Wahl '76: Großer Erfolg für die Hochrechner:

"Mehr Genauigkeit ist nur noch durch Zufall zu erreichen"

08.10.1976

MANNHEIM/BONN - "Mehr Genauigkeit ist nur noch durch Zufall zu erreichen", erklärte H. Gebowski von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen e. V. am Tag nach der Bundestagswahl: "Wir liegen jetzt schon bei den ersten Hochrechnungen im Fehlerbereich von ± 0,5 Prozent." Die Mannheimer, hatten die Hochrechnungen für, das ZDF durchgeführt - in Konkurrenz mit dem für die ARD arbeitenden Infas-Institut. Differenzen zwischen den verschiedenen, im Laufe des Wahlabends nacheinander veröffentlichten Ergebnissen sind nach Gebowskis Meinung durch die statistischen Verfahren bedingt: "Eine Differenz zwischen den verschiedenen Ergebnissen von nur sechs Mandaten ist für uns Statistiker unproblematisch."

Den Wettbewerbsvorsprung zwischen ARD und ZDF am Wahlsonntag wird in Minuten gemessen: 1972 brachte das ZDF um 18 Uhr 55 die erste Hochrechnung und lag damit vorn. In diesem Jahr wurde das zweite Programm um 18 Uhr 48 nur noch zweiter. Die ARD war schon gegen halb sieben da; das Infas-Team wagte seine erste Hochrechnung mit Ergebnissen aus nur 64 Stimmbezirken.

ARD hatte mehr Mut

"Die Genauigkeit bei unserer ersten Hochrechnung betrug ± 1 Prozent", berichtete Dr. Unterseer von Infas. Daß die Bonner diesmal schneller waren als 1972, führt er auf modernere Hardware (IBM 370 statt 360), Datenerfassung am Bildschirm statt mit Lochkarten und auf eine Verbesserung des organisatorischen Ablaufes zurück.

Im Nachherein berichten die Mannheimer, das ZDF hätte gleich früh eine Hochrechnung mit ± 1 Prozent Genauigkeit ausstrahlen können, sie wagten aber bei dem Kopf-an-Kopf-Rennen das Risiko nicht. Später stellte sich heraus, daß sie mit dieser Rechnung sehr richtig gelegen hätten.

"Die Datenverarbeitung hat besser funktioniert, als wir es je erhofft hatten", erklärte Gebowski. "Wir hatten erst etwas Bauchweh wegen der PDP 11/40, die in Verbindung mit einem VT 30-Farbdisplay die Ergebnisse direkt auf dem Fernsehbildschirm darstellte. Das hat aber alles gut funktioniert - ist aber nur der Anfang einer Entwicklung. In England können die Bilder schon laufen."