Mehr Anwenderorientierung gefordert Forschung soll der Wirtschaft konkrete Ergebnisse liefern

23.09.1994

BONN (hp) - Forschung haengt sehr eng mit oeffentlicher Foerderung zusammen. Doch was passierte eigentlich mit den 500 Millionen Mark, die 1993 fuer Forschung und Entwicklung auf dem IT-Sektor ausgegeben wurden? Wie lassen sich die Ergebnisse besser nutzen? Diesen Fragen gingen die Teilnehmer des GMD-Schlosstages nach.

Im Mittelpunkt der Diskussion bei der Gesellschaft fuer Mathematik und Datenverarbeitung (GMD), Sankt Augustin bei Bonn, stand die Beziehung zwischen Forschung und Industrie. Nicht zufrieden mit den Ergebnissen der Forschung zeigte sich Ludolf von Wartenberg, Hauptgeschaeftsfuehrer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI): "Die Innovationen kommen zu spaet auf den Markt". Ursache fuer diesen Missstand sei die Tatsache, dass sich die Bereiche Forschung und Entwicklung auseinanderdividiert haetten. Forschung, normalerweise von oeffentlich gefoerderten Instituten betrieben, leiste zu wenig fuer die Entwicklung, die meist von der privaten Industrie uebernommen werde. Seine Forderung: Die Aktivitaeten muessten parallel erfolgen.

Zudem sollten Industrie und Forschung besser zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Ergebnisse konkret in Produkte umgesetzt werden koennten und so den wirtschaftlichen Nutzen des Forschungsaufwands garantierten. Allerdings, so der Einwand des GMD-Vorsitzenden Dennis Tsichritzis, koennten nicht alle Forschungsvorhaben direkt auf den industriellen Nutzen ausgelegt sein. Um neue Moeglichkeiten aufzutun, muessten Institute mehr Freiheiten haben und hoehere Risiken eingehen, als es sich die privaten Unternehmen leisten koennen. "Wenn alle Forschungsprojekte erfolgreich sind, dann haben wir zu wenig Risiko uebernommen".

Den deutschen Markt fuer Informations- und Kommunikationstechnik schaetzen die Teilnehmer der Diskussion als sehr konservativ ein. Am fehlenden Geld, so von Wartenberg, liege es nicht.

In Deutschland fehlt Venture-Capital

Vielmehr mangle es im Gegensatz zu den USA in vielen Bereichen an der noetigen Risikobereitschaft. Diesen Vorwurf richtete er vor allem an die Finanzinstitute, die zu risikoscheu seien. Es gebe viele innovative kleine und mittlere Unternehmen, die sich am Markt nicht durchsetzen koennten, weil keine Bank die noetigen Darlehen gewaehre.

In die gleiche Kerbe schlug Eberhard Faerber, Geschaeftsfuehrer des Softwarehauses Ixos. Besser sei die Situation in den Vereinigten Staaten. Er fuehrt als Beispiele Compaq, Sun, Microsoft und Novell an, Firmen, deren Entwicklung nur moeglich gewesen sei, da in den USA ausreichend Venture-Capital zur Verfuegung stand. Diese Voraussetzung fehle in Deutschland, was sich sehr negativ auf die IT-Marktlandschaft auswirke. "Die Grossen wie IBM und Digital koennen nicht mit der Schnelligkeit der Branche mithalten. Es fehlt an Neugruendungen von kleinen flexiblen Unternehmen. Und sie sind auf Risikokapital angewiesen."

In den Mittelpunkt seines Vortrags stellte Johann Eekhoff vom Bundesminsterium fuer Wirtschaft die Forderung nach einem besseren Wissenstransfer zwischen Forschung und Unternehmen. Dies sei ein wichtigerer Schritt als die finanzielle Aufstockung des Forschungsetats.

Der Nutzen der mit viel oeffentlichen Geldern unterstuetzten Forschung wurde in juengster Zeit oft bezweifelt. Anlass war unter anderem eine Studie des ZVEI (Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie), die die Industrierelevanz der staatlich gefoerderten IT-Forschungseinrichtungen untersuchte. Das Resuemee ist fuer die Institute wenig ruehmlich. Die Inhalte der Arbeiten ueberschnitten sich oft, die Ergebnisse wuerden zwar publiziert, aber nicht wirklich genutzt. Zudem werde in den meisten Faellen erst nach Beendigung der Forschungsvorhaben nach ihrer industriellen Umsetzung gesucht. Insgesamt seien die Arbeiten zu wenig anwendungsbezogen. "Nur zehn Prozent der Forschungsergebnisse fliessen tatsaechlich in konkrete Produkte der Wirtschaft ein, zitiert der Brancheninformationsdienst "vwd" Hans Guenter Danielmeyer, Vorsitzenden des Praesidialkreises Forschung und Entwicklung des ZVEI. AU Puf, Hiltrud