Mehr Datenschutz durch Ländergesetze?

27.05.1977

Die Bundesländer haben mit ihrer Zustimmung zum Bundes-Datenschutzgesetz im Bundesrat am 12. November 1976 die Verpflichtung übernommen, bis zum 1. 1. 78 Landes-Datenschutzgesetze zu erlassen. In Hessen und Rheinland-Pfalz, wo es solche Gesetze bereits gibt, müssen diese rechtzeitig novemert werden, damit Übereinstimmung mit dem BDSG geschaffen wird.

In allen Bundesländern ist das Problem offenbar erkannt worden. Damit Die parlamentarischen Hürden genommen werden können, müssen Regierungsentwürfe noch vor der Sommerpause den Landtagen und Bürgerschaften vorgelegt werden. Gesetzesentwürfe gibt es bereits in einigen Ländern, in Hessen sogar zwei: Einen der Regierung und einen des Hessischen Datenschutzbeauftragten. Es wundert nicht, daß der Vorschlag aus dem Amt den engagierten Prof. Spiro Simites zahlreiche "Verbesserungen" - in Richtung auf mehr Datenschutz für den Bürger - beinhaltet. Der Hessische Datenschutzbeauftragte hatte immer schon öffentlich verschiedene Mängel des Bundesdatenschutzgesetzes kritisiert. Der Referentenentwurf der hessischen Ministerialbürokratie hingegen, wie der der meisten Bundesländer, ist schlicht eine Übernahme des BDSG auf Landesebene. Anders allerdings läuft die Entwicklung in Nordrhein-Westfalen, wo das Innenministerium ebenfalls einen Gesetzesentwurf vorgelegt hat, der dem Bürger erheblich mehr Datenschutz bringen würde als das Bundesgesetz.

FDP-Minister Dr. Burghardt Hirsch als Vertreter der Politik und Prof. Dr. Spiro Simites als Vertreter der Wissenschaft haben sich damit als Vorkämpfer für über die Regelungen des BDSG hinausgehende und damit vom BDSG abweichende Landesdatenschutzgesetze exponiert. Im Bundesinnenministerium hingegen würde man eine damit verbundene Aufgabe des Prinzips der Rechtseinheltilchkeit bedauern. Droht Rechtszersplitterung durch elf unterschiedliche Landes-Datenschutzgesetze?

Worum geht es? Die Wirtschaft ist nur indirekt berührt, denn Die Landesdatenschutzgesetze regeln den Datenschutz in der Verwaltung, die nicht vom Bund ausgeführt wird, betreffen also das Verhältnis des Bürgers zur öffentlichen Hand (die für die Wirtschaft zuständigen Aufsichtsbehörden werden unabhängig von den Landesdatenschutzgesetzen von den Landesregierungen per Erlaß errichtet und das soll ebenfalls bis zum 1. 1. 78 geschehen).

Die wichtigsten Forderungen von Hirsch oder Simites:

1. Präzise Begründungen bei Verweigerung von Auskünften

2. Kostenlose Auskunft an den Betroffenen

3. Beweislast für die Richtigkeit gespeicherter Daten bei der speichernden Stelle und Lösch-Pflicht, wenn die Richtigkeit nicht bewiesen werden kann

4. Spezielle Regelungen für Schadenersatz an den Bürger

5. Sonderregelungen für grenzüberschreitenden Datenverkehr

6. "Informationsgleichgewicht" zwischen Regierung und Parlament als weiteres Ziel des Datenschutzes

Simites und Hirsch warnen vor falsch verstandener Bundeseinheitlichkeit. Das BDSG wäre der "erste mögliche Schritt" gewesen, jetzt müsse der Datenschutz weiterentwickelt werden.

Es kommt nunmehr darauf an, wie die übrigen Bundesländer auf diese Vorschläge reagieren. Die Gefahr der Rechtszersplitterung wäre so groß nicht, wenn alle Bundesländer gemeinsam über das BDSG hinausgehende einheitliche Regelungen in ihren jeweiligen Landesdatenschutzgesetzen beschließen würden. Damit wäre der Bund praktisch gezwungen, für die Bundesverwaltung gleichartige Lösungen durch baldige Novellierung des BDSG einzuführen.

Nicht allerdings wäre zu begrüßen, wenn solche Einheitlichkeit der Landesbestimmungen nicht erreicht werden könnten. Dann schon lieber - statt 11 unterschiedlichen Landesdatenschutzgesetzen - eine einheitliche Regelung auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner, den derzeit das BDSG markiert.