Mehr Leistung mit kleinerer Belegschaft

13.01.2006
Von Heinz-Josef Hermes und Gerd Schwarz. 
Am richtigen Standort lassen sich 20 Prozent der Mitarbeiter einsparen.
Um ein Shared Center wettbewerbsfähig zu betreiben, ist eine kontinuierliche Verbesserung erforderlich. Die meisten Unternehmen erhöhen deshalb den Automatisierungsgrad.
Um ein Shared Center wettbewerbsfähig zu betreiben, ist eine kontinuierliche Verbesserung erforderlich. Die meisten Unternehmen erhöhen deshalb den Automatisierungsgrad.
Mit der Konzentration von Supportfunktionen in Shared Service Center lassen sich Leistungen mit reduzierter Belegschaft erbringen.
Mit der Konzentration von Supportfunktionen in Shared Service Center lassen sich Leistungen mit reduzierter Belegschaft erbringen.

Vor allem Unternehmen, die als Geschäftsbereichsorganisationen nach Produkten, Märkten, Technologien oder Kunden gegliedert sind, sowie Konzerne, die über verschiedene Tochtergesellschaften verfügen, sehen sich mit massiven Überschneidungen der Unterstützungsfunktionen in den einzelnen Unternehmenseinheiten konfrontiert. Shared Service Center sind trotz der anfänglich eher zögerlichen Akzeptanz in Europa für viele Unternehmen mittlerweile zwingend notwendig, wenn sie konkurrenzfähig bleiben wollen.

Hier lesen Sie …

• wie viele Mitarbeiter sich durch Shared Service Center einsparen lassen;

• welche Prozesse geeignet sind;

• was bei der Standortauswahl berücksichtigt werden muss;

• wie Kosten auf die Leistungsabnehmer verrechnet werden.

Deloitte hat in den Jahren 2003, 2004 und 2005 Studien zum Thema Shared Service Center betrieben. Dabei hat sich gezeigt, dass die Prozess- und Standortauswahl sowie die Verrechnung der im Center entstandenen Kosten besonders erfolgskritisch sind.

Für Shared Service Center eignen sich vor allem Prozesse, die bislang an vielen Standorten in ähnlicher Form und großer Menge abgewickelt worden sind. Durch die Verlagerung in ein Shared Service Center lassen sich Volumen- und Kostenvorteile erzielen und die Stückkosten pro Transaktion senken. Einsparungen ergeben sich vor allem durch die Wahl eines kostengünstigeren Standortes sowie durch die Reduktion der Mitarbeiterzahl. Unsere Studien zeigen, dass Unternehmen im Durchschnitt etwa 20 Prozent der Mitarbeiter einsparen können.

IT-Support ist ortsunabhängig

Die gegenwärtig in Deutschland am häufigsten in ein Shared Service Center migrierte Funktion ist der IT-Support. Wesentlicher Grund hierfür ist, dass sich IT-Anwendungsunterstützung und PC-Helpdesk relativ leicht konzentrieren und ohne Probleme auch über große Distanzen für das Unternehmen betreiben lassen. Kosteneinsparungen ergeben sich, weil sich die Zahl und Vielfalt der verwendeten Hardwaregeräte reduzieren lässt und damit ebenso die Aufwendungen für Softwarelizenzen und Wartungsverträge sinken. Zudem erhöht sich die Prozesseffizienz aufgrund der der Spezialisierung.

Zentrale Personalprozesse

International am häufigsten in Shared Service Center ausgelagert werden Buchhaltungsfunktionen. Haupt-, Kreditoren-, Debitoren-, Lohn- und Anlagenbuchhaltung sowie Konsolidierung gehören in den befragten Unternehmen zu den besonders oft in ein Shared Service Center transferierten Funktionen. In der Regel überführen die Unternehmen zunächst die Kreditorenbuchhaltung, international haben 73 Prozent der im Jahr 2005 befragten 115 Unternehmen diese Aufgaben in ein Shared Service Center verlagert.

Unsere Studien zeigen zudem, dass Unternehmen im Regelfall ihre Personalprozesse erst nach der erfolgreichen Verlagerung ihrer IT- und Finanzprozesse in ein Shared Service Center migrieren. Deutsche Anwender halten sich stark zurück, wenn es um die Überführung des Einkaufs in ein Shared Service Center geht. Hierzulande haben diesen Schritt nur neun Prozent der befragten Unternehmen gewagt, international sind es dagegen 25 Prozent.

