Kolumne

"Mega-Deals sind keine Lösung"

24.09.2004
Joachim Hackmann Redakteur CW

Das Outsourcing-Geschäft verändert sich derzeit fundamental. Der US-amerikanische Finanzkonzern J.P. Morgan Chase 38;#38; Co. macht nach nur zwei Jahren Produktivbetrieb durch den Outsourcing-Partner IBM eines der größten jemals abgeschlossenen Auslagerungsvorhaben rückgängig. Es diene den eigenen Interessen mehr, die Installation selbst zu verwalten und zu kontrollieren, hieß es von Top-Managern des Finanzkonzerns. Nahezu zeitgleich kündigte in Deutschland der neue Infineon-Chef Wolfgang Ziebart einen geänderten Outsourcing-Kurs des Chipherstellers an. Er plane zwar keine grundsätzliche Kehrtwende, wohl aber eine weniger aggressive Auslagerungspolitik als die, die sein Vorgänger Ulrich Schumacher unter extremen Kostendruck verabschiedet hatte.

Zunehmend wird der Fremdbetrieb nüchterner und kritischer begutachtet. Die Vorstellung, mit der Auslagerung renitenter IT-Abteilungen, einer heterogenen Infrastruktur und undokumentierter Altanwendungen entledige man sich quasi im Handstreich aller Probleme, ist falsch. Einer der Partner zahlt in jedem Fall die Zeche, das belegen zahlreiche Beispiele: Daimler-Chrysler und HP erlebten mit einem weltweiten PC-Outsourcing-Deal eine Bauchlandung. Das britische National-Savings-Projekt verhagelte den Betreiber SBS mehrfach die Bilanz und einige faule Outsourcing-Deals trieben EDS fast in den Ruin.

Es sind vor allem die Mega-Deals, die viele hundert Millionen Euro oder Dollar schweren Vorhaben, die Probleme bereiten. Nicht selten wird mit ihnen keine der beiden Seiten wirklich glücklich. Auf Anwenderseite stellen sich die Spareffekte nicht ein, außerdem kostet die mit der Übergabe zumeist eingeleitete Modernisierung der IT Kraft und bindet Ressourcen. Zudem verschaffen die Anwender dem Dienstleister eine Monopolstellung in den ausgelagerten Bereichen.

Die Anbieter wiederum zahlen zum Teil überhöhte Preise für übernommene Assets und versprechen mehr als sie halten können, um Prestigeaufträge zu gewinnen. Das schlägt sich negativ auf die Bilanzen nieder, schwarze Zahlen schreiben große Outsoucing-Projekte heute frühestens nach drei oder vier Jahren. Ein Umfeld, in dem Innovationen für das Kerngeschäft der Anwender gedeihen, sieht anders aus.

Mega-Deals haben sich überlebt, Outsourcing an sich ist jedoch nicht aufzuhalten. Kleine, zielgerichtete Auslagerungsprojekte sind für beide Partner besser zu verwalten und zu kontrollieren. Der Return on Investment ist einfacher zu ermitteln, und bei Problemen lassen sich die betroffenen Funktionen und Geschäftsprozesse wieder zurückholen oder an einen anderen Partner vergeben. In dieses Bild paßt die Ankündigung des Infineon-Chefs, und ähnlich dürfte auch J.P. Morgans künftige Strategie aussehen. Kaum vorstellbar ist, dass die US-Bank keine Teile des IT-Betriebs auslagern wird. Unvorstellbar ist indes, dass es wieder zu einem einzelnen neuen Rekordprojekt kommen wird.