Mittlere Manager

Mehr leiden als leiten?

01.10.2008
Von 
Michael Schweizer ist freier Autor in München.

Überstunden sind die Regel

Jensen arbeitet pro Woche 50 bis 70 Stunden. Mit 40 bis eher 50 Stunden kommt Projekt-Manager Hermann aus. Regelmäßig auf 70 Stunden, etwa ein Drittel davon unterwegs, bringt es Andreas Adler (Name geändert). Er fungierte bis letztes Jahr als IT-Projektleiter bei einer großen Bank und wechselte dann zu einer amerikanischen Unternehmensberatung, die sich auf IT-Consulting spezialisiert hat. Dort arbeitet er als deutschlandweit verantwortlicher Manager für Marketing, Sales und Geschäftsfeldentwicklung. Viel Zeit kostet ihn sein Wunsch, zu Kunden immer ehrlich zu sein: "Wir haben Kunden, deren Fachkompetenz ist derartig schlecht, dass man nicht ohne sehr aufwändige Erklärungen auskommt."

Gehaltlich hat sich Adler, variable Bestandteile eingerechnet, durch seinen Wechsel von 75.000 auf 110.000 Euro pro Jahr verbessert. Projekt-Manager Hermann ist mit seinem Salär ebenfalls zufrieden. Jensens Vergütung ist sein "kleinstes Problem". Berücksichtige man jedoch, dass mittlere Manager vor ebenso anspruchsvollen Aufgaben ständen wie Top-Manager, sei sie "dem Aufwand nicht angemessen".

Drei Arten der Gegenwehr

Wie kann sich ein mittlerer Manager wehren, wenn der Druck übermächtig wird?

  • Er kann, erstens, dann Bedingungen stellen, wenn er gerade besonders dringend gebraucht wird. So konnte Jensen ein paar Aufgaben reduzieren, die er für sinnlos hält.

  • Zweitens kann man versuchen, das Unternehmen zu wechseln. Bestimmte Probleme hat ein mittlerer Manager zwar überall, es gibt aber auch große Unterschiede. Andreas Adler spürt als Unternehmensberater stärker die Ergebnisorientierung, kann "jedoch viel mehr Verantwortung für mich selber übernehmen". Zuvor bei der Bank war die "soziale Aufsicht viel stärker ausgeprägt". Projekt-Manager Hermann ist bei einem Dienstherrn gelandet, wo "Mitarbeiter fair behandelt und ernst genommen" werden und seine langjährige Erfahrung geschätzt wird. Das hatte er vorher anders erlebt.

  • Der dritte Ausweg geht nur im Voraus: Man kann - wenn man darf - die aussichtsreiche Bewerbung auf eine Management-Position ungeschrieben lassen. Führungskräfte-Trainer Groth: "Man muss aber sehr reif sein, um zu sagen: Ich bin mit meiner Arbeit und meinem Gehalt zufrieden und möchte mein Leben ausgeglichen gestalten. Solche Leute gibt es in unserer Gesellschaft nicht viele."