Wie viele Standorte und wo?

Der Aufbau eines Shared Service Center ist meist mit erheblichen Investitionen verbunden und kurzfristig irreversibel, die Wahl der Standorte und der Zahl der Shared Service Center ist daher eine strategische Entscheidung. Bei der Suche nach einer geeigneten Niederlassung gibt es prinzipiell zwei Alternativen. Entweder wählt man einen Standort, an dem die entsprechende Dienstleistung schon zuvor erbracht wurde ("Brownfield Approach"), oder man entscheidet sich für eine völlig neue Lokation ("Greenfield Approach").

In der Praxis dominiert der "Brownfield Approach". Für 81 Prozent der befragten deutschen Unternehmen spielen bestehende Standorte, wo es eine Tochtergesellschaft oder Niederlassung gibt, eine wichtige Rolle. Dort will man das Know-how bewährter Mitarbeiter weiterhin nutzen. Allerdings zeigt sich häufig, dass Unternehmen, die einen Greenfield Approach wagen, langfristig zufriedener sind, weil sie an den Lokationen von geringen Lohnkosten profitieren und die Servicementalität neuer Mitarbeiter besser ist.

Die optimale Center-Anzahl hängt von den Anforderungen der internen Kunden ab. Bei standardisierten Prozessen ohne kunden- oder länderspezifische Besonderheiten reicht in der Regel ein einziges Shared Service Center. Werden jedoch unterschiedliche Prozessvarianten für die einzelnen Kunden akzeptiert, steigt durch den damit einhergehenden Komplexitätszuwachs in der Regel auch die Anzahl der benötigten Shared Service Center.

Haupt- und Nebencenter

65 Prozent der befragten deutschen Unternehmen, verfügen über mehr als eine Serviceniederlassung. Im internationalen Umfeld sind deutlich mehr Unternehmen zu finden, die fünf oder mehr Zentralen betreiben. Viele Unternehmen errichten ein Shared Service Center pro Region, andere wiederum spezialisieren ihre Einrichtungen auf bestimmte Prozesse.

Global tätige Unternehmen vermeiden vielfach aus Risikogründen, alle Supportprozesse in eine einzige Zentrale zu transferieren. Sie errichten oft ein Hauptcenter, in dem sich durch Skaleneffekte Einsparungen erzielen lassen. Gleichzeitig bauen sie in kleineren Shared Service Centers eine Infrastruktur auf, damit diese im Bedarfsfall kurzfristig bestimmte Prozesse übernehmen können.

Verrechnung der Leistungen

Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen legen die Kosten ihrer Shared Service Center über interne Verrechnungspreise auf die abnehmenden Geschäftseinheiten um. Zehn Prozent der befragten internationalen Unternehmen und 15 Prozent der deutschen Häuser verzichten auf die Weiterverrechnung der entstehenden Kosten. Dies kann jedoch zu einer Überbeanspruchung der Dienstleistungszentralen führen, da den Tochtergesellschaften und Niederlassungen keine Mehrkosten für Sonderwünsche und Spezialauswertungen entstehen. Hinzu kommt, dass so in der Regel das Kostenbewusstsein des Shared Service Center sinkt und sich steuerrechtliche Probleme ergeben.

Marktpreise sichern die Existenz

Die oft propagierte Methode der Weiterverrechnung über Marktpreise findet sich in der Praxis eher selten. Theoretisch ermöglicht sie die Kontrolle, ob interne Center konkurrenzfähig gegenüber externen Anbietern mit gleichem Leistungsangebot sind. Tatsächlich ist vor allem bei komplexeren Lösungen die kontinuierliche Ermittlung der Marktpreise für die erbrachten Leistungen nicht immer einfach.

Die optimale Art der Kostenverrechnung ergibt sich aus dem Evolutionsgrad des Shared Service Center. In Deutschland befinden sich viele dieser Zentren noch in einer frühen Entwicklungsphase. Häufig erfolgt daher zunächst einfach eine Umlage aller angefallenen Kosten auf die internen Kunden. Danach werden dann sowohl dem Center als auch den Leistungsempfängern Transaktionen mit Drittunternehmen erlaubt. Marktpreise werden in Zukunft auch deshalb eine größere Bedeutung erlangen, weil jedes Shared Service Center langfristig seine Existenz nur dadurch rechtfertigen kann, dass es wettbewerbsfähige Leistungen erbringt. (jha)