanung. Auftragsgenehmigungen und Mittelfreigaben sind darauf abzustimmen und per Systemstatus darzustellen.

- In Stufe 4 steht die Bereitstellung von Arbeitsmitteln im Vordergrund. Sie dienen als Rahmen für die Werkstattplanung (Auftragsabrufe, Arbeitspapiere, Personaldisposition, Betriebsmittelbereitstellung).

Dabei sind Kapazitätsbelastungen und Termine zu berücksichtigen.

-Stufe 5 berücksichtigt Rückmeldungen. Die Verarbeitung der im Verlauf der Auftragsabwicklung ankommenden Meldungen wird dort aufgezeichnet. Rückmeldungen beziehen sich auf vordefinierte Maßnahmen, Zusatzleistungen für Materialverbräuche oder auftragsbezogene Arbeitsvorgänge zu verstehen. Auf Basis der Rückmeldungen kann der Arbeitsfortschritt kontrolliert sowie eine Ist-Kosten-Fortschreibung vorgenommen werden. Damit läßt sich die Kostenentwicklung im Soll-Ist-Vergleich bis auf Kostenarten Ebene darstellen.

- Die 6. Stufe beinhaltet die Belastung des Auftrages um die

von der Rückmeldung aufgezeigten Ist-Werte. In diesem Sektor werden die Werte des "Sammelkontos" Auftrag mit Kontierungsspezifikationen bereitgestellt. Damit ist diese Funktionsstufe die Schnittstelle zum Rechnungswesen mit Kostenrechnung und Anlagenbuchhaltung.

- In der 7. Stufe werden Maßnahmen, Befunde sowie Kostenergebnisse aus der Instandhaltungsabwicklung in Form einer Lebenslaufakte der Historienverwaltung übergeben. Diese über einen längeren Zeitraum gesammelten Daten lassen sich als Grundlage für analytische Auswertungen verwenden, geben Hinweise auf Schwachstellen und unterstützen die Entwicklung von Präventivstrategien .

Durch integrierten Datenfluß der Planungs- und Rückmeldestufe sind alle kostenrelevanten Vorgänge aktuell und transparent gehalten. Die Inhalte der Funktionsstufen müssen jeweils den Aspekt der Schnittstellen zu anderen Unternehmensbereichen mit den dort eingesetzten Systemen berücksichtigen. Als Beispiel sind drei Bereiche angedeutet:

- Materialwirtschaft

- Rechnungswesen

- Personalwesen

Im Auftrag sind alle Instandhaltungsmaßnahmen von der inhaltlichen Anforderung bis zu ausgeführten Arbeiten mit abschließender Kostenabrechnung gesammelt. Er ist die Voraussetzung für eine geregelte Instandhaltungsabwicklung.

Zwei Auftragsarten bilden sich in der betrieblichen Praxis im Hinblick auf die Auslösung von Instandhaltungsaktivitäten

heraus

- die zeitlich vor der Ausführung planbaren Aufträge

- die störungsbedingten oder zustandsabhängigen sofort auszuführenden Aufträge.

Die folgende Gliederung zeigt, wie Anforderungen zu Auftragsgruppen zusammengefaßt werden können.

Die Anteilsverteilung stützt sich auf einschlägige Befragungsergebnisse. Danach sind 50 Prozent der Aufträge mit einem Aufkommen von zirka 80 Prozent der Handwerkerstunden in die Gruppe der planbaren Aufträge einzuordnen.

Unterschiedliche Auftragsarten erfordern eine unterschiedliche Gestaltung des Funktionsablaufes in der Auftragsabwicklung.

Eine effiziente Abwicklung durch "kurze Wege und Zeiten" läßt sich durch das Zusammenfassen von Einzelanforderungen und das Auslösen notwendiger Aktivitäten in einer zentralen "Auftragsabwicklung" erreichen.

Die qualifizierte Auftragsabwicklung schließt neben einer

Planung die Auftragssteuerung mit den dispositiven und kontrollierenden Elementen, die Verwaltung der Instandhaltungs-Basisdaten über EDV sowie die Verwaltung der Objekthistorie mit ein. Analysen der Schadensmeldungen geben zum Beispiel Aufschluß über Schwachstellen. Es wird ersichtlich, wo bessere Verschleißteile benötigt werden oder Wartungsstrategien zu entwickeln sind.

Alle Instandhaltungsaktivitäten wie auch Investitionsvorhaben sind auf Objekte bezogen. Zwangsläufig ergibt sich daraus die Notwendigkeit einer Objektbeschreibung. Die vorhandenen technischen Anlagen werden strukturiert und erfaßt.

Dabei ist die Einteilung der Beschreibungsdaten in folgende Abschnitte sinnvoll:

- allgemeine Daten

- Herstellerdaten sowie

- technische Daten.

Diese Stammdaten werden bei der Abwicklung von Instandhaltungsaufträgen in besonderen Datenstrukturen durch geplante und ausgeführte Maßnahmen, angefallene Lohn- und Materialkosten sowie um die Schadensbefunde ergänzt. Dadurch ist sowohl eine lückenlose Objekthistorie als auch eine Schadens- und Schwachstellenanalyse möglich.

Bei den Strukturen ist folgendes zu beachten:

-Jedes Objekt muß durch eine Identifikationsnummer gekennzeichnet sein, die von der EDV automatisch vergeben werden sollte

- Der Objektnummer wird eine Strukturnummer, die aus der Anlagengliederung abgeleitet ist, beigegeben.

Durch diese Parallelverschlüsselung lassen sich die Instandhaltungs-Maßnahmen der Anlagenstruktur zuordnen. Außerdem können Objekthistorien standortunabhängig erstellt werden. Beim Ortswechsel eines Instandhaltungsobjekts und eines gleichzeitigen Änderung der Strukturnummer ist der bisherige Lebenslauf der Komponente sowie der weitere Verlauf am neuen Standort gesichert.

In der Praxis hat sich eine Strukturnummer mit einem Form- beziehungsweise Funktionsschlüssel als sprechendem Begriff und einer davon abhängigen Zählnummer bewährt.

Für die Ersatzteilbeschaffung und vorratshaltung ist es sinnvoll, die Teile zu einer Ersatzeil-Stückliste (ET) zusammenzufassen und in die Struktur mit einzubinden.

Der Ablauf von Investitions- und Instandhaltungsprojekten stellt sich in folgenden Phasen dar. Dabei unterstützt ein Projektplanungssystem die phasenweise Abwicklung und berücksichtigt die Anforderungen des Regelkreises Kostenabwicklung:

- die Projektvorplanung umfaßt die grobe Zielprojektion, zum Beispiel die erforderliche Technik und Marktangebote, die Mittelplanung sowie die Behördengenehmigungen .

- im Investitionsantrag werden die vorgenannten Fakten zusammengestellt. Die Kostengrößen gehen in den Finanzrahmenplan des Unternehmens ein.

- innerhalb der konkreten Projektplanung soll das Gesamtvorhaben bis zu den Einzelaufträgen strukturiert werden. In diesen Abschnitt fällt auch die Genehmigung des Investitionsantrages und damit die Genehmigung der Projektziele.

- Projektrealisierung bedeutet die Abwicklung und Überwachung bis zur endgültigen Fertigstellung. Rückmeldungen über Wareneingänge, Materialverbräuche und erledigte Arbeitsvorgänge schreiben die Ist-Kosten fort. Der Nachweis von Aufwand läßt gezielte Analysen und steuernde Eingriffe schon während der Abwicklung zu.

- Mit Projektabschluß erfolgt die Projektabrechnung und Berichtslegung nach unterschiedlichen Bedürfnissen.

Ein Projekt wird durch eine Projektnummer identifiziert. Die Gliederung einer Projektnummer richtet sich nach den jeweiligen Bedürfnissen.

Die Einbindung der Budgetplanung ermöglicht die Zuordnung genehmigter Beträge auf der obersten Stufe der Projekthierarchie. Die Verteilung der Gesamt-Budgets über Budget-Strukturen bis auf oberste Projektebene sowie umgekehrt die Soll- und Ist-Kostenzuordnung über die einzelnen Projekthierarchien zum Ausgangsbudget sind dabei denkbare Systemleistungen für das Controlling.

Ohne Organisationskonzept mit einer Auftrags- und Anlagenverwaltung, der Integration betrieblicher Bereiche mit der

Berücksichtigung von Schnittstellenproblemen läßt sich kein

erfolgreiches DV-System einrichten .

Der Trend geht auch bei Instandhaltungssystemen mehr zum Einsatz von Standardsoftware-Lösungen mit den Möglichkeiten geringer Modifikation. Bei dieser Entscheidung ist ein detailliertes alle Anforderungen umfassendes Pflichtenheft aus dem Organisationskonzept abzuleiten. In welchem Umfang sich letztlich ein quantifizierbarer Nutzen einstellt, hängt zwangsläufig von den unternehmensspezifischen Randbedingungen ab.