Mehr Akzeptanz und geeignete Referenzen als Mittel gegen Mißtrauen und Testinstallationen:MDE-Software vom Spezial-Entwicklungssystem

17.07.1981

Nachdem schon seit einigen Jahren festprogrammierte Terminals zur mobilen Erfassung von Daten vorliegen, gibt es seit kurzem auch programmierbare Terminals dieser Art. Diese Reihenfolge ergibt sich aus der technischen Entwicklung der Geräte und der historischen Entwicklung ihrer Anwendung in der Praxis: Am Anfang stand so gut wie ausschließlich die Notwendigkeit, in Läden und Großmärkten Inventuren durchzuführen.

Diese vorläufig wichtigste Aufgabe für mobile Datenterminals erlaubte es, Geräte zu konstruieren und zu bauen, die für allein diesen Zweck zugeschnitten waren; man konnte also Festprogramme oder festverdrahtete Hardware einsetzen, um den Geräten die notwendigen Eigenschaften zu vermitteln.

Darüber hinaus war eine andere Realisierung der notwendigen Eigenschaften seinerzeit aufgrund der noch nicht im heutigen Ausmaß vorliegenden Mikrohardware nicht möglich. Die Geräte sollten ja klein und handlich sein. Seitdem nun die höhere Integrationsdichte, insbesondere der RAM-Speicher, dies erlaubt, existieren auch freiprogrammierbare mobile Terminals auf dem Markt. Diese Geräte unterscheiden sich von den festprogrammierbaren Geräten in einigen Punkten.

Benutzerorientierung

Als erster wesentlicher Punkt ist da zu nennen die Anpassung an die jeweiligen Kundenprobleme. Dies bedeutet, daß nun neben der klassischen Anwendung im Bereich der Inventurdatenerfassung auch völlig neue Aufgabenbereiche mit mobilen Datenerfassungsterminals erschlossen werden. Als Beispiel sei hier nur die Verwendung der Geräte im Handelsvertreterbereich genannt.

Eine weitere wichtige Eigenschaft, die sich mit programmierbaren Terminals realisieren läßt, ist die Anpassungsfähigkeit an den Bediener, an den Menschen. Dieser Punkt kann nicht wichtig genug eingeschätzt werden, da bei dem heutigen Trend zur Benutzung von moderner Technik diese auf die Dauer nur einsetzbar ist, wenn sie sich am Bediener orientiert und nicht umgekehrt.

Ein dritter, wesentlicher Punkt ist die Anpassungsfähigkeit der Geräte über die Zeit, mithin die Fähigkeit, die Geräte ohne Rücksendung in die Herstellerfabrik an die im Laufe der Zeit sich wandelnden Kundenbedürfnisse anzupassen.

Speziell für Geräte der Firma MSI Data GmbH, Köln, kann eine weitere wichtige Eigenschaft genannt werden, die vor allem die Wirtschaftlichkeit der Geräte beeinflußt: die Fähigkeit, durch das jederzeitige Laden von Programmen ein einziges Gerät für diverse Aufgaben einzusetzen.

Dies ist bei diesen Geräten auch ohne den sogenannten Down-Load von einem Großrechner möglich, indem durch einfaches Anstecken eines Programm-Lade-Moduls (PLM) welcher ungefähr die Größe einer Zigarrettenschachtel hat, Programme nachgeladen werden können.

Wie werden nun diese Geräte programmiert (oder wie sollten sie programmiert werden)? Dazu muß man sich fragen, wie die Geräte in der Praxis eingesetzt werden. Werden sie für spezielle Aufgaben eingesetzt, oder werden sie als General Purpose Computer verwendet? Man kann wohl davon ausgehen, daß beim Einsatz großer Stückzahlen die Geräte für eine spezielle Aufgabe eingesetzt und nur relativ selten mit neuen Programmen versehen werden.

Da die Geräte also nicht notwendig mit einem Ballast, der nur für die gelegentliche Entwicklung von Programmen benötigt wird, belastet werden müssen, können sie für die Aufgabe, Daten zu erfassen, optimal konstruiert werden, was den Preis, günstig beeinflußt. Dies ist bei den hohen Stückzahlen, in denen die Geräte oft verwendet werden, auch notwendig.

Man benötigt also für die Programmierung der mobilen Datenterminals ein Entwicklungssystem. Dieses Entwicklungsystem, meistens ein Computer herkömmlicher Bauart oder ein Mikrocomputer, ist dann mit allem für die Entwicklung der Programme notwendigen Werkzeug ausgerüstet.

Das Ergebnis der Programmentwicklung am Entwicklungssystem sollte im allgemeinen ein direkt ausführbarer Code für den im Gerät befindlichen Mikroprozessor sein. Dies ist notwendig, da die Geräte im allgemeinen in der sogenannten CMOS-Technik ausgeführt sind, welche nur relativ geringe Ausführungsgeschwindigkeiten des Codes erlaubt.

Jeder zusätzliche Ballast, also auch die Ausführung von interpretierbarem Code, verlangsamt die Geschwindigkeit vor allem Dingen bei Arithmetik .

Desweiteren kann gesagt werden, daß direkt, ausführbarer Code den wenigsten Speicherplatz belegt.

Bei den Geräten der MSI sind verglichen mit anderen Herstellern diese Forderungen wohl am konsequentesten realisiert worden. Die Terminals werden mittels eines Entwicklungssystems, welches über eine spezielle Entwicklungssprache - Application Development Language (ADL) - verfügt, programmiert. Basis der ADL-Sprache ist die in USA verbreitete Sprache "Forth".

Entwicklungssystem als Fremdservice

Das Ergebnis einer Programmierung ist ein halbinterpretierbarer Code, der teilweise auch Assemblercode für zeitkritische Anwendungen enthalten kann. Desweiteren existiert eine Anzahl fertiger Programm-Moduln, die als Bausteine verwendet und zu einem Gesamtprogramm zusammengesetzt werden können, Eine regelrechte Betriebssoftware, die als Bausteine, die als Basisbetriebssystem vom Forth-Programmierer angesprochen werden kann, rundet das Bild ab.

Die Notwendigkeit, ein Entwicklungssystem für die Entwicklung von Programmen einzusetzen, hat nicht nur Vorteile. Man kann sagen, daß der Kauf eines Entwicklungssystems für Benutzer normalerweise nicht wirtschaftlich ist. Nur für große Firmen oder Organisationen scheint es sinnvoll zu sein, sich solch ein Gerät zuzulegen.

Im anderen Falle dürfte wohl schon der Einarbeitungs- und Schulungsaufwand für die Mitarbeiter zur erstmaligen Programmierung der Geräte die Kosten des Entwicklungssystems noch überschreiten. Normalerweise ist es also vernünftig, die Programmierung der Geräte dem externen Spezialisten, der über ein Entwicklungssystem und das notwendige Programmier-Know-how verfügt, zu überlassen. Programmierbare, mobile Datenterminals haben, wie bereits angedeutet, gegenüber den festprogrammierten mobilen Datenterminals nicht nur Vorteile. Einer der wesentlichen Nachteile ist der Preis für die Erstellung der Software. Die Realisierung der Software nämlich läuft in der Praxis auf die gleiche Art und Weise ab, wie dies bei der Software für Groß- und mittlere Computer üblich ist. Folge ist, daß die Preise auf ähnliche Art kalkuliert werden müssen.

Testinstallation problematisch

Beratung des Kunden, Einarbeitung in dessen Probleme, Pflichtenhefterstellung, Programmierung und Codierung, Test, Inbetriebnahme und Schulung der Mitarbeiter des Kunden sind wie auch sonst üblich, die einzelnen Schritte dieser Programmerstellung.

Es versteht sich von selbst, daß bei Einhaltung all dieser Schritte eine Programmierung für nur wenige Terminals sich ausschließt, da die Kosten für die Programmierung die Preise der Terminals bei weitem überschreiten. Diese Problematik wird vom Kunden häufig nicht gesehen. Er schließt (und schließt damit falsch): billige Hardware gleich billige Software. Damit aber ist der Kostenproblemkreis noch nicht erschöpft, Häufig verlangt der Kunde Testinstallationen, die er aus der "Groß-EDV" gewöhnt ist. Und von dieser Testinstallationen wird dann der Kauf der Terminals und/oder der Kauf der dafür speziell programmierten Software abhängig gemacht, was eine Kalkulation des Softwarepreises noch schwieriger macht.

Wie kann man diesem Dilemma entgehen? Es gibt da zwei Auswege; der erste geht in die Richtung, die Programmierung effizienter zu gestalten, der zweite führt zu Standardanwendungs-Software. Die Effizienz der Programmierung kann man mit hochspezialisierten Mitarbeitern und einem hohen Komfort der Entwicklungstools, etwa einem noch komfortableren Entwicklungssystem und verbesserten Betriebs- und Basissoftwaremoduln, erhöhen.

Begrenzte Kostensenkung

Auch kann man die Programmierung durch gute Branchenkenntnisse effizienter gestalten und sich zu diesem Zweck speziell in die Kundenprobleme einzelner Branchen einarbeiten. Das Mißtrauen gegenüber der mobilen Datenerfassung und die deswegen notwendigen Testinstallationen können auf die Dauer durch eine Akzeptanz der mobilen Datenerfassung am Markt und durch geeignete Referenzen umgangen werden. Allerdings - und dies zeigt sich auch in der Softwareerstellung allgemein - sind damit die Kosten höchstens im Bereich zwischen 20 Prozent und 30 Prozent gegenüber den heutigen Kosten zu senken.

Damit ergibt sich automatisch, daß die Programmierung für programmierbare Terminals nur von Großanwendern genutzt werden kann. Für andere Anwender bleibt nur der zweite Ausweg aus dem Dilemma, nämlich standardisierte Softwareprodukte für spezielle Bedürfnisse. Diese können dann entweder ohne Änderungen oder mit nur geringen Änderungen an den Kunden verkauft werden.

Über eine Lizenzvergabe der fertigen Software und eine hohe Stückzahl kann dann der Entwicklungsaufwand für die Software wieder hereingeholt werden. Dies ist wahrscheinlich auf die Dauer der bessere Weg, programmierbare mobile Datenerfassungsterminals an den Mann zu bringen. Speziell für den deutschen Markt kann gesagt werden, daß dies wahrscheinlich auch die dem Charakter des deutschen Kunden am ehesten angepaßte Lösung ist.

*Heinz Schunk ist Geschäftsführer der Gesellschaft für Systemtechnik und Datenverarbeitung ("gesytec") mbH, Schumacherstraße l5, 5100 Aachen, Telefon: 02 41/3 99 56