PA-Umfrage unter Industriemanagern in sechs Ländern:

Mehr Aufwand an Forschung und Entwicklung nötig

04.10.1985

WIESBADEN (CW) - Kritisch steht das deutsche Management den neuen Techniken gegenüber: Man hält sich nicht mehr für unschlagbar. Unterschiede dazu zeigen sich in der Einstellung internationaler Entscheider über den Einsatz der DV im Unternehmen. Dies ergab jüngst eine Umfrage im Auftrag der PA Technology in Wiesbaden.

Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen - zumindest für das deutsche Management - etwas mehr Vorsicht bei der Bewertung der eigenen Wettbewerbsposition, als dies noch 1984 der Fall war. Hielt man sich damals noch für "unschlagbar", was den Einsatz moderner Techniken und den Innovationswillen betraf, gibt man sich heute wesentlich selbstkritischer. Nicht zuletzt zeigt sich dies darin, daß die augenblicklichen Aufwendungen für Forschung und Entwicklung für zu niedrig betrachtet werden, um in der Zukunft bestehen zu können, schreibt die Wiesbadener Gesellschaft.

Fehlende personelle Qualifikation werde besonders in Japan und Großbritannien als ein Hindernis auf dem Wege zu schnellerer und umfassenderer Innovation betrachtet. Die deutschen Manager seien mit ihrem Personal in diesem Bereich offensichtlich recht zufrieden.

Behördliche Vorschriften und Restriktionen spielen - zum Leidwesen der Entscheider - in der Bundesrepublik eine Rolle. Immerhin nennen 25 Prozent der Befragten diesen Grund als Hemmschuh für die Weiterentwicklung. Allerdings: In den USA geben 42 vom Hundert an, wegen staatlicher Restriktionen könnten sie nicht so viel erreichen, wie sie eigentlich wollten. In Großbritannien scheinen solche Restriktionen keine Rolle zu spielen, so die Ergebnisse der PA-Umfrage.

Übrigens würden das Zinsniveau oder die Gewerkschaften kaum als Hinderungsgrund für Innovationen empfunden: Nur in Großbritannien machten einige der Befragten die Zinsen für gebremste Erneuerung verantwortlich. In Deutschland werden in diesem Zusammenhang die Gewerkschaften von einigen der Manager als Bremse genannt.

In fast allen Ländern und in den meisten Industriebereichen sind die Befragten mit der Effektivität der Bildungssysteme zufrieden, soweit es darum geht, Personen mit dem Wissen und den Fähigkeiten auszubilden, die für die Entwicklung und den Einsatz neuer Techniken in ihren Unternehmen gebraucht werden. Dies gilt ganz besonders für den Bereich Organische Chemie/Kunststoffe.

Etwas weniger positiv, so PA, sieht man die Leistungen der Hochschulen in der Grundlagenforschung. Gleichzeitig wünscht man sich in fast allen Ländern mehr anwendungsbezogene Forschung statt reiner Grundlagenforschung an den Universitäten. Die große Ausnahme sei dann Japan, wo die Hinwendung der Hochschulen zur anwendungsbezogenen Forschung überwiegend als schlecht gelte. Dies scheint verständlich, wenn man Japans Streben nach mehr Kreativität berücksichtigt, kommentieren die PA-Technology-Fachleute.

Die Effektivität öffentlich geförderter Institute (ohne Hochschulen) werde sehr unterschiedlich beurteilt - besonders Japaner und Deutsche seien damit zufrieden. Verschiedene Industriebereiche in Großbritannien und in den USA würden offensichtlich weniger gut von diesen Instituten bedient werden. Daß die Japaner so zufrieden mit der Arbeit der Institute sind, liege wohl daran, daß es im Land der aufgehenden Sonne sehr viele dieser Einrichtungen gibt. So erklärt sich PA auch, warum die Japaner nicht mehr Anwendungsforschung in den Universitäten haben wollten.

Alle Befragten äußerten, daß Schlüsseltechniken zu verstärkten Anstrengungen im Bereich Forschung und Entwicklung zu mehr Konzentration auf die Entwicklung neuer Produkte geführt haben. Tendenziell hätten die neuen Technologiebereiche auch Einfluß auf die Marktstrategie und - außer Japan - auf die Verminderung der Produktionskosten sowie auf die Verbesserung der Produktivität gehabt.

Forschungsprogramm contra Arbeitsplätze

Bei der Information des Vorstandes der den Einfluß neuer Techniken zeige sich ein gravierender Unterschied zwischen Japan und allen übrigen Ländern, in denen die Untersuchung durchgeführt wurde. Während die Japaner diese Tätigkeit gut organisiert hätten, überlasse man es sonst den Managern (im großen und ganzen) selbst, sich auf dem laufenden zu halten.

In Japan sieht man die Hauptwettbewerber in allen Industriebereichen nur im eigenen Land. Die Importerschwernisse spielen dabei sicher eine gewichtige Rolle, ergänzt PA. Für die anderen Länder gelte häufig der ausländische Wettbewerber als der stärkste. In Deutschland traue man einheimischen Konkurrenten häufig ebenfalls am meisten zu, und es seien überwiegend die Japaner, die man von außen auf den Markt drängen sieht.

Übrigens: In keinem Land und in keinem der untersuchten Industriebereiche werden Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen als wichtigstes Kriterium für die Entscheidung über das Fortführen eines Forschungs- und Entwicklungsprogramms gesehen.

Zur Methode schreibt PA Technology: Unter Leitung des Markt- und Meinungsforschungs-Institutes "Market & Opinion Research International" (MORI, London) wurden insgesamt 176 Vorstandsvorsitzende oder Geschäftsführer beziehungsweise von diesen benannte kompetente Mitglieder aus Vorstand oder Geschäftsleitung interviewt. Die Befragungen wurden in den USA, in Großbritannien, Japan, der Bundesrepublik Deutschland sowie in Belgien und den Niederlanden durchgeführt, wobei die Ergebnisse aus den beiden letztgenannten Länder zusammengezogen wurden.

Ausschließlich die produzierende Industrie in den Bereichen Business Computer/Telekommunikation, Haushaltsgeräte, medizinische/wissenschaftliche Geräte, Werkzeugmaschinen sowie Organische Chemie/Kunststoffe stand im Blickfeld der Untersuchung